Kapitel 14

225 20 0
                                    

Obwohl er kaum ein paar Stunden geschlafen hatte, war Shota am nächsten Morgen sehr früh wieder wach. Da Eri noch schlief, entschied er sich dazu, leise das Zimmer zu verlassen. Um sie nicht zu beunruhigen, schrieb er eine kleine Nachricht, in der Hoffnung, dass sie schon lesen konnte. Notfalls würde ihr bestimmt einer der Jugendlichen die Worte vorlesen. Doch er hatte nicht vor darauf zu warten, dass sie wach wurde. Eigentlich verstand er auch gar nicht, wieso das kleine Mädchen so fixiert auf ihn war. Wenn er es richtig verstanden hatte, dann war sie nur hier, weil sie niemanden mehr hatte, der sich um sie kümmern konnte und seine Macke am besten geeignet war, falls ihre Kräfte wieder außer Kontrolle gerieten. Er konnte sich vorstellen, wie schwer das für eine Siebenjährige sein musste, aber dass sie sich gerade auf ihn so fixierte, hielt er für äußerst ungesund. Immerhin konnte schnell mal etwas schieflaufen und er war nicht gerade der Bestgeeignetste, wenn es um Kinder ging.

Tatsächlich wusste er auch nicht, was er von der gesamten Situation halten sollte. Aus diesem Grund entschied er sich, den Morgen dazu zu nutzen ein wenig laufen zu gehen. Bewegung hatte ihm schon immer geholfen, den Kopf frei zu bekommen. Die frische Luft, die der gestrige Regen hinterlassen hatte, tat seinen Kopfschmerzen ebenso gut, die ihn zu quälen begannen, weil er sich viel zu viele Gedanken machte. Verübeln konnte ihm das wohl niemand. Wie sollte man es als Sechzehnjähriger auch verkraften, dass man zum einen vor ein paar Tagen in einen Fünfjährigen verwandelt worden war, der fast entführt worden wäre und zum anderen, dass sein allerbester Freund gestorben war und seine anderen Freunde es vor ihm verschweigen wollten. Natürlich konnte er nachvollziehen, dass er, sobald er wieder sein normales Alter erreicht hatte, das Wissen darum wiederhatte, doch er fand es nicht okay, dass sie ihn einfach angelogen hatten, als er sich nach Oboro erkundigt hatte. Sie hätten ihm ruhig zutrauen können, dass er damit klarkam.

Leises Mauzen riss ihn aus seinen Gedanken und brachte ihn dazu, inne zu halten. Unsicher, ob er gerade richtig gehört hatte, sah er sich um, bis er einen hohen Baum entdeckte, auf dem eine kleine Katze saß und verzweifelt um Hilfe miaute. Sofort lief Shota darauf zu und musterte den Baum, der nicht viele Möglichkeiten bot um hochzuklettern. Leider hatte er jedoch nicht daran gedacht, sein Fangtuch mitzunehmen, auch wenn Hizashi es ihm zurückgegeben hatte, nachdem er es ihm vor seine Füße geworfen hatte. Er dachte kurz darüber nach, ob er zurücklaufen sollte, um es zu holen, doch ein Blick nach oben zu dem Tier, ließ ihn diesen Plan schnell verwerfen. So hilflos, wie der Vierbeiner wirkte, wollte er ihn nicht allein lassen. Vor allem deswegen nicht, weil das Kätzchen ständig auf dem Ast auf und ab balancierte und somit auch Gefahr laufen könnte, abzustürzen. Bei einem Fall aus dieser Höhe könnte sie sich eine Verletzung zuziehen.

Also versuchte er, einen Weg zu finden, wie er schnellst möglich zu der Katze hochklettern konnte, und entwickelte schnell den Plan, einfach am Nebenbaum nach oben zu kraxeln und dann über zwei beieinanderstehende Äste auf den anderen Baum zu klettern. So einfach, wie er gehofft hatte, war es allerdings nicht. Sein rechter Arm begann bereits nach wenigen Handgriffen zu schmerzen, obwohl er versuchte es so gut es ging auszublenden. Außerdem musste er erkennen, dass er nicht gerade die kräftigsten Arme hatte und Klettern auch nicht gerade seine große Stärke war. Daran musste er dringend noch arbeiten.

Dennoch schaffte er es, den Laubbaum zu erklimmen und sich zum Ast des Nebenbaumes zu schwingen. Der erste Versuch, sich festzuhalten, ging allerdings schief, sodass er nur ein paar Triebe erwischte und abbrach. Erst beim zweiten Mal schaffte er es, sich richtig festzuhalten und auf den Baum zu gelangen, auf dem die Katze festsaß. Nur noch ein paar Meter, dann hatte er das Tier, das sich in einer Notsituation befand, erreicht.

Triumphierend balancierte er den Ast entlang, und suchte nach einer geeigneten Stelle, um sich hochzuhieven. Als er der Meinung war, diese gefunden zu haben, streckte er die Arme aus, um sich festzuhalten und hochzuziehen. Ein schmerzhaftes Stechen im rechten Oberarm und Schulterbereich verhinderte das Vorhaben jedoch, und ließ ihn zusammenzucken und brachte ihn ins Stolpern. Schnell griff er nach einem anderen Ast, um sich festzuhalten und zu verhindern, dass er runterfiel, als er von dem Ast rutschte, auf dem er stand. Dies führte dazu, dass er nun ohne Boden – oder eher Holz – unter den Füßen von einem Ast baumelte, der bedrohlich unter seinem Gewicht zu knacken begann. Vor allem als er versuchte nach vorne zu schaukeln, um den Ast, von dem er gerade gerutscht war, zu erreichen, wurde das Knacken immer lauter, weswegen er seine Bemühungen kurz unterbracht, um nachzudenken.

Im Moment befand er sich bereits zu hoch über dem Boden, um sich einfach fallen zu lassen. Der einzige Weg, um weiter zu kommen, war also weiter nach oben zu klettern, was im Moment jedoch einfacher gedacht, als getan war. Da es jedoch keine andere Möglichkeit gab, als den Ast, der sich vor ihm befand, begann er erneut, hin und her zu schwingen und hoffte einfach darauf, dass er im richtigen Moment loslassen würde, um das Holz vor ihm zu erreichen, bevor der Ast, der ihn trug, abbrach.

Tatsächlich schaffte er es, so viel Schwung zu erreichen, dass er den anderen Ast erreichte. Glück für ihn, da jener, an dem er sich gerade noch festgehalten hatte, durch die viele Bewegung abbrach und nun zu Boden fiel. Sein Herz raste ein wenig, während er die Beine hochschwang und sich nun wie ein Faultier festklammerte, um nach oben zu kommen. Erst als er auf dem Ast saß, atmete er erleichtert aus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Da er eben jene Stelle endlich erreicht hatte, auf der die Katze festsaß, kam diese auf ihn zu und begann sich an ihn zu kuscheln.

„Wie kommst du hier eigentlich hoch?", keuchte Shota fragend und ließ die Fellnase auf seinen Schoss klettern, wo er sich vorsichtig zu streicheln begann. Er brauchte erst einmal eine kurze Pause, bevor er sich Gedanken darüber machen konnte, wie er hier wieder runter kam. Leider war ihm zuvor, als er fast abgerutscht war, auch das Handy aus der Tasche gefallen und lag nun neben dem Ast im Gras. Er konnte also nicht einmal jemanden um Hilfe bitten. Solange das Wetter jedoch hielt, hatte er auch nicht viel dagegen, auf dem Baum sitzen zu bleiben, und davor verschont zu sein, falls wieder irgendein Heldentraining anstehen würde. Vor allem bei dieser Gesellschaft, die er gerade bei sich hatte, ließ es sich ganz gut hier oben aushalten. Irgendwie begann er auch schon mit dem Gedanken zu spielen, hier oben eine kleine Hütte zu bauen und einzuziehen.

DeAged TroublesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt