chapter 80

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P. o. V. Manuel

Mein Blick blieb starr auf dem Beifahrersitz, wo Andreas bis vor wenigen Minuten noch gesessen hatte. Ich konnte seine Wut nachvollziehen, dachte aber nicht, dass Chris so verletzt von meinem Handeln war. Ich nahm mein Handy raus und schrieb ihm eine Nachricht: "Bist du noch auf Arbeit?". Schon nach wenigen Minuten kam die Antwort, er sei noch in der Halle. Bedrückt fuhr ich los und hielt kurz bei einem Supermarktparkplatz. Zuerst holte ich seine Lieblingsblumen, weiße Rosen, und anschließend aus dem Supermarkt noch die Zutaten für sein Lieblingsessen. Alles verstaute ich im Wagen und die Rosen legte ich auf den Sitz neben mir. Dann fuhr ich zur Halle und parkte neben dem Auto meines Mannes. Ich griff die Rosen vom Sitz und ging in die Halle, wo ich erstmal Chris suchte. Ich entdeckte ihn in der Probenhalle, wie er an der Schwebeillusion saß. Nach seinem Sturz überprüfte er hier täglich alle Mechanismen.

Leise ging ich zu ihm und legte ihm meine Arme von hinten um den Körper. Vor Schreck zuckte er kurz zusammen und sah dann zu mir. "Oh, hey", murmelte er. "Hey mein Schatz, hab dir was mitgebracht.". Ich übergab ihm die Rosen und lächelte ihn zaghaft an. "Ich weiß, dass-". "Denkst du, das macht jetzt alles wieder gut?". "Nein, natürlich nicht aber-". "Dann kannst du dir das wohl auch sparen, danke.". Unbeachtet legte er die Blumen zur Seite und drehte sich wieder zu seiner Arbeit. "Chris, bitte. Ich weiß doch, dass ich mich in letzter Zeit total beschissen verhalten-". "Ach, das ist ja schön. Ändern tust du trotzdem nichts.". Seufzend strich ich mir durchs Gesicht. "Ich möchte nicht mit dir streiten deswegen.". "Bist du deshalb so oft weg?". Provokant drehte er sich zu mir um. "Damit du mir und einem Streit aus dem Weg gehen kannst?". "Nein, Chris-". "Lass mich einfach ein wenig in Ruhe, ich kann dich gerade nicht sehen.". Schweigend drehte er sich wieder weg und ließ mich einfach stehen.

Mit gesenktem Kopf ging ich in die Werkstatt und setzte mich auf einen Hocker. "Das kann doch nich wahr sein", murmelte ich und sah mich um. Tief atmete ich durch. Ich beschloss zuhause alles vorzubereiten und ihn dann abzuholen. Ich fuhr also heim, packte den Einkauf aus und kochte für uns sodass ich später nur noch alles aufwärmen müsste. Den Tisch deckte ich mit Kerzen, einigen Rosenblättern und zwei Weingläsern. Das Licht dimmte ich bereits ein wenig. Im Schlafzimmer zog ich mir das schwarze Hemd an, das er so liebte und worin er mich am liebsten sah. Ein kurzer Blick in den Spiegel und ich konnte nur noch hoffen, dass er meine Annäherung akzeptieren würde.

"Christian?". Ich kam in die Halle und fand ich nicht mehr bei den Illusionen. "Schatz, wo bist du?". Ich sah mich um und fand ihn erst weit hinten bei den Werkzeugen. "Hey.". Er sah nichtmal zu mir hoch. "Magst du mit heim kommen?". Er zuckte bloß mit den Schultern und hob seinen Blick. "Wieso trägst du das?". "Weiß nich. Weils meinem Mann gefällt.". Ein leichtes Lächeln huschte über seine Lippen, was mich augenblicklich auch lächeln ließ. "Na komm. Du bist schon den ganzen Tag hier.". Vorsichtig ergriff ich seine Hand und zog ihn zu mir ran. "Ich liebe dich Chris", murmelte ich. Er nickte etwas, erwiderte meine Worte allerdings nicht. Stumm gingen wir zu meinem Wagen, seiner würde über Nacht hierbleiben. Die Fahrt verlief weitestgehend ruhig. Kurz vor unserem Haus legte ich meine Hand sachte auf sein Knie.

"Ich weiß, dass es gerade nicht leicht ist mit mir", gab ich leise zu. "Aber bitte hab Vertrauen in mich.". Kurz sah ich zu ihm und begegnete seinem Blick. "Bitte bleib bei mir und gib mir die Zeit, dir alles zu erklären. Ich brauche nur noch ein wenig mehr Zeit. Du wirst es nicht bereuen, das verspreche ich dir.". Ich vernahm lediglich das leichte Nicken. "Ich will dich einfach wieder an meiner Seite. Immer und überall Manuel. Ich habe das Gefühl nicht mehr geliebt zu werden", flüsterte er als ich gerade einparkte. "Ich liebe dich Christian, glaub mir bitte. Niemanden liebe ich so sehr wie dich, auch wenn ichs in letzter Zeit schlecht zeige.". Sein müder, trauriger Blick blieb kurz bei mir hängen, ehe er ausstieg.

Seufzend schloss ich für einen Moment die Augen und ging ihm dann nach. Er schloss die Tür auf und holte tief Luft. "Ist das etwa-". Erstaunt sah er mich an. "Dein Lieblingsessen, ja. Ich hab gekocht.". Leicht lächelnd betrat er das Haus und entledigte sich seiner Schuhe und seines Rucksacks. "Machst du einmal die Augen zu?". Ich kam hinter ihn und legte sanft meine Hände an seine Taille. "Vertrau mir", flüsterte ich an sein Ohr und er kam meiner Bitte nach. Vorsichtig brachte ich ihn in die Küche. "Öffne sie.". Langsam öffnete er seine Augen und hielt sich augenblicklich die Hände vor den Mund. "Hast du-?". Leicht nickte ich und sah ihn erwartend an. "Es ist wunderschön", murmelte er und strich zaghaft über meine Wange. "Ich dachte wir machen uns einen ganz ruhigen entspannten Abend, den wir mit einem romantischen Essen beginnen", hauchte ich und gab ihm einen leichten, noch unsicheren, Kuss. Als er fester erwiderte, lächelte ich und genoss unseren ersten liebevollen Kuss seit Langem.

Straight Against The Feelings - Of Suffering and Joy [Part Two]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt