chapter 109

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Aus müden Augen beobachtete ich, wie Chris sich eine Sweatjacke nahm und sie überzog. "Wir müssen nur einmal zu Enrico und den Autoschlüssel holen, ja? Dann fahren wir direkt los.". Ohne Widerwillen nickte ich und ließ mir vorsichtig hochhelfen. Die Erschöpfung des gesamten Tages schlich allmählich in die Knochen und auch die Schmerzen, die ich die ganze Zeit unterdrückt hatte, kamen nun in voller Macht hervor. "Ich stütz dich, okey?". "Ja", murmelte ich und spürte sofort Chris Arm um meine Taille. "Wenn dir übel wird, sagst du mir sofort Bescheid und auch wenn sonst etwas ist.". "Mach ich.". Sanft gab er mir einen Kuss auf die Wange und verließ die Garderobe. "Ach schau einer an. Noch nich wieder weg?". Leicht hob ich den Kopf und sah Andreas gerade aus seiner Garderobe kommen.

"Andy, es ist nicht-". "Sag nicht, du hast ihm das jetzt schon wieder verziehen Christian. Er hat scheiße gebaut man!". Stöhnend vor Schmerz kniff ich die Augen zusammen, denn die Lautstärke brachte meinen Kopf vollkommen ans Ende. "Andy, ruhig. Manu hatte einen Un-". "Ausreden Christian! Versteh doch, dass er heute einfach alles ruiniert hat, was nur überhaupt ging und jetzt spielt er hier das Opfer!". Sein Blick traf kalt auf meinen und ich konnte die pochende Wut in seinem Innersten sehen. "Was hast du hm? Ein wenig Kopfweh vom Streiten?". Bissig fuhr er mich an und zog mich aus Chris Armen. "Stell dich nicht so an Manuel, es ist nichts passiert!". Ein leiser Schmerzensschrei entfloh mir und ich konnte mich kaum mehr auf den Beinen halten. "Chris", hauchte ich schluchzend und suchte nach seiner Hand. "Ganz ruhig, ich bin da.". Seine Hände fanden sofort meine und zogen mich fest an seine Seite.

In einem ruhigen, aber dennoch bestimmten, Ton sprach er nun erneut seinen Bruder an: "Er hatte auf dem Weg hierher einen Unfall, ihm ist jemand aufgefahren und er wurde zwischen dem Wagen und der Leitplanke eingestaucht. Er hat sich seitdem nichtmal untersuchen lassen, weil er unbedingt hierher wollte. Er hat kleine einzelne Dinge vergessen und es könnte sein, dass diese scheiß Amnesie zurückkommt! Wir fahren jetzt ins Krankenhaus und verlierst du auch nur noch ein schlechtes Wort über ihn, dann kannst du kommendes Wochenende gleich absagen.". Die letzten Worte kamen nur noch leise, bedrohlich über seine Lippen. "Komm Schatz, ich weiß wo wir Enrico finden." Liebevoll strich er über meine Wange und ging langsam den elendig weiten Weg durch die Gänge bis zum Catering. "Enrico, komm mal bitte her.". Der Security sah auf und kam zu uns. "Wie siehst du denn aus? Is was passiert?". Ich musste leicht lächeln. Enrico verurteilte niemanden und versuchte sich immer um alles zu kümmern, ich bewunderte ihn schon seit Jahren dafür. "Autounfall. Gibst du mir den Schlüssel fürs Auto? Wir müssen einmal ins Krankenhaus.".

"Natürlich. Soll ich mitkommen? Ich kann euch zumindest fahren und falls ihr dableibt, kann ich Klamotten bringen.". "Das wäre sehr gut, vielen Dank.". Er nickte und holte noch sein Handy und Schlüssel vom Tisch. "Lasst uns.". Langsam ließ ich meinen Kopf an Chris Brust sinken und atmete schwer durch. "Alles ok?". Ich schüttelte leicht den Kopf und spürte nur noch wie mein Kreislauf zusammensackte. "Ich hab dich!". Fest legten sich seine Arme um mich und ich spürte noch wie er mich zaghaft hochhob und zum Wagen trug. "Fahr mal direkt zur Notaufnahme ran damit wir nich so weit müssen.". "Klar, ich helf dir ihn reinzubringen.". Die Fahrt verlief weiter schweigend, während ich mit meinem Kopf in Chris Schoß lag und die Augen geschlossen hielt. "Was genau tut dir alles weh honey?". Ganz vorsichtig streichelte seine Hand über meine Wange und trocknete vorsichtig die laufenden Tränen. "Kopf, Schulter un-und Rücken.". "Ist gut, wir besprechen das mit dem Arzt und dann sollen die bitte ein CT machen von deinem Kopf. Ich weiß du magst das nicht, aber anders wissen wir nicht wie das aussieht.". Leicht nickte ich und brummte leise als Zustimmung.

Am Krankenhaus angekommen, half Enrico mich rauszuholen und mit je einem auf meiner Seite ging ich gestützt in die Notaufnahme. "Guten Abend, kommen Sie gleich mit.". Die zuständige Schwester hatte uns bereits gesehen und schien zu realisieren, dass ein Arzt in meinem Fall dringend notwendig war oder zumindest eine Liege, da sie uns gleich in einen Behandlungsraum brachte. "Ich schicke Ihnen sofort einen Arzt, ja?". Chris nickte ihr dankbar zu und sah zu Enrico. "Würdest du noch warten bis ich mehr weiß?". "Klar, ich setz mich ins Wartezimmer.". "Vielen Dank, ich weiß du hast dir den Feierabend eigentlich anders vorgestellt.". "Ach was, du weißt doch wenn was ist-", lächelnd brach er ab und verließ gerade das Zimmer als ein Arzt dazu kam. "N'abend. Meine Kollegin konnte mir noch nichts genaues sagen, was ist passiert?". Chris übernahm direkt das Wort, was ich ihm hoch anrechnete. "Mein Mann hatte einen Unfall heute Mittag und hat sich nicht behandeln lassen. Allerdings sind nun die Kopfschmerzen wirklich extremst geworden, dazu schmerzt ihm die Schulter und der Rücken.". Seine Hand streichelte zärtlich die meine. "Anfang des Jahres ist er aus einem monatelangen Koma aufgewacht und hatte eine Amnesie, wir befürchten, dass vielleicht wieder etwas passiert sein könnte. Er kann sich an Kleinigkeiten nicht erinnern.". Der Arzt schrieb nickend mit und kam dann zu mir. "Würden Sie sich einmal setzen und den Oberkörper freimachen? Wir schauen uns einmal Schulter und Rücken an, röntgen und dann machen wir ein CT. Wenn Sie sagen, dass er bereits eine Amnesie hatte. Wissen Sie noch, was die Ursache war?". Sofort nickte Chris. "Hämatom im Kopf.".

Ich ließ mich von dem Arzt untersuchen und zum Röntgen bringen. "Setzen Sie sich einmal hin, wir brauchen auch nur einen kurzen Durchgang.". Er platzierte mich auf der Liege und gab mir die schützenden Blei-Schürzen. Dann verließ er den Raum und machte einige Aufnahmen sowohl von der Schulter als auch vom Rücken. "Dann dürfen Sie sich erstmal wieder anziehen und wir gehen noch das CT machen. Das kennen Sie sicherlich schon?". Ich nickte nur leicht und lehnte mich müde an Chris Schulter. "Ich kann nich mehr", hauchte ich. "Ist gut honey. Nur noch die eine Station und dann geht's ins warme Bett. Versprochen.". Sein Arm legte sich um meine Taille und vorsichtig stützte er mich erneut. "Herr Josting, Sie können hier vorne gleich warten und ich gehe eben das CT machen mit Ihrem Mann.". "Natürlich.". Liebevoll strich er mir den Pullover glatt, den ich noch immer trug. "Du packst das, einfach nicht vergessen zu atmen. Ich liebe dich", flüsterte er und gab mir einen federleichten Kuss. "Ich liebe dich auch, danke dass du hier bist.". Ein müdes Lächeln auf den Lippen, folgte ich dem Arzt durch eine große Tür.

Straight Against The Feelings - Of Suffering and Joy [Part Two]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt