chapter 110

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P. o. V. Chris

Seufzend ließ ich mich auf einen der Stühle fallen. Das Krankenhaus war um diese Uhrzeit vollkommen ruhig, einige Schwestern eilten durch die Gänge und grüßten kurz. "Herr Josting?". Ich sah auf und erkannte die Schwester aus der Notaufnahme wieder. "Ja?". Ich stand sofort auf. "Wir haben uns die Akten vom Krankenhaus Bielefeld schicken lassen wegen Ihres Mannes. Wollen Sie diese Nacht mit ihm hierbleiben, auch wenn das CT nichts zeigt?". Ich strich mir durchs Gesicht. "Ich glaube wenn alles ok ist mit ihm, würde ich eher ins Hotel. Da haben wir mehr Ruhe, unsere Klamotten und ich kann ihn beruhigen. Wir können aber am Morgen noch einmal herkommen zum Check, da wir eigentlich am Abend weiterfahren nach Nürnberg.". Sie sah kurz auf ihr Klemmbrett und nickte dann. "Das klingt vernünftig. Ich trage es so ein und der Arzt wird nach dem CT noch einmal mit Ihnen beiden sprechen.". "Vielen Dank.". Ich lächelte sie leicht an und strich mir durchs Gesicht, als sie wieder ging. Tief atmete ich durch und nahm mein Handy heraus, wo ich sofort die Nummer meines Bruders wählte.

"Na meldest du dich auc-". "Du hörst mir jetzt mal ganz genau zu Andreas.". Ich tigerte langsam umher und atmete schwer auf. "Das ist eine Sache zwischen Manuel und mir gewesen!". "Und zwischen dem ganzen Team Christian! Er hat gefehlt auf der Bühne, hinter der Büh-". "Wir haben so ein großes Team, wir haben es auch so geschafft! Und außerdem, wenn ich mit meinem Mann streite ist das eine Sache Andreas! Aber da hast du dich verdammt nochmal nicht einzumischen und ihn schon gar nicht so anzugehen!". "Er hat uns alle enttäu-". "Er hatte einen Grund Andreas! Und wenn du mich ausreden lassen würdest, dann wüsstest du bereits was Phase ist!".

"Herr Reinelt! Sie sind in einem Krankenhaus, bleiben Sie ruhi-". "JOSTING verdammte scheiße nochmal! Muss ichs Ihnen noch buchstabieren, damit Sie alle es checken?! J-O-S-T-I-N-G!". Ich drehte mich ruckartig wieder weg und blieb genauso laut, wie ichs bisher war. "Und nochmal zu dir mein lieber Bruder-", schwer atmend strich ich mir durchs Gesicht. "Du kannst die Shows am Wochenende gerne alleine machen! Wenn du der Meinung bist dich in meine Familienangelegenheiten einzumischen, musst du eben allein da durch!". "Das ist nicht dein Ernst, das wagst du dir nicht Christian.". "Ach tu ich nicht?! Mach deinen Scheiß alleine und lerne endlich, dass Manu und ich erwachsene Männer sind, die schon alleine ihre Angelegenheiten geklärt bekommen! Wir sind im Krankenhaus wegen Manus Kopf und wenn wir später ins Hotel kommen, wirst du ihn nicht einmal anschauen ansonsten kannst du die restliche Tour sofort absagen, haben wir uns verstanden?!". Kurz herrschte Stille, ich konnte lediglich sein tiefes Einatmen vernehmen und den Schock. "Ist gut. Ich buche noch ein Zimmer dazu und hinterlege die Schlüsselkarte an der Rezeption", erwiderte er kleinlaut. Ohne noch weiter zu warten, legte ich auf und steckte mein Handy zurück.

"Herr Josting?". Ich drehte mich zu der großen Tür um und sah Doktor Feldt dort stehen. "Kommen Sie mit.". Ich nickte sofort und folgte ihm durch die Gänge. "Wir haben das CT soeben beendet, Ihr Mann befindet sich im Behandlungsraum und wird schon verbunden.". "Wie sieht das CT aus?". Neugierig und besorgt sah ich ihn an. "Das sehen wir uns gleich gemeinsam an.". Er öffnete eine Tür und bat mich herein. Manuel saß auf einer Liege, neben ihm eine junge Arzthelferin, die ihm gerade die Schulter verband. "Schatz, hey. Wie geht es dir?". Leicht lächelte er mir zu, tapfer und doch erschöpft. "Schon besser. Aber ich freue mich aufs Bett.". Ich nahm vorsichtig neben ihm Platz und bemerkte kurz das sanfte Lächeln der jungen Frau. Vorsichtig griff ich Manus Hand und streichelte diese liebevoll. "Wir erholen uns die nächsten Tage und bekommen dich wieder ganz gesund, ja?". Er nickte leicht und sah mich an. "Ich liebe dich Manu", flüsterte ich. "Familie Josting, schauen Sie mal.". Auf seinem Stuhl sitzend rollte Manus Arzt zu uns heran und hielt uns sein Tablet hin.

"Hier, sehen Sie diesen kleinen Fleck.". Er deutete auf eine dunklere Stelle auf dem Bild des CTs. "Es ist ein älteres Hämatom, vermutlich das aus dem vergangenen Winter, wovon Sie erzählten. Es ist nur noch minimal und wurde durch den gestrigen Unfall nicht weiter beschädigt. Es ist also alles gut. Dieses Hämatom verheilt aktuell noch, es gibt keine weitere Besorgnis deswegen. Die Kleinigkeiten, die Sie gerade vergessen Herr Josting, kommen vom Aufprall. Geben Sie sich ein paar Tage Zeit, es wird zurückkommen.". Erleichtert atmete ich auf und sah Manu lächelnd an." Es ist alles gut Schatz. Wir brauchen keine Angst mehr zu haben, versprochen.". Sanft zog ich ihn in meine Arme und spürte ihn sogleich anfangen zu weinen. "Die Amnesie kommt nicht zurück, du vergisst uns nicht wieder", flüsterte ich leise an sein Ohr und gab ihm einen Kuss aufs Haar. "Lass uns heimfahren honey.". Ich ließ mir von dem Arzt noch Schmerztabletten geben und ein paar Bandagen, die Manu für die kommenden Tage noch tragen sollte. "Vielen Dank, ich wünsche Ihnen noch einen ruhigen Dienst.". Ich legte meinen Arm um meinen Mann und half ihm auf die Beine. "Ich bring dich hier raus honey.".

Langsam verließen wir das Zimmer, wo uns Enrico schon entgegenkam. "Wie siehts aus?". "Es ist alles gut in seinem Kopf, nichts weiter passiert.". "Das ist perfekt, also geht's jetzt ins Hotel?". "Ja, bloß ins Bett mit ihm.". Vorsichtig griff Enrico von der anderen Seite um Manus Hüfte und half mir dabei ihn ins Auto zu kriegen. Der Weg zurück verlief ruhig. Ich hielt Manu im Arm, welcher bereits vor Erschöpfung eingeschlafen war. "Enrico, bringst du uns genau vors Hotel? Ich werd ihn ins Zimmer tragen.". "Klar.". Er parkte davor und gemeinsam brachten wir Manu ins Hotel und das reservierte Zimmer. "Danke man, du hast echt was gut bei mir. Mach dir ne ruhige Nacht, du brauchst nich gleich morgens wach sein.". "Danke dir Chris, erholt euch.". Ich nickte ihm zu und er verließ unser kleines Hotelzimmer wieder.

"Schatz?". Schwach vernahm ich Manus Stimme und ging sofort zu ihm. "Brauchst du etwas honey?". Ich zog erst mir und dann ihm vorsichtig die Schuhe aus. "Schläfst du auch?". Leicht lächelte ich. "Gleich. Ich mach dich fertig und gehe dann noch schnell duschen, ich kam noch gar nicht dazu.". Er nickte leicht und ließ sich langsam tiefer in die Kissen sinken. "Schlaf gut Schatz, ruh dich aus und werd gesund.". Liebevoll strich ich durch sein Haar und zog ihm sanft die Klamotten aus. "Dein Pulli", murmelte er und lächelnd kam ich dem nach und zog ihm erst seine Jogginghose und anschließend einen meiner Hoodies über. "Ich liebe dich Manu", flüsterte ich und deckte ihn ordentlich zu. "Ich dich auch.".

Leise ging ich ins Bad und sah mich im Spiegel an. Meine Haare völlig zerstrubbelt und durch das viele Haarspray und -gel verklebt, das Make-Up noch von der Show verwischt und von meinen Gesichtszügen wollte ich gar nicht erst anfangen. Seufzend strich ich mir durchs Gesicht und verschwand schnell unter der Dusche. Danach zog ich noch fix um und wollte gerade ins Bett als es klopfte. Verwirrt sah ich auf mein Handy. 04.28 Uhr. "Wer will denn jetzt noch was?", murmelte ich und öffnete leise die Tür. "Hey ehm-". "Was willst du hier Andreas? War ich nicht deutlich genug?".

Straight Against The Feelings - Of Suffering and Joy [Part Two]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt