chapter five

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Ich kam auf die Bühne und beobachtete einen Moment lang die Arbeit der Crew. Einige technische Details wurden bereits verlegt und allgemein herrschte ein gutes Arbeitsklima. Manuel stand gerade an der Sidestage und nahm einen großen Schluck aus seiner Wasserflasche. Schwer schluckte ich und ging nun zu ihm. "Schatz?". "Hm?". "Könnten wir kurz re-". "Manu, wir sind soweit!". Tonys Stimme erklang von unten wo die Treppe hinführte. "Es ist wichtig", murmelte ich. "Alles ist für dich wohl wichtiger als deine Auszubildenden.". "Nein, so war das-". "Schon gut. Wir reden später.". Er nahm seine Flasche und ließ mich alleine auf der Bühne stehen. Verzweifelt strich ich mir durchs Haar und ließ den Blick über die Halle schweifen.

Nachgehen wollte ich ihm eigentlich schon, allerdings würde er mich nur wieder wegschicken. Schweren Herzens machte ich mich auf den Weg zurück und wurde dabei fast von einer Person umgerannt. "Scheiße, pass doch mal auf", fauchte er mich an und sah dann zu mir. "Chris.". Seufzend half er mir wieder fest auf die Beine. "Sorry, ich geh schon.". Ich wollte schon weiter, da ergriff er meine Hand. "Hiergeblieben. Was ist los?". "Manu spricht nicht mit mir.". Er seufzte und sah sich um. "Bus, Garderobe oder Catering?". Ich zuckte die Schultern und ließ mich von ihm nach draußen bringen. "Setz dich.". Ich setzte mich auf die Bordsteinkante und beobachtete wie er vor mir auf und ab ging.

"Du führst dich auf Chris, ohne scheiß. Stimmungsschwankungen schlimmer als sonst was, Emotionen wie nix Gutes und man weiß nie, was man sagen kann und was nicht.". Ich reagierte nicht darauf und ließ den Blick in die Ferne gleiten. "Ich versteh das nicht, erklär es mir doch bitte. Ist es der Stress?". Ich schüttelte den Kopf, nickte dann aber gleich darauf wieder. "Ich hab mit Nadine telefoniert vorhin.". Er blieb stehen und sah mich an. "Das ist lange her, seit du das letzte Mal mit ihr gesprochen hast. Zum Jahreswechsel vielleicht.". "Ja, am 02. Januar.". "Wie geht es dir?". Ich sah hoch zu ihm und konnte ernsthafte Sorge erkennen. "Ich weiß es nicht, ich kann es dir nicht sagen.". Er setzte sich neben mich und legte vorsichtig seinen Arm um mich.

"Was bedrückt dich?". "Manu, die Shows, ich mich selbst?". Sein Blick legte sich auf mich. "Inwiefern?". "Ich weiß nich, ob Manu mich überhaupt noch liebt. Er kommt kaum mehr kuscheln, miteinander geschlafen haben wir seit unserem Urlaub vor fast 4 Wochen nicht und dann sind da noch Tony und Sam.". Andreas wollte mich gerade unterbrechen als ich ihn aufhielt. "Jung, mega gut gebaut, muskulös und psychisch nich total gestört.". "Hey", sanft knuffte er mir in die Schulter bevor er liebevoll fortfuhr: "Manuel liebt dich. Egal, wie er gerade drauf ist. Er liebt dich so sehr und es ist ihm egal, dass die Beiden jünger und muskulöser sind.". Ich zuckte mit den Schultern.

"Was hat denn Nadine gesagt?". "Dass ich mit ihm reden soll aber er nimmt das ja nicht ernst, sagt wir reden später.". Ich sah auf meine Hände und beobachtete, wie eine Träne auf eben diese tropfte. "Gib ihm die Zeit. Solange bleibst du jetzt bei mir und wenn du Pausen brauchst, dann nimmst du die und wir legen uns ein wenig hin.". Ich stimmte ihm leise zu und lehnte mich an seine Schulter. "Wirst du mit ihm darüber reden?". Ich schüttelte den Kopf. "Er wird sich Vorwürfe machen.". "Er lag im Koma, er konnte nichts tun Chris. Aber wenn er das nicht weiß, kann er dir nicht helfen. Wie jetzt zum Beispiel.". "Ich trau mich einfach nicht, er steckt mich doch gleich in die Klinik.".

"Ganz sicher nicht Kleiner. Du hast es doch jetzt gut unter Kontrolle, Nadine ist auch da. Von ihr sollte er auch wissen.". Ich nickte ein wenig und stand langsam auf. "Gehen wir etwas arbeiten? Ich muss irgendwas tun.". "Wenn du mir sagst, falls du eine Pause brauchst.". "Ok.". Er stand ebenfalls auf und nahm mich fest in den Arm. "Ich hab dich lieb Chris", murmelte er und drückte mich noch einmal fest. "Vergiss das nie, ja? Ich könnte dich nicht verlieren.". Dass ihm die Bilder von damals in den Kopf kamen, wusste ich sofort. Er würde es niemals zugeben, aber ich wusste wie er fühlte. "Hab dich auch lieb", flüsterte ich und ließ ihn langsam los.

Gemeinsam gingen wir wieder in die Halle und befassten uns mit unseren Texten, der Setlist und einigen neuen Illusionen, die uns seit einigen Tagen im Kopf schwirrten. Ich schaffte es meine Gedanken größtenteils wegzulenken und mich auf meinen Bruder zu konzentrieren, der immer wieder kleine Pausen einlegte und mir gut zu redete. Gegen 18 Uhr klopfte er mir auf die Schulter. "Lass uns Feierabend machen für heute und den Jungs Bescheid geben, dann gehen wir mal nach Manu schauen.". Ich stimmte ihm zu und folgte ihm in den Innenraum der riesigen Halle. "Jungs! Feierabend!". Andys klare, laute Stimme hallte durch die gesamte Halle und sogleich war frohes Grölen unseres Teams zu vernehmen. Meine Augen folgten jedoch nur einer bestimmten Person, die gerade den Azubis abklatschte und sich dann suchend umsah, bis sein Blick auf mir landete.

Straight Against The Feelings - Of Suffering and Joy [Part Two]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt