Straight Against The Feelings - Of Suffering and Joy [Part Two]

chapter 103

"Die Jury wird sich jetzt zurückziehen und sich besprechen, solange machen wir Pause. Etwa eine halbe Stunde.". Ich stand auf und folgte den anderen Juroren in den Backstage-Bereich, wo wir unsere Entscheidungen trafen. "Kann ich kurz stören bevor wir anfangen?". Verunsichert sah ich mich um als sich alle Blicke auf mich richteten. "Ich würde mich gerne ausklinken während ihr das besprecht. Ich war ehrlich gesagt geistig gar nicht anwesend, weshalb ich euch eh keine große Hilfe wäre und ich hab noch was zu regeln.". "Ich hoffe doch das mit deinem Freund?". Michaels raue Stimme drang ruhig durch unsere Gruppe. Ich sah ihn an und konnte das leichte Lächeln erkennen. "Mein Mann, genau. Ich hab irgendwie scheiße gebaut und-".  Chantal unterbrach mich sanft: "Geh ruhig Chris. Wir kriegen das alleine hin, wirklich.". Dankbar lächelte ich in die Runde und verließ den Raum. "Chris, warte!". Ich war keine fünf Meter weit gekommen, da vernahm ich erneut Michaels Stimme hinter mir. "Was gibt's?". Lächelnd legte er seine Hand auf meine Schulter.

"Ich kenne deine Ängste Chris. Ich mag mich zwar immer so offen verhalten, aber glaub mir ruhig.". Erstaunt sah ich ihn an und wusste gar nicht, was ich antworten sollte. "Diese Ängste wirst du nicht einfach los indem du sie mit dir selbst ausmachst. Geh zu deinem Mann, küss ihn dass alle es sehen und steh dazu. Du wirst sonst nie glücklich Chris.". Ich nickte leicht und dachte kurz über seine Worte nach. "Du hast Recht. Ich werde sie wohl anders wirklich nicht los. Meinst du denn ich kann das einfach machen?". "Liebst du ihn?". "Über alles, ja.". "Dann kannst du das machen. Hör auf dein Herz Chris und lass dich nich von anderen Menschen beeinflussen.". Dankbar klopfte ich ihm auf die Schulter. "Ich glaube das brauchte ich gerade. Danke Michael, wirklich.". Lächelnd lief ich durch die Gänge und atmete kurz vor dem Studio tief durch bevor ich hinein ging und unter lautem Jubel zum Pult spazierte.

"Chris Ehrlich!". Lachend moderierte Chris Tall mich an und warf mir ein Mikro zu. "Was gibt mir die Ehre dich hier begrüßen zu dürfen?". Ich setzte mich auf meinen Stuhl und sah mich im Zuschauerraum um. "Ach weißt du, lieber einer weniger bei den Diskussionen ansonsten is das Risiko noch größer, dass man sich gegenseitig erschlägt.". Lachen breitete sich im Studio aus und ich musste lächeln, als ich meinen Mann zumindest schmunzeln ließ. "Habt ihr Fragen an Chris, wenn er schonmal hier ist?". Ich sah kurz zu ihm und folgte dann seinem Blick durchs Publikum. Natürlich stand eine der Damen auf, die uns gefühlt in jeder Stadt besuchte. Chris stand auf und lief mit dem Mikro zu ihr hoch. "Hey, ich ehm würde gerne wissen wie sehr ihr Euch jetzt auf den Tourstart freut?". Standardfrage. Kreativität fehlte wohl. "Riesig. Die Crew steht schon in den Startlöchern zuhause und wir beide freuen uns auch extremst.". Ich nickte kurz und atmete tief durch.

"Chris, kann ich kurz was machen? Ich müsste da noch was erledigen.". "Klar doch, the stage is yours.". Grinsend zwinkerte er mir zu. Ich sah mich kurz um. Freudiges Rufen hallte mir entgegen. Ich nickte dies kurz ab und erhob mich. "Es gibt da etwas, das mir sehr wichtig ist.". Ich wischte mir leicht die schweißnasse Hand an der Jeans ab. "Ich möchte euch etwas zeigen, einen Teil von mir, der verdammt wichtig ist. Ich bin super schlecht im Reden halten und wills gar nicht allzu lang umschreiben sondern euch einfach zeigen". Mein Blick blieb kurz bei Manu hängen, der das Ganze skeptisch beobachtete. "Ich bräuchte jedenfalls einen Freiwilligen.". Ich blieb an der Kante des Pults stehen und sah mich um. Augenblicklich schnellten unzählige Arme in die Höhe und ich musste in mich hinein grinsen, weil natürlich selbst die Arme hochgingen von denen ich wusste, dass sie bereits öfter in unseren Shows mitgewirkt hatten.

"Ich hätte gerne jemanden aus dem mittleren Block hier.". Ich zeigte auf den Block zu meinen Füßen und zählte im Kopf die Reihen durch. "Reihe Vier, am Gang.". Manus Blick schnellte hoch und ich sah die aufsteigende Unsicherheit. Langsam stieg ich die wenigen Treppen hinauf und blieb vor seinem Platz stehen. "Magst du?". Ich hielt ihm meine Hand hin und sah in seine tiefblauen Augen. "Ich- ich also-". Nessi lächelte sanft und gab ihm einen sanften Stups. "Nun geh schon", flüsterte sie und Manu sah sie kurz zweifelnd an. "Bitte Manu.". Zaghaft legte er seine Hand in meine und ließ sich von mir auf die Beine ziehen. Schweigend hielt ich seine Hand fest und ging mit ihm gemeinsam auf die Bühne. "Gib mir eine Minute", flüsterte ich sanft und drückte liebevoll seine Hand.

Eilig lief ich zum Pult, legte das Mikrofon ab und kam zurück. René, dem Warmupper zeigte ich einen Daumen hoch und augenblicklich wurde das Licht ein wenig gedimmt und eine wunderschöne Piano-Version von "Wenn du mich lässt" begann zu spielen. Manus Augen glänzten und sein warmer Blick lag auf meinem. "Chris, was-". Sanft befahl ich ihm zu schweigen und griff stattdessen kurz in meine Hosentasche. "Was möchtest du jetzt mit dem Tu-". Schlagartig schien ihn die Erkenntnis zu treffen und er sah mich überrascht an. Lächelnd, schweigend begann ich das Papier zu falten.

"Vor mir steht ein Mann, der mein ganzes Leben in den letzten zwei Jahren vollkommen umgekrempelt hat.". Vorsichtig faltete ich die einzelnen Blätter, ohne den Blick von Manu abzuwenden. "Ihr seht einen jungen Mann, der einigen nicht unbekannt sein dürfte. Manuel.". Mit zittrigen Händen formte ich den Rosenstiel und sah dabei kurz ins Publikum. "Manuel, du bist das Beste, was mir je passieren konnte. Du bist in mein Herz gestolpert und einfach dort geblieben.". Das letzte Blatt formte sich unter meinen Fingern und ich hob die Papierrose vorsichtig hoch, dass es jeder sehen konnte.

Tief atmete ich durch bevor ich mich zum Publikum drehte. "Ja. Ich bin schwul. Ich stehe auf einen Mann, welcher hier und heute neben mir steht und noch nie war ich glücklicher sagen zu können, dass dieser Mann tatsächlich mein Mann ist. Ich hatte Angst vor eurer Reaktion und habe sie immernoch. Doch wisst ihr was?-". Ich blickte wieder zu Manuel, der mittlerweile mit vor Tränen feuchten Augen an meiner Seite stand. "Es ist mir nun egal. Ich habe heute gelernt meiner Beziehung zu vertrauen und besonders meinem Mann. Und wenn es euch nicht passt, dann steht auf und geht. Es interessiert mich nicht mehr!". In einer flüchtigen Bewegung holte ich ein Feuerzeug aus meiner Hosentasche und entzündete die Rose in meiner Hand, doch statt einer Rose hielt ich Manus Ehering in meiner Hand. Erstaunt hielt sich Manu die Hände vor den Mund und schluchzte leise auf.

"Manuel", flüsterte ich und ging vor ihm auf die Knie. "Ich liebe dich. Ich liebe dich als meinen besten Freund, als meinen Seelenverwandten und besonders als jenen Mann, der mich Tag für Tag liebt und mir immer wieder aufs Neue beweist, wie wichtig Liebe ist.". Ich griff seine Hand und steckte ihm vorsichtig den Ring an. "So wie du vor mir stehst, bist du perfekt. Perfekt für mich, scheiß egal was alle andern sagen.". Ich legte meine Hände an seine Wangen und zog ihn zu einem liebevollen Kuss an mich heran. Seine Arme legten sich um meinen Hals und ich spürte das sanfte Lächeln an meinen Lippen. "Ich liebe dich auch Chris und ich bin einfach so unglaublich stolz auf dich", raunte er und presste seine Lippen erneut zärtlich auf meine.

Die Totenstille im Saal wurde je vom schallenden Jubel unterbrochen. Verlegen lächelnd lehnte ich meine Stirn an seine und sah in diese vor Liebe strahlenden Augen. "Ich liebe dich, ich kanns einfach nicht oft genug sagen.". Seine warme Hand legte sich in meinen Nacken und als ich seine weichen Lippen erneut auf meinen fühlte, wusste ich, dass ich endlich glücklich war. Glücklich wie es nun war und mit Manuel an meiner Seite war nun alles möglich.

Lächelnd drehten wir uns zum Publikum um, wo ich bemerkte, dass selbst meine Jury-Kollegen uns beobachteten. "Chris und Manuel Josting, meine Damen und Herren!".
Glücklich lachend sah ich meinen Mann an und wusste, dass dieser Mann mein Zuhause geworden war.