| Chapter Eleven |

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„Alles okay?", fragte mich Isa besorgt, als ich zum dritten Mal kurz eingenickt war. Nach der Arbeit im Restaurant war ich direkt zur Aurora, dem Club, ein paar Kilometer weiter, gegangen und hatte dort bis zum nächsten Morgen gearbeitet. Nach drei Stunden Schlaf musste ich dann wieder ins Ricci's zurück, in welcher ich bis spät Abends aushelfen musste. Dementsprechend fertig und müde saß ich nun in der Schule und fühlte mich einfach nur elend.

„Ja, klar. Bin nur müde", erwiderte ich Isabelle und lächelte sie an. Ihre langen, dunklen Haare glänzten im Licht und ihre dunklen Augen zeigten mir, dass sie mir nicht glaubte.
Mein Bein wackelte den ganzen Tag schon nervös auf und ab, immer wieder scannte ich die Umgebung und meine Finger griffen ständig in meine Haare. Ja, ich war nervös und panisch wartete ich die ganze Zeit darauf, dass etwas passierte.

Irgendwas hatte Marek geplant, da war ich mir sicher. Er würde mich outen, doch bis jetzt war noch nichts Ungewöhnliches passiert. Natürlich musste es der sensiblen Isa auffallen, doch zum Glück beließ sie es bei meiner lahmen Ausrede und wendete sich wieder Joy zu.

„Kannst du mir das noch mal erklären?", fragte mich Griff nun und deutete auf eine große Formel in seinem Heft. Wir hatten gerade eine Freistunde, weshalb wir zusammen in einem der vielen Glaskästen saßen, um unsere Ruhe vor den anderen zu haben. Der Raum war nicht groß, und durch die Glaswände konnte jeder herein sehen, trotzdem konnte man uns hier wenigstens nicht belauschen. „Klar", lächelte ich meinen Kumpel an und versuchte ihm erneut das Problem näher zu erläutern.

Ich hatte das große Glück, dass es mir reichte, wenn der Lehrer es einmal erklärte, damit ich etwas verstand. Das hatte ich von meinem Vater, zumindest behauptete das immer Ches Dad Erik. Meine Noten waren gut und das mussten sie ja auch, wenn ich später mal einen guten Job haben wollte. Ich war froh, dass ich nicht neben dem Unterricht noch viel Zeit fürs Lernen verschwenden musste, so konnte ich mehr arbeiten.

Noch während wir weiter redeten und unsere Hausaufgaben machen, öffnete sich die Türe und Ches grinste uns breit entgegen. „Hey, Leute". Ich grinste zurück und mein bester Freund schlug mir zur Begrüßung auf den Rücken. „Hey, Chester. Was machst du denn hier? Habt ihr nicht Deutsch?", fragte ihn Isa schüchtern, strich sich eine Strähne ihres dunklen Haares aus dem Gesicht und lächelte meinen gut aussehenden Kumpel an. „Frau Borth ist zum Glück krank geworden. Die ist die Hölle, dass kann ich dir sagen", erwiderte Chester lachend und wendete sich dann an mich.

„Quinn, kommst du mal mit?". Fragend zog ich die Augenbrauen hoch, nickte dann jedoch und stand auf. Als wir den Raum verlassen hatten, legte Chester einen Arm um mich und zog mich mit sich. „Ich hab dich nicht erreicht, warst du wieder das ganze Wochenende arbeiten?", fragte er mich und zerzauste mal wieder meine blonden Locken, sodass ich sie erneut glatt streichen musste. „Jup, das ganze Wochenende. Hat sich aber gelohnt", beantworte ich ihm seine Frage und kramte mein Handy heraus. Tatsächlich war der Akku leer. Ches schüttelte den Kopf, als er das sah und ich wusste, dass er daran dachte, wie verloren er sich fühlte, wenn er kein funktionstüchtiges Handy bei sich hatte. Das kannte ich nicht.

„Du weißt, du kannst mich immer nach Geld fragen, Quinn", warf mein bester Freund ein und vehement schüttelte ich den Kopf. „Und du weißt, dass ich das nicht will. Es ist alles in Ordnung, glaub mir", lachte ich falsch und hoffte, dass Chester nicht weiter nachbohrte.
„Ich wollte noch mit dir quatschen, wegen Freitag", begann er nun und zog mich zu einer ruhigen Sitzecke. Meine Hände wurden schwitzig und mein Herzschlag verdoppelte sich. Oh shit...

„Was ist denn da passiert? Wieso warst du draußen?", fragte er nun und ich spürte, wie mir der Angstschweiß den Rücken herunter ran. Mein Leben lang musste ich schon lügen, weshalb es mir nicht mehr all zu schwer fiel, doch hatte ich immer ein schlechtes Gefühl dabei, es bei meinen Freunden zu tun. „Ich weiß es nicht mehr, ehrlich. Ich hatte ein paar Wodka Shots und dann hat mir Karim noch etwas gemixt und ich kann mich an nichts mehr erinnern", antwortete ich ihm, so locker ich konnte.
Chester lachte laut auf und ich stimmte mit ein. „Oh ja, Karims Mische kann einen echt töten", kicherte er und ich ballte heimlich meine Hände zu Fäusten.

„Ey, was läuft denn hier für ein Kaffeekränzchen, ihr Omis", hörte ich plötzlich eine Stimme rufen und genervt drehte ich mich in Silas Richtung um. Als ich auch noch die anderen erblickte, wie sie alle in unsere Richtung kamen, musste ich mich beherrschen nicht sofort wegzulaufen. Mein Herzschlag stolperte und mein Atem beschleunigte sich.
Bitte nicht auch noch die... Nicht jetzt. Da redete ich doch lieber mit Ches und tischte ihm weitere Lügen auf!

„Halt's Maul", lachte Chester und schlug bei seinem Freund ein, als dieser zu uns an den Tisch kam. Langsam ließen sich alle auf die noch freien Stühle sinken und warfen ihre Schultaschen auf den Tisch. Sie machten unglaublichen Lärm, schreiten laut herum und verzweifelt versuchte ich Mareks Blick zu meiden. Was würde er jetzt tun? Würde er es jetzt machen, hier? Es war der perfekte Zeitpunkt...
Konnte mich nicht einfach ein Blitz treffen? Bitte?
Kurz überlegte ich, einfach aufzustehen und zu gehen, doch fand ich das zu verdächtig.

„Ey Quinn, hast du deinen Kater ausgeschlafen?", grinste Yoldas mich an und seine helle Haut stach durch seinen dunklen Pulli noch mehr hervor, als sonst. Mir wurde kalt, als ich an seinen kleinen Angriff dachte. Yoldas braunen Augen glitzerten amüsiert, als wäre es unglaublich lustig, was er gesagt hatte, während ihm seine kurzen, dunklen Haare in alle Richtungen abstanden. „Logo", erwiderte ich kurz angebunden und hoffte, dass er mich einfach in Ruhe lassen würde. „Er musste sich sicherlich ehr von der Nutte erholen", mischte sich nun Karim ein, während ihm seine schwarzen Haare etwas in die braunen Augen hing, aber er strich sie sich nicht aus dem Gesicht. Die Jungs lachten, doch Chester erwiderte: „Er kann sich nicht mal erinnern". Killian schüttelte enttäuscht seinen Kopf, als wäre das etwas illegales. Ich wünschte, ich könnte den ganzen Abend tatsächlich vergessen.

„Ach, ist das so?", fragte nun Marek und seine dunkelgrünen Augen bohrten sich in meine. Schnell nickte ich und unterbrach unseren Blickkontakte, da ich bemerkte, wie mein Mund trocken wurde. „Das ist aber schade, Quincy", machte sich Silas weiter über mich lustig, der wohl über das Wochenende beim Friseur war, denn seine blonden Haare waren nun kürzer, als noch bei der Feier.

„Findest du? Ich finde ja, ihr bagatellisiert das mit der Prostitution etwas. Die Frau wollte sicher nicht von euren dreckigen Griffeln betatscht werden. Gott, kein Geld der Welt macht sowas wieder gut", provozierte ich sie und lehnte mich etwas in meinem Stuhl zurück. „Heute wieder so zynisch, Quincy, wie kommt's?", fragte Karim und grinste diabolisch. „Hab dein hässliches Gesicht gesehen", erwiderte ich gelangweilt und die Jungs lachten.

Karims Grinsen fiel von ihm ab und wütend sprang er auf. „Ganz schön große Fresse heute, Quinn. An deiner Stelle würde ich mal die Klappe halten", knurrte der Schwarzhaarige und ballte seine Hände zu Fäusten. Meine Angst vergrub ich ganz tief in mir und mein Körper spannte sich erwartungsvoll an. „Ich lass mir von so einem Mongo, wie dir, doch nicht den Mund verbieten", offenbarte ich ihm und versuchte so gelangweilt und gleichgültig wie möglich zu klingen.

Gerade, als Karim zu mir laufen wollte, mischte sich Ches ein. „Ok ok, jetzt beruhig dich mal, Karim. Quinn macht doch nur Witze. Seit wann bist du denn so sensibel?". Die anderen lachten immer noch und ich sah in Karims braunen Augen den Hass auflodern, als er mich ansah. Eine Gänsehaut fuhr über meinen ganzen Körper und am liebsten wäre ich davon gelaufen, doch ich blieb an Ort und Stelle und tat so, als wäre mir das alles egal.

„Ihr seid solche Babys", murrte nun Timba und er sah mal wieder super aus. Sein dunkles Oberteil passte perfekt zu einen Augen und seine Dreadlocks saßen fehlerfrei. Kurz erlaubte ich mir einen Blick zu ihm, doch war ich mir Mareks Anwesenheit zu sehr bewusst, sodass ich schnell wieder wegsah. Karim setzte sich wieder hin und die Jungs verfielen in ein Gespräch über irgendeine Josefine und ihren großen Vorbau. Genervt verdrehte ich meine Augen und verschränkte meine Finger ineinander, als ich bemerkte, dass diese zitterten.

„Alles okay, Marek? Bist so still", fragte Ches seinen Kumpel, der daraufhin von seinem Blatt aufsah. Tatsächlich hatte der Schwarzhaarige nicht ein Wort gesagt, seit sie sich alle unterhielten.

Kurz striffen seine dunkelgrünen Augen mich, bevor er sich Chester zuwandte.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt