| Chapter Fifteen |

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„Ich hab mich ein bisschen abgeschossen", begann ich und hörte Joys Lachen. „Oh ja, nicht nur du", grinste sie und wir anderen stimmten mit ein. „Darüber mussen wir auch noch reden, Joy", drohte ich ihr lächelnd und fuhr dann fort. „Auf jeden Fall hatte mich Ches deswegen mit nach oben genommen, in Mareks Zimmer. Er wollte mich nicht alleine lassen", erzählte ich weiter und die anderen rissen überrascht ihre Augen auf. „Ja, wartet's ab, kommt noch besser. Dann haben sie sich zusammen gesetzt, alle waren da: Marek, Silas, Karim, Killian, Yoldas, Timba und Ches. Und dann... Kam noch eine Frau dazu. Sie haben Killian einen Striptease geschenkt, diese Idioten!", rief ich und die alte Wut durchströmte mich, wie Gift.

Joy schnaufte verärgert und Isa und Griff schüttelten angeekelt den Kopf. „Das sieht denen ähnlich. Die verzweifelte Lebenssituation von anderen auszunutzen! Solche Arschlöcher!", bemerkte Isa wütend und zustimmend nickte ich ihr zu.  „Naja, und da könnte es sein, dass mich das eben null angemacht hat", erzählte ich nun etwas schüchtern und bemerkte, wie meine Wangen etwas rot wurden. Wieso, wusste ich nicht. Mir sollte so etwas nicht vor meinen Freunden peinlich sein, doch irgendwie schämte ich mich.

„Dazu kam dann, dass ich etwas offensichtlich eifersüchtig war, als die Frau mit Timba am werkeln war", gab ich dann kleinlaut zu und zog den Kopf etwas ein. „Warte, was?! Timba?", fragte Griff überrascht und auch die anderen schauten mich überrumpelt an. Verlegen kratze ich mich an meinem Kopf und zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Er ist eigentlich immer nett zu mir", begann ich mich zu verteidigen, doch Joy schüttelte vehement mit dem Kopf. „Nur, weil er dich nicht aktiv mobbt, wie die andern, heißt es nicht, dass er nett ist, Quinn! Egal, darüber reden wir später... Was ist dann passiert?".

Kurz überlegte ich wieder, zu lügen, doch entschied ich mich für die Wahrheit. „Marek hatte das alles beobachtet. Als ich dir Wasser holen wollte, Joy, hat er mich in der Küche abgefangen und mir offenbart, dass er weiß, dass ich schwul bin. Ich hatte solche Angst vor ihm und davor, was er mit der Information anfangen würde... Da bin ich weggelaufen. Ches hatte mich dann gefunden, aber wollte am Montag eben mit mir darüber reden, wollte wissen, wieso ich weggelaufen, wieso ich draußen war. Ich hab ihn dann angelogen und behauptet, dass ich nichts mehr weiß", erklärte ich meinen Freunden und machte eine kurze Pause, um auf ihre Reaktionen zu warten. „Du solltest es Chester sagen. Immerhin kennt ihr euch schon euer ganzes Leben lang, ich denke nicht, dass er dich deswegen hassen wird", warf Isa ein und Joy nickte. „Genau, und selbst wenn, falls er dich nicht so akzeptiert, wie du bist, ist er nicht dein Freund. Dann kann er bleiben, wo der Pfeffer wächst!".

Mein Herz zog sich zusammen, als ich daran dachte, dass Ches mich hassen könnte und der Schmerz breitete sich in meinem ganzen Magen aus. „Und vergiss nicht, uns hast du auch noch", warf Griff ein und dankbar lächelte ich meinen Freunden zu. „Danke, Leute. Ich denk drüber nach", sagte ich nur kurz und erzählte dann weiter: „Natürlich mussten die anderen auch dazu kommen und natürlich mussten wir uns streiten. Killian hatte mal wieder Scheiße erzählt und ich wollte ihn dafür verprügeln, aber Marek hatte mich gepackt und aufs Klo gezerrt. In einer Kabine hatte er mir dann gedroht, es allen zu sagen, falls ich nicht das tue, was er will. Ich wollte mich nicht erpressen lassen, also hab ich behauptet, dass mir das egal wäre und bin danach mal wieder weggelaufen".

Nachdem ich mit meiner Erzählung geendet hatte sahen mich alle drei mir riesigen Augen an, als könnten sie nicht glauben, was ich ihnen berichtet hatte. „Ist das sein Ernst?! Ich wusste, dass er ein Arschloch ist, aber sowas habe ich selbst ihm nicht zugetraut", rief Joy aufgebracht und Griff brummte zustimmend. „Und jetzt hast du Angst, dass Marek die Drohung wahr macht?", fragte Isa behutsam nach und ich nickte. „Ich dachte, dass, wenn ich nicht mehr zur Schule komme, dann... Ach, keine Ahnung was ich mir dabei gedacht habe", gab ich kleinlaut zu.

„Gar nichts, Quinn! Nichts hast du dir dabei gedacht! Wir hätten dir doch helfen können, wofür sind Freunde denn da? Aber ich bin stolz auf dich, dass du es uns jetzt erzählt hast", sagte Joy und nahm wieder meine Finger. Dankbar lächelte ich meine Freundin an und drückte ihre Hand. „Wir halten zu dir, egal was passiert", stimmte Isa zu und nahm meine andere Hand. „Wenn du willst, kann ich mal mit Marek quatschen", fügte Griff noch hinzu, doch ich schüttelte den Kopf. „Das ist lieb, aber das werde ich wohl selbst mit ihm klären müssen", seufzte ich und spürte, wie mir das Herz in die Hose rutschte, als ich daran dachte...

„Wenn du meinst, aber vergiss nicht, dass du da nicht alleine durch musst, ja?", lächelte er mich an und ich grinste zurück. „Danke, Leute. Ich hab echt die besten Freunde", sagte ich und zog alle noch einmal in eine Umarmung. „Oh, ja, das hast du", lachte Joy und wir stimmten mit ein. „Ich bestell uns Pizza und dann wird gequatscht!", rief Joy und ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich gegen sie zu wehren.
Mein Magen knurrte aufgeregt.

Nach zwei weiteren Stunden voller Pizza und Erzählungen fühlte ich mich so leicht, wie schon lange nicht mehr. Leider musste ich meine Freunde nach Hause schicken, da bald meine Schicht in der Aurora begann und ich diese nicht absagen konnte. So verabschiedeten sie sich von mir und halbwegs glücklich machte ich mich fertig für die Arbeit. Ich duschte und zog mir mein schwarzes Shirt an, auf welchem man am wenigsten Saftflecken bemerken würde. Als ich in den Spiegel schaute, erkannte ich mich wieder ein kleines bisschen mehr, als noch vor einem Tag, und mache mich auf den Weg zur Küche, um noch einen Schluck Wasser zu trinken, bevor ich losgehen wollte.

Gerade, als ich einen Schritt in die Küche machte bereute ich es auch schon. „Ach, sieh mal einer an, wer da ist!", brüllte die tiefe Stimme und wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten.

Erneut saß Ben auf dem Sofa, wieder mit einem Bier und einer Kippe in den Händen. Diesmal erkannte ich jedoch, wie voll er schon war. Karina lag neben ihm und starrte apathisch an die Wand, vor ihr, auf dem Tisch, sah ich die Reste des weißen Pulvers. Genervt verdrehte ich die Augen und fragte mich, wie ich sie nicht hatte kommen gehört. Normalerweise veranstalteten sie dabei einen riesen Lärm.

„Ich muss arbeiten. Pass auf Karina auf", knurrte ich nur in Bens Richtung und drehte mich um, um die Wohnung zu verlassen. „Du hast mir gar nichts zu befehlen!", schrie dieser plötzlich und stand wankend auf. In Bens Augen sah ich dieselbe Wut, die er immer in sich trug, wenn er besoffen war und ich wusste, dass ich jetzt am besten davon laufen sollte, doch ich blieb an Ort und Stelle und starrte dem Riesen auffordernd entgegen. Keine Ahnung, wo ich diesen Mut hernahm, aber ich hatte keine Lust mehr, mich von ihm herum schupsen zu lassen.

Ben kam auf mich zu und plusterte sich vor mir auf. Unbeeindruckt starrte ich in seine dunklen Augen und wartete darauf, dass er irgendwas sagte, doch das tat er nicht.

Ohne Vorwarnung holte der Mann aus und bretterte mir seine Faust mitten ins Gesicht. Schreiend fiel ich nach hinten und ein unglaublicher Schmerz explodierte an meiner linken Gesichtshälfte. Tränen liefen mir über die Wangen, als ich mir wimmernd die Hand ins Gesicht drückte, um den Schmerz irgendwie einzudämmen.

Als Ben erneut nach mir greifen wollte, sprang ich panisch, voller Adrenalin, auf, rannte beinah blind zur Haustüre und riss diese auf. Völlig planlos stürzte ich aus der Wohnung und hielt erst an, als ich mir sicher sein konnte, dass Ben mir nicht folgte. Zitternd drückte ich weiterhin eine Hand auf mein Gesicht und bemerkte, wie mir Blut aus der Nase lief. Fluchend und schluchzend ignorierte ich es und machte mich einfach auf den Weg zur Arbeit, da ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt