| Chapter Three |

393 39 21
                                    

„Wird auch Zeit, fast wäre ich ohne dich gefahren!", begrüßte mich Ches und düste sofort los, nachdem ich mich auf den Beifahrersitz hatte fallen lassen. Schnell schielte ich auf mein kaputtes Hand: 21:59 Uhr.

„Ich bin pünktlich, wie immer", erwiderte ich selbstgefällig und grinste ihn von der Seite an. Dann fiel mein Blick nach hinten. „Wo ist Joy? Wolltest du sie nicht vor mir abholen?", fragte ich dann verwundert, da ich meine Freundin nicht auf der Rückbank sitzen sah.

„Oh, sie hat vor einer halben Stunde Bescheid gesagt, dass sie erst später kommen kann", antwortete Chester und ungläubig lasse ich mich wieder in den Sitz sinken. Verräterin!

Den bitteren Geschmack auf meiner Zunge versuchte ich einfach mal wieder herunter zu schlucken. Ich wusste zwar, dass meine Freunde es nicht böse meinten, trotzdem nervte es mich, dass sie mir nie schrieben. Da ich kein Internet hatte, konnten sie mich nur über SMS erreichen, doch, da sie dafür zahlen müssten, taten sie das nur in sehr seltenen Fällen.

„Aber Griff und Isa holen wir doch noch, oder?", überlegte ich nun laut und sah wieder zu meinem besten Freund, der sich auf die Straße konzentrierte. Das Audi-Zeichen blinkte mir fast schon höhnend entgegen. „Nö, die machen doch heute ihr Englischreferat. Sie haben gemeint, dass du das weißt", war die Antwort und ungläubig drückte ich meine Augen zusammen.

Das ist doch nicht ihr Ernst?! Sowas machte man doch nicht an einem Freitagabend. Verdammt, es war sogar gut möglich, dass sie es mir gesagt haben... Ich sollte wirklich besser zuhören...
„Jetzt zieh nicht so ein langes Gesicht, Kumpel! Wir werden schon noch unseren Spaß haben", lachte Ches nun und ich wendete mein Gesicht von ihm ab, damit er das nervöse Zucken meines rechten Auges nicht sehen konnte.
Scheiße.

Total nervös verkreuzte ich meine Finger ineinander und redete mir einfach die ganze Autofahrt über ein, dass es ja nicht so schlimm werden konnte.
Verdammt...

„Wo findet die Party denn statt?", fragte ich verwirrt, als Chester nicht in den Stadtteil fuhr, in dem Killian wohnte.
„Zu Mareks Wohnung. Die hat er vor einem Monat zu seinem Geburtstag geschenkt bekommen, ist das nicht krass? So viel Geld hätte ich auch gerne...", murmelte mein bester Freund vor sich hin, bevor ihm auffiel, wie dumm seine Worte waren. Ich ignorierte seinen entschuldigenden Blick von der Seite und starrte einfach weiter aus dem Fenster, denn ich war zu beschäftigt damit nicht vor Panik aus dem fahrenden Auto auszusteigen.

Na toll, ausgerechnet zum größten aller Arschlöcher.
Konnte ja nur gut werden...

———

„Ches, da bist du ja endlich! Komm, ich muss dir was zeigen, dass glaubst du nicht!", wurde Chester sofort von seinem Kumpel und Klassenkameraden Silas begrüßt, nachdem wir die große Wohnung am Waldrand betreten hatten.

Silas kurze, blonde Haare saßen perfekt und in seinen blauen Augen konnte man erkennen, wie voll er bereits war. Die blinkenden Lichter, die stickige Luft und die viel zu laute Musik ließen mich sofort bereuen, dass ich mich hatte überreden lassen, mit zu kommen.
Ches warf mir noch schnell einen entschuldigenden Blick zu und ließ sich dann von seinem Freund mitziehen, sodass er zwischen den tanzenden Leuten verschwand.

Genervt seufzte ich und sah mich um. Eigentlich mochte ich Partys nicht, vor allem nicht ohne meine Freunde!
Ich hasste gezwungenen Smalltalk, ich hasste betrunkene Jugendliche, die total anstrengt waren und vor allem hasste ich diese betrunkenen Arschlöcher.

Nervös scannte ich die Umgebung nach einem von ihnen ab.
Silas war schon da, Killian natürlich auch, da es seine Party war und auch Marek, da es ja seine Wohnung war.
Etwas verwundert war ich schon, da ich wusste, dass Marek die meiste Zeit noch in seinem Familienhaus, nicht weit von hier, lebte, doch was verstand ich schon von Menschen mit zu viel Geld...

Fehlten noch Karim, Yoldas und Timba, dann war ihre Clique komplett.
Der Albtraum komplett.

Kurz spielte ich mit dem Gedanken, mich einfach wieder umzudrehen und nach Hause zu laufen, doch wäre Ches dann sauer auf mich und außerdem wollte Joy ja nachkommen. Stell dich nicht so an Quinn... Bis dahin musste ich mich einfach etwas beschäftigen und am besten unsichtbar werden.

Angespannt ging ich noch einige Schritte in die Menge und machte mich dann auf die Suche, nach dem Alkohol. Dann musste ich mir den Spaß halt antrinken.

In der Küche angekommen fand ich eine riesige Auswahl und entschied mich dann für eine seltsam aussehende, grüne Flüssigkeit. Skeptisch schnüffelte ich daran und wäre fast an einer Alkoholvergiftung umgefallen.

Verdammt, das Zeug wird mich umhauen!

Perfekt...

Bewaffnet mit meinem neuen Getränk lief ich weiter und sah eine große Fensterfront, die offen stand. Erleichtert der Enge und der Hitze entfliehen zu können trat ich über die Schwelle und staunte, als ich vor mir einen riesigen, in den Boden eingelassenen, Pool erblickte.

Verdammt... Wie teuer der wohl war? Von diesem Geld hätte ich bestimmt Jahre lang Essen kaufen können, ohne mir den Arsch abarbeiten zu müssen. Damit hätte ich bestimmt Sienna zu mir holen können...

Leise seufzend ließ ich mich auf einen Liegestuhl sinken und nahm einen Schluck der grünen Flüssigkeit.
„Oh Gott...". Hustend und röchelnd spuckte ich das Zeug wieder aus und hörte hinter mir lautes Gelächter.

„Ach, Quincy, das Zeug ist doch nichts für Kleinkinder", hörte ich Yoldas lachen und blinzelte schnell die Tränen weg, die mir, durch meine Hustattacke, in die Augen geschossen waren.

Genervt und auch etwas ängstlich drehte mich in seine Richtung. Seine kurzen, dunklen Haare standen im totalen Kontrast zu seiner hellen Haut und seine braunen Augen glitzerten amüsiert. „Hol dir doch lieber einen Apfelsaft", ärgerte er mich weiter und fuhr mit seiner Hand durch meine Haare, um sie zu verwuscheln, wie bei einem Hund.

Wütend wischte ich seinen Arm mit einer Handbewegung weg und stand auf, sodass ich Yoldas nun gegenüber stand. „Lass es einfach", sagte ich nur, zu müde für einen Konter und wollte an ihm vorbei, zurück in die Wohnung, laufen, doch, noch bevor ich über die Schwelle treten konnte, spürte ich starke Finger, welche sich schmerzhaft um mein Handgelenk schloßen und mich zurück hielten.

„Geht's noch?!", rief ich wütend und wirbelte zu ihm herum, während ich erfolglos an seinem Klammergriff zog, um mich zu befreien. „Wie war das mit dem Angebot heute Mittag? 100 Euro plus Reinigung, richtig?", grinste er mich dreckig an und seine Alkoholfahne flog mir entgegen, sodass ich ein Würgen nur mit Mühe unterdrücken konnte.

„Für dich 500, Arschloch", keifte ich ihn an und versuchte weiterhin mich zu befreien, doch seine Finger drückten immer fester zu, sodass mir wieder Tränen in die Augen schoßen, diesmal vor Schmerz. Die Panik brennte in meinen Adern und mal wieder fühlte ich mich so unglaublich hilflos...

„Jetzt lass los, Yoldas, du tust mir weh!", bat ich ängstlich, da sich nun auch seine Fingernägel in meine Haut gruben, doch sein Grinsen vertiefte sich nur weiter. „Darauf stehst du doch", flüsterte und meine freie Hand formte sich zu einer Faust. Das war es. Das war mein wunder Punkt...

Ich war ihm körperlich klar unterlegen, so wie allen von ihnen. Wie sollte man auch breit werden, wenn man nur einmal am Tag etwas ass? Auch, wenn ich Sport trieb, würde ich niemals so breit werden, wie sie.

Wütend atmete ich tief durch und bereitete mich darauf vor, ihm eine zu verpassen. Wenn er betrunken genug war, hätte ich vielleicht eine Chance...
Jahrelange aufgestaute Trauer und Hass riefen mir zu, motivierten mich und die Hitze, die aus diesen Gefühlen hervor ging, schien mich von innen zu verbrennen.

Gerade, als ich ausholen wollte, befreite mich eine dunkle Hand von den klammernden Fingern. „Hör auf, du Idiot", hörte ich seine Stimme und überfordert drehte ich mich zu ihm um. Mein Herzschlag schoß in die Höhe und meine Beine begangen zu zittern, als ich direkt in seine dunklen Augen starrte.

Timba fuhr sich kurz über seine dunklen Dreadlocks und bedachte Yoldas dann mit einem genervten Blick. Seine dunkle Haut glitzerte selbst hier, mit wenig Licht und ich konnte nicht mehr tuen, als ihn anzusehen und versuchen zu begreifen, dass er mich mal wieder gerettet hatte.
Mein Held...

Fragile - Falling like the stars || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt