| Chapter Thirty-Two |

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„Wir feiern nur im kleinen Kreis Daheim", antwortete ich und hoffte, dass man das Zittern in meiner Stimme nicht heraus hören konnte.
Natürlich war das gelogen. Das letzte mal, dass ich Weihnachten gefeiert hatte, war bei Chester und das war nun auch schon wieder drei Jahre her. Für mich war Weihnachten, wie jeder andere Tag im Jahr, nichts Besonderes.

„Das ist doch schön", lächelte mich die hübsche Frau an und ich nickte.
Gedankenverloren stocherte ich in meinem Essen herum und lauschte den Gesprächen der anderen.
Bilder meiner Vergangenheit blitzten immer wieder auf, von eine Zeit, in der noch alles gut war. In dem wir noch Weihnachten gefeiert hatten, wir alle zusammen.
Das war alles schon so lange her...

„Alles okay?", fragte er mich plötzlich und überrascht sah ich in seine dunkelgrüne Augen, bevor ich dann nickte und wieder wegsah. Ich hatte nicht vergessen, dass ich nicht mehr mit ihm reden wollte.
Das hatte er nun davon.

Immer wieder verwickelte man mich in ein Gespräch und tatsächlich verstand ich mich mit allen Familienmitgliedern hervorragen, mit Ausnahme von Marek natürlich, doch wir ignorierten uns einfach den restlichen Abend.

Nachdem ich noch Minella und Henriette beim Aufräumen geholfen hatte, hatte mich die Ärztin noch mal durchgecheckt und mir eine Schmerztablette gegeben.
Immer wieder beobachtete ich die Dunkelhaarige, ob mir irgendwas auffiel, was mir einen Hinweis darauf liefern könnte, wieso Marek nicht auf Yoldas Feier war, doch ich fand nichts heraus. Vielleicht hatte der Dunkelhaarige ja auch einfach keine Lust auf eine Party gehabt und hatte seine Mutter als Ausrede benutzt? Ach, eigentlich war es mir eh egal!

Unbeeindruckt starrte ich mein Spiegelbild an. Das immer noch leicht lilane, linke Auge ging durch die neuen Schwellungen fast unter. Meine Lippe war aufgeplatzt und an meiner rechten Wange sah man es grün schimmern. Seufzend sah ich mir auch die schmerzenden Stellen an meinem Körper an, während ich die Wut so gut es ging unterdrückte.

Ich duschte, zog mir die frischen Klamotten, natürlich wieder von Marek, kotz, an und tapste dann vom Bad in das gegenüberliegende Zimmer. Da es bereits dunkel im Raum war arbeitete ich mich blind vorwärts und fluchte dann leise, als ich mit dem kleinen Zeh gegen die Couch stieß. Schnell kletterte ich darauf, ließ mich in die weichen Kissen sinken und deckte mich mit der Decke zu. Wohlige Wärme umfing mich und erleichtert seufzte ich.

„Tut mir leid, das vorhin im Auto. Das war nicht fair", hörte ich ihn plötzlich flüstern und ich überlegte kurz so zu tun, als würde ich schon schlafen, doch ich entschied mich dagegen. „Schon okay", gähnte ich und schloß meine schweren Augen.
Immerhin hatte er sich entschuldigt, das war noch nie vorgekommen!

„Meine Familie mag dich", gab er dann leise zu und ich grinste. Fast hätte ich sarkastisch erwidert, dass man mich auch einfach mögen muss, doch sagte ich stattdessen: „Ich mag sie auch", und ich wusste nicht, wieso ich das tat.

„Das mit deiner Schwester tut mir leid. Sie sah so traurig aus, als du gegangen bist", stellte er fest und ich schluckte hart, da sich wieder der dumpfe Schmerz in der Brust ausbreitete. „Ja", flüsterte ich nur leise und versuchte meine Stimme gleichgültig klingen zu lassen, was mir jedoch nicht wirklich gelang. „Holst du sie zu dir, wenn du mit der Schule fertig bist?", bohrte er nun weiter und in mir wehrte sich alles ihm zu antworten, doch wie immer war mein Mund schneller: „Zu erst muss ich Geld verdienen".

Marek war kurz still und schien zu überlegen. „Ja, macht Sinn", murmelte er dann und schwieg dann wieder. Auch ich sagte nichts und lauschte in die Stille. Die Ruhe tat mir gut und ich merkte, wie ich langsam weg driftete.

„Auf der Party, Freitag vor einer Woche", flüsterte Marek und verwundert drehte ich meinen Kopf in die Richtung, in welcher ich ihn vermutete. Da es stockdunkel war, sah ich ihn nicht, doch konnte ich mir sein Gesicht gut vorstellen. Wahrscheinlich hatte er seine Augenbrauen etwas verzogen und seinen Mund gekräuselt, während seine grünen Augen blitzen.

„Was?", fragte ich verwirrt nach, da ich keine Ahnung hatte, wovon er sprach. „Da habe ich es gemerkt", fügte er hinzu, doch noch immer verstand ich es nicht. Desorientiert richtete ich mich auf und bohrte weiter: „Was meinst du?". Marek seufzte tief und, als ich dachte, dass er eingeschlafen war, hörte ich ihn aufstehen und zu mir tapsen.

Überrumpelt machte ich ihm Platz, in dem ich etwas nach hinten rutschte und nun, da er mir direkt gegenüber saß, erkannte ich die Umrisse seines Gesichts. Etwas verzweifelt packte er sich in die Haare und zog daran. „Marek, was soll das? Wovon redest du denn?", fragte ich nach und griff seine Hände, um ihn ruhig zu stellen.

„Ach, vergiss es", grummelte er nun und wollte schon wieder aufstehen, doch ich packte ihn fester am Handgelenk, um ihn daran zu hindern. „Meine Fresse, jetzt sag es doch einfach", meckerte ich ihn an und war seinem Gesicht so nah, dass ich seine Augen glitzern sah. Ich spürte, wie er nervös mit dem Fuß wackelte, dann, als wollte er die Wort ganz schnell los werden, kam aus ihm herausgeschoßen: „Ich glaube, ich bin bi".

Eine Weile sagte ich nichts, starte ihn einfach nur an und genoß die Wärme, die Mareks Körper ausstrahlte. „Du glaubst?", fragte ich vorsichtig nach, um ihn nicht zu verschrecken. Es war das erste mal, dass der Dunkelhaarige mir etwas anvertraute und irgendwie fühlte ich mich richtig gut dabei. „Ja, ich glaube es, ich bin mir halt nicht sicher. Mich machen Frauen immer noch an, aber...", begann er stockend und mied meinen Blick.

„Aber?", forderte ich ihn auf weiter zu erzählen, doch Marek biss sich auf die Lippen, als wollte er sich daran hintern. „Ich hab doch was gut bei dir, oder?", erkundigte er sich plötzlich bei mir und überrumpelt zog ich meine Augenbrauen hoch.
Wie seltsam war das eigentlich hier alles?! Marek und ich, zusammen auf dem Sofa, reden darüber ob er vielleicht bi war, aber vielleicht auch nicht, dabei hatte er mir gedroht, mich in der Schule zu outen... Wie passte das denn alles zusammen?!

„Ähm, ja, denke schon", murmelte ich gedankenverloren, da ich nicht weg reden konnte, dass er mir immerhin das Leben gerettet hatte. Auch, wenn ich das niemals zugeben würde, war ich ihm verdammt viel schuldig...

„Gut", flüsterte Marek nun. „Wehe du erzählst jemandem davon".

Als ich ihn fragen wollte, was er denn damit meinte, spürte ich warme Hände, die sich um mein Gesicht schloßen und unglaublich weiche Lippen, die auf meinen lagen.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt