| Chapter Sixty-Two |

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Am nächsten Tag würde ich mich am liebsten selbst töten.
Langsam und vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen.
Ich hatte kaum geschlafen, lag die ganze Nacht wach und hatte nachgedacht.
Marek hatte zwar noch ein paar SMSn geschrieben, ob ich nicht lieber bei ihm schlafen wollte, falls Ben zurück kommen sollte, aber ich hatte so kurz und knapp wie möglich geantwortet:
.

Ich wusste, dass ich eine Zicke war und das sollte er ruhig spüren.
Zwar hatte ich tatsächlich Angst, dass Ben wieder da sein könnte, doch endlich hatte ich mal ein bisschen Glück gehabt.
Er und Karina blieben verschollen.
Ich hoffte, dass sie nicht mehr auftauchen würden...
Einfach nie wieder.
Natürlich war es gemein von mir, so über meine Mutter zu denken, doch es war mir einerlei.
Sie war mir mitlerweile einfach egal.

Lange hatte ich mit mir gerungen und meine Gedanken hin und her gedreht.
Natürlich hatte ich beschlossen nicht auf den Deal einzugehen und doch hatte mein Körper anderes im Sinn.
Immerhin war ich gerade auf dem Weg zu seiner Wohnung...

Immer wieder spielte ich mit den Gedanken mich einfach vor das nächste vorbeifahrende Auto zu werfen, doch das machte keinen Sinn.
Ich musste mich um Sienna kümmern, dafür war ich nunmal da und so ein blöder Typ würde mich ganz sicher nicht davon anhalten!
Trotzdem machten mich diese Gedanken nervös und unsicher kehrte ich ein paar mal doch wieder um, nur um dann doch wieder in die Richtung der Wohnung zu laufen.

Ich hasste mich.
Bei Gott, ich hasste mich so sehr dafür!
Ich wünschte, ich könnte mich dagegen wehren, aber ich war meinen Sehnsüchten und meinem Verlangen hilflos ausgeliefert.
Meine Finger zuckten, als ich die Klingel betätigte und mein Herz rutschte mir in die Hose.
Ich sollte nicht hier sein..

„Hey Prinzessin", begrüßte mich ein leider gut aussehender Dunkelhaariger lässig, nachden er die Türe aufgemacht hatte und ich schluckte zornig, da er genau wusste, dass nur Chester mich so nenne durfte.
„Hallo Pedo", erwiderte ich aber jedoch nur, um ihm die Genugtuung nicht zu schenken. Marek zog die Augenbrauen hoch und winkte mich dann herein.

Unsicher tat ich wie geheißen und versuchte meine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Meine Finger verschränkte ich ineinander und blieb dann im Flur stehen. „Pedo?", hakte er nach und musterte mich dann von oben bis unten. Seine Blicke bereiteten mir Gänsehaut, aber ich tat so, als würde mich das alles kalt lassen. „Naja, stimmt ja, bei so einem Kleinkind", ergänzte er dann böse grinsend und ich lächelte nur falsch zurück. „Ok, alter Mann", schaffte ich es dann zu erwidern, als Marek voraus ging und mir mit einem Wink zu verstehen gab, ihm nach oben zu folgen. „Kannst auch Daddy sagen", folgte seine Stichelei und nun konnte ich mir ein Augenverdrehen nicht mehr verkneifen.
Das konnte er vergessen!

Mit unsicheren Schritten folgte ich Marek nach oben und musste dann schlucken, als der Dunkelhaarige die Türe hinter sich schloss, sich auf das Bett setze und mich zu sich winkte. „Komm her", grinste er und zeigte auf seinen Schoß. „Vergiss es", knurrte ich nur, schüttelte den Kopf und blieb stocksteif ihm Raum stehen.
Marek seufzte, setzte sich dann weiter in die Mitte von dem Bett und klopfte dann auf die Stelle neben sich. Gleichzeitig packte er sich die Fernbedienung und schaltete seinen riesigen TV ein.
Mit großen Augen beobachtete ich ihn dabei und wusste nicht, was ich tun oder sagen sollte.
Was hatte er denn jetzt vor?
Wollte er jetzt Pornos schauen?!

„Jetzt komm her", wiederholte er und holte zwei Kontroller aus seinem Nachttisch.
Völlig perplex ging ich langsam zu ihm und ließ mich dann vorsichtig neben ihm nieder.
Sofort drückte er mir einen der Kontroller in die Hand und fixierte den Bildschirm. „Kennst du das?", fragte er und immer noch total überfordert schaute ich auf den Fernseher. Dort hatte er ein Spiel gestartet und mit einem fragenden Blick wartete er meine Antwort ab.
Überfordert schüttelte ich nur den Kopf und wischte dann kurz meine schwitzigen Hände an meiner Hose ab.

„Ich zeigs dir", meinte er dann und tatsächlich begann er mir das Spiel zu erklären.
Verwirrt hörte ich ihm zu, verstand nichts, da ich kaum zuhörte, aber schaffte es trotzdem ihn beim ersten Spiel zu schlagen.
Wahrscheinlich hatte er mich gewinnen lassen, obwohl er es nicht hätte müssen, denn ich hatte gelogen, als er gefragt hatte, ob ich es kenne.
Schon wieder fuhren meine Gefühle und mein Kopf Achterbahn.
Wieso war er jetzt wieder so nett?!
Ich werde diesen Jungen wohl nie verstehen...

Mit der Zeit entspannte ich mich und hatte sogar richtig Spaß dabei Marek abzuzocken. Ich kannte das Spiel von Chester, weshalb ich wirklich gut darin war und es machte mich richtig glücklich zu sehen, wie Marek begann an sich selbst zu zweifeln.
Am Anfang hielt er sich zurück, doch je öfter er verlierte, desto aggressiver wurde er, doch das war mir egal.
Ihn immer wieder verlieren zu sehen tat mir einfach so unglaublich gut, dass ich irgendwann nur noch grinsend neben ihn lag, ab und zu die Arme hinter meinen Kopf legte und mich tatsächlich wohl fühlte.
Obwohl es Marek war.
Seltsam.

„Sag mal... Kann es sein, dass du das Spiel doch schon kanntest?", fiel es ihm dann, nach dem zwanzigsten mal, dass er verloren hatte, auf und funkelte mich etwas sauer von der Seite an.
„Nö", erwiderte ich grinsend und genoss seine Wut so richtig.
Marek biss seine Kiefer zusammen und knurrte dann leicht, bis er sich wieder dem Fernseher zuwendete.
Nachdem er wieder verloren hatte schaltete er den Fernsehr ab und entzog mir den Kontroller.
Bevor ich hätte reagieren können, saß der Dunkelhaarige auf mir und fixierte mich auf dem Bett.

„Du bist so ein Lügner, Quinn!", rief er und begann wieder mit seinem Angriff.
Er kitzelte mich am Bauch und unter meinen Achseln und verweifelt versuchte ich ihn abzuwehren.
Bald konnte ich nicht mehr, bekam kaum noch Luft vor lauter Lachen und hatte unglaubliche Bauchschmerzen, doch je mehr ich bettelte, dass er aufhören soll, desto schlimmer wurde er.
Tränen liefen mir aus den Augenwinkeln und ließen meine Sicht verschwimmen, trotzdem sah ich sein großes Grinsen vor mir.

Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit ließ er von mir ab und setzte sich wieder neben mich auf das Bett. Völlig fertig blieb ich einfach liegen, schnappte nach Luft und hielt mir den schmerzenden Bauch.
„Das passiert jetzt jedes Mal, wenn du lügst, also überleg es dir in Zukunft lieber zwei mal", grinste er und beleidigt schlug ich ihm leicht gegen die Schulter.
Eine Weile lagen wir noch schweigend nebeneinander, während wir beide versuchten unseren Herzschlag und unsere Atmung zu beruhigen.
Dann unterbrach er die Stille.

„Also... Steht der Deal?", fragte er und drehte seinen Kopf zu mir.
Kurz versank ich in seinem glänzenden Dunkelgrün, konnte mich aber doch noch vor dem Ertrinken retten.
Genervt verdrehte ich meine Augen und sah dann an die Decke.

Ja.
Nein!
Vielleicht?
Ich wusste es nicht.
Ich wusste gar nichts mehr.
Hasste ich ihn?

„Ich weiß nicht... Für dich ist das vielleicht keine große Sache mehr, weil es nicht dein erstes mal wäre-", begann ich zu erläutern und wusste gar nicht wieso ich so ehrlich war, doch wurde ich von Marek unterbrochen.
„Also, für mich wäre es auch das erste mal so", verbesserte er mich und ich starrte einfach weiter an die Decke, da ich mich nicht traute, ihm in die Augen zu sehen.
„Aber... Du weißt wie ich das meine! Ich will das nicht mit einem Fremden haben...", gab ich zu und hörte ihn leise kichern. Verwirrt drehte ich meinen Kopf wieder zu ihm zurück.

„Wir können uns ja erst kennen lernen", grinste er und steckte mich damit an. „Ja klar, und ich bin der Kaiser von China", antwortete ich, gespielt genervt und ich sah, wie Marek in die Hände klatschte. „Na siehst du, und schon hab ich wieder etwas neues über dich gelernt. Aber du meintest bestimmt Prinzessin von China, oder?", fragte er nach und bekam sein doofes Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht. Eingeschnappt schlug ich ihm gegen seine Brust und unterdrückte mein Lachen.
So ein Arsch.

„Okay, also. Wie wär das: Wir machen Zeiten aus. Fünfzehn Minuten machen wir rum und Fünfzehn Minuten halten wir eine kleine Fragenrunde. Dann ist was für mich und für dich dabei. Was hältst du davon?", brachte er seinen Einfall ein und zog fragend die Augenbrauen nach oben.

Verlegen wand ich mich wieder kurz ab und sah an die Decke.
Du denkst da aber nicht ernsthaft gerade darüber nach, Quinn?!
Shit...
Das war eine blöde Idee!
Von wegen kennen lernen.
Ich kannte ihn doch!
Zu gut!
Leider...
Auch, wenn er in letzter Zeit andere Seiten von sich gezeigt hatte.
Nein.
Davon sollte ich mich nicht beeindrucken lassen!
Aber...

„Okay. Deal".

Fragile - Falling like the stars || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt