| Chapter Sixty-Six |

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„Kannst du es etwa nicht erwarten mich zu sehen?", öffnete er mir grinsend die Türe, doch sein Lachen fiel, als er mein verheultes Gesicht sah. „Was ist passiert?", fragte er sofort nach und musterte mich besorgt.
„Kann ich rein kommen? Ich weiß nicht, wo ich sonst hin soll...", murmelte ich beschämt und mit zittriger Stimme, woraufhin Marek mich am Arm packte und mich in die warme Wohnung zog. „Du bist ja eiskalt! Was ist passiert?", wiederholte er die Frage und zog mich mit sich.

Ich hatte Dad alles erzählt.
Alles.
All meine Gedanken, alle Gefühle, einfach alles.
Ich wusste nicht, wie lange ich dort gesessen und mit dem Bild gesprochen hatte, aber, als es langsam wieder dunkler wurde, hatte ich mich entscheiden müssen: Die Nacht draußen, in der Kälte, verbringen, oder...

„Hier", sagte der Dunkelhaarige, drückte mich auf das Sofa und legte mir eine Decke um die Schultern.
Sofort wurde mir wärmer, doch bis meine eingefrorenen Glieder auftauen würden, musste noch einige Zeit vergehen.
Ich kuschelte mich noch enger in die Decke, zog meine Beine an und legte meine Kopf darauf ab. Mareks Duft schoß mir in die Nase und unbehaglich schloß ich meine Augen.

Noch immer zitterte mein ganzer Körper, mir war weiterhin eiskalt.
Da ich immernoch nicht redete, hörte ich Marek seufzen, als er sich neben mich setzte.
Er wartete geduldig, während ich weiter vor mich hin schlotterte.
Es klappte nicht, mir wurde einfach nicht wärmer. Das Schneechoas in meinem Kopf hinderte meine Körper am Auftauen.

Erschrocken zuckte ich zusammen, als ich eine Hand spürte und im nächsten Moment fand ich mich in seinen Armen wieder.
Zuerst verkrampft ich mich.
Seine Nähe war mir zu viel, sein Duft zu intensiven, sein Herzschlag zu laut.
Seine Arme lagen um meinen zitternden Körper und mein Kopf lag an seiner Brust.
Dann, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, entspannte ich mich, ließ mich darauf ein und fühlte, wie seine erlösende Wärme auf mich über floß.
Meine Glieder entspannten sich, der Schneesturm in meinem Kopf legte sich und ich atmete tief durch.

„Als ich gestern nach Hause kam, war noch alles gut. Ich war allein und wollte einfach nur noch schnell duschen, bevor ich schlafen gehen wollte", begann ich stockend zu erzählen, während Marek mich noch fester an sich drückte.
Seltsame Gefühle vermischten sich mit der Wärme und mein Bauch fühlte sich an, als hätte ich Alkohol getrunken, so heiß wurde es mir.
„Aber, als ich aus dem Bad kam, stand Ben plötzlich vor mir", gestand ich dann und wusste nicht so recht, was ich weiter sagen sollte. „Ben? Dieser Schlägerfreund von deiner Mutter?", fragte der Dunkelhaarige nach und so gut es ging nickte ich an seiner Brust.

Erschrocken keuchte ich auf, als er mich plötzlich an den Schultern packte und von sich weg drückte. Mit einem intensiven Blick, welcher meine Haut zum Kribbeln brachte, betrachtete er mich musternd und schien nach etwas zu suchen. „Hat er dir was getan?", bohrte er nach und seine Augen blitzen dabei wütend. Schnell schüttelte ich den Kopf und vermisste seine Wärme. „Nein, ich bin zurück ins Bad gelaufen und hab mich dort dann eingeschlossen. In der Nacht hab ich es dann geschafft abzuhauen", beendete ich meine Erzählung und beobachtete Marek dabei, wie er seinen Mund fest zusammen presste, als müsste er sich beherrschen.

„Und wo warst du jetzt den ganzen Tag?", stellte er noch die Nachfrage und zog die Augenbrauen zusammen.
Nun hatte er einen ziemlich verkniffenen Gesichtsausdruck und wäre das gerade keine ernste Situation, würde ich darüber lachen.
„Bei meinem Vater", gab ich leise zu und zog die dünne Decke etwas enger um meine Schultern. „Bei deinem Vater? Aber... Aber ich dachte, der ist... Oh. Achso", war Mareks Mund schneller, als sein Kopf und etwas eingeschüchtert zog er kurz die Schultern hoch.
Ob er an seine Mutter dachte?

Kurz war es einfach nur still, bis der Dunkelhaarige aufstand, in die Küche lief und dort herum hantierte.
Schlechte Erinnerungen befielen mich, während ich den Eingang der Küche betrachtete und eine unangenehme Gänsehaut breitete sich aus.
Da hatte mehr oder weniger alles begonnen...

Nach einigen Minuten kam Marek zurück und drückte mir eine heiße Tasse in die Hand, von welcher ein leckerer Geruch ausging. Überrascht nahm ich diese entgegen und wärmte meine Finger daran. Vorsichtig nippte ich an dem Tee und lächelte ihn dann kurz dankbar an.
„Zu deiner Information, du kannst immer her kommen und bei mir pennen, das macht mir wirklich nichts aus. Ich weiß nicht... Es ist schon spät und du bist bestimmt müde. Willst du lieber hier auf dem Sofa schlafen oder oben?", fragte er nach und perplex hob ich den Blick von der Tasse zu ihm und sah ihn kurz einfach nur an.
Wo war das Arschloch hin?
Wieso war er jetzt wieder so nett?!

„Dankeschön", murmelte ich und sah wieder zu dem Tee. „Ich würde hier bleiben, wenn es okay ist".
Er ließ sich wieder neben mich fallen. „Klar ist das okay. Wie lange willst du bleiben?", erwiderte er und sah mich dann von der Seite an. Seine Haare lagen ihm etwas verstuppelt auf dem Kopf, sodass ich sie ihm gerne richten würde, doch natürlich tat ich das nicht.
„Bis morgen... Dann könnte ich zu Chester", gab ich zu und sah, wie er seine Augenbrauen kurz zusammen zog. „Du kannst ruhig länger bleiben. Solang du willst", lächelte er leicht und ich erwiderte es verunsichert.
Dieser Typ war wirklich undurchschaubar...
War das vielleicht alles Taktik?
Was, wenn er mich so einfach nur herum kriegen wollte?!

„Dann... Lass ich dich mal in Ruhe pennen. Sag einfach Bescheid, wenn du etwas brauchst", sagte er zu mir und machte sich dann auf den Weg nach oben. „Gute Nacht".
Ich sah ihm nach und wusste nicht, was ich fühlen oder denken sollte.
„Danke. Gute Nacht", rief ich ihm nach und ging dann zum Lichtschalter, um diesen zu betätigen.
Es wurde dunkel und vorsichtig tastete ich mich zurück zu der Couch, ließ mich darauf fallen und zog die Decke enger um mich.

Sofort bereute ich es nicht mit nach oben gegangen zu sein.
Es war hart, unbequem und verdammt unheimlich.
Das Zimmer war groß, durch die Fenster fielen immer wieder Lichtstrahlen von vorbeifahrenden Autos, wodurch angsteinflößende Fratzen an den Wänden tanzten.
Panisch kniff ich meine Augen zusammen und versuchte meine Angst unter Kontrolle zu bekommen.
Seit wann war ich so ein Schisser?!

Immer, wenn ich meine Augen schloss, sah ich sein Gesicht vor mir und seine Faust. Dann sah ich ihn, wie er auf mich einprügelte. Hinzu kamen zwei weitere, die mitmachten und vor meinem inneren Auge sah ich mich selbst, Blut überströmt, heulend, dann tot.
Immer wieder riss ich die Augen auf, wenn ich aus meinen unruhigen Träumen erwachte und mitlerweile war ich schon ganz verschwitzt.

Ich verstand nicht, was los war.
Klar war es normal Angst davor zu haben, aber so schlimm?
Was war nur los mit mir?!

Meine Gedanken rasten in meinem Kopf und kurzerhand stand ich einfach auf und tapste zur Treppe.
Leise schlich ich hinauf und blieb dann vor der Zimmertüre stehen.
Sollte ich das wirklich tun?
Welche Signale sandte ich dadurch?

Egal.
Ich wollte nicht alleine da unten liegen.
Waren wir jetzt nicht eh Freunde?
Dann war das doch normal, dass ich zu ihm wollte, wenn ich mich so fühlte, oder nicht?

Vorsichtig öffnete ich die Türe und linste in das dunkle Zimmer.
„Marek? Bist du wach?", fragte ich leise und trat dann ein.
Geräuschlos ging ich weiter in den Raum, nachdem ich die Türe hinter mir geschlossen hatte und tapste an das große Bett.
Da war doch genug Platz, um sich nicht in die Quere zu kommen, dachte ich, als ich mich behutsam neben ihm nieder ließ und die Decke, die ich mitgenommen hatte, wieder enger um mich zog.

Mir war kalt, doch ich traute mich nicht, mich näher zu ihm zu drehen. Ich wollte ihn nicht wecken.
Sein Atem ging tief und stetig und ich bemerkte, wie mich das immer weiter beruhigte.
Mein Atem passte ich an seinen an und entspannt schloss ich dann die Augen.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt