| Chapter One-Hundred-Twelve |

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Lesenacht (3/7)
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Ich fühlte mich leer, doch ich versuchte nicht zu oft an ihn zu denken.
Marek hatte sich gegen mich entschieden und ich hatte das zu akzeptieren.

Am Abend lag ich in Chester Bett, während wir was zockten.
„Hey, man. Was ist los?".

„Ich hab Marek heute getroffen", begann ich ohne umschweife und sah Schock in den grauen Augen meines Gegenübers.
„Warte, was?!".

Ich erzählte meinem besten Freund von meinem Erlebnis und beobachtete Ches dabei, wie er nach meiner Erzählung sauer aufsprang und hin und her lief. „Ist das sein Ernst?! Wenn ich den in die Finger bekomme...", knurrte er wütend und strich sich die Harre aus dem Gesicht, die immer noch viel zu lange waren.
Mit zitternden Fingern zog ich ihn wieder zurück aufs Bett und drückte ihm die Spielkonsole in die Hand. „Vergiss es einfach, Ches. Das Thema ist durch. Ist wahrscheinlich besser so".

Mein Bruder seufzte, aber gab sich geschlagen.
Ich hoffte, ich konnte das auch so schnell akzeptieren, wie er...

Es kam und ging in Schüben.
Mal ging es mir wirklich gut.
Ich war froh am Leben zu sein, ich liebte es.

Dann gab es auch dunkle Zeiten, in denen ich wünschte, dass das Wasser mir das Leben genommen hätte.
Wo ich mir wünschte, einfach in ein Loch zu fallen und zu verschwinden.

Es war seltsam.
Alles ging einfach weiter.
Die Welt drehte sich ganz normal, als wäre nie etwas gewesen, dabei müsste sie doch mittlerweile explodieren vor Kummer.

Chester war in seiner Prüfungsphase und ich schaffte es weiterhin mich vor der Schule zu drücken.
Was ich meiner Therapeutin Frau Walter zu verdanken hatte.
Ich würde wohl erst zum neuen Schuljahr wieder in diese Hölle müssen.
Keine Ahnung wie ich das mit den verpassten Prüfungen machen sollte, doch aktuell war es mir auch egal.

Ich hatte genug damit zutun mich am Leben zu halten.

Für Nana waren es bereits Sommerferien, sodass wir, zusammen mit Basti, ans Meer fuhren. 
Die Ostsee beruhigte meine stürmischen Gedanken und je mehr Zeit ich damit verbrachte mit Nana zu baden, desto mehr vergaß ich den Sprung von der Brücke.
Mein inneres Kind war glücklich einfach mal Kind sein zu dürfen.

Basti erzählte mir, dass Karina verschwunden war und ihr Freund Benni festgenommen wurde. Weshalb wusste er auch nicht. Er meinte nur, dass Benni das bekommen hatte, was er verdiente. Was auch immer er meinte.
Da ich täglich mit meinen Freunden schrieb erfuhr ich von ihnen, dass Benni nicht nur festgenommen, sondern vorher sogar verprügelt wurde und nun im Knast war.

Ich erinnerte mich daran, welch eine große Angst ich immer vor diesem Arsch hatte und konnte nicht anders, als mich darüber zu freuen.
Basti hatte Recht. Benni hatte das bekommen, was er verdient hatte.
Der Urlaub schweißte uns zusammen und machte uns zu einer richtigen, kleinen Familie.

Ich war froh endlich mit Siennas Vater klar zu kommen, denn das bedeutete, dass ich sie endlich öfter sehen werde.
Mindestens einmal im Monat, so hatten wir uns geeinigt.

Mein Leben war eigentlich ganz okay und trotzdem war ich einfach nicht zufrieden.
Irgendeine Unruhe herrschte weiter in mir und mit nichts und niemanden konnte ich diese beseitigen.

Nach zwei erholsamen Wochen an der Ostsee fuhren wir wieder zurück.
Sienna und ich verabschiedeten uns, hielten uns ganz fest.
„Bis bald, Nana", meinte ich zu ihr und zwinkerte ihr zu, als sie die Türe von Basis Auto öffnete, um sich wieder hinein zusetzen. „Bis dann, Quinny. Hab dich lieb!", lächelte sie, schloss die Türe und ich winkte dem Auto nach, bis ich es nicht mehr sehen konnte.
„Ich dich auch".

Den Abend verbrachte ich mit Ana, Erik und Ches, während mir mein Bruder von den Abiturprüfungen erzählte und wie schrecklich alles war, nur um damit zu enden, dass er mit einer 2,3 abgeschlossen hatte.
Wir feierten das mit ein paar Flaschen Bier und einem Marvel Film, den wir uns an seinem großen Flachbildschirm ansahen.

Leicht angetrunken sah ich Iron Man dabei zu, wie er in seinem Anzug davon flog, um die Welt zu retten, während mein bester Freund neben mir bereits laut schnarchte.

Vielleicht war das Leben doch gar nicht so doof, wie gedacht.

Am nächsten Tag bereute ich diesen Gedanken schon wieder, war ich doch viel zu aufgeregt.
Der Abi-Ball stand an und Chester bestand darauf mich als seine „Begleitung" mitzubringen.
Den ganzen Tag versuchte ich mich schon dagegen zu wehren, doch er ließ einfach nicht locker und redete auf mich ein.

Ich wollte nicht in diese Schule.
Nicht mal nur zum Spaß haben.
Was man da ja normalerweise eh nicht hatte.

Kacke verdammte... 

Meine Freunde würden an der Cocktail-Bar arbeiten, wobei sie gar nicht wussten, dass ich schon wieder zurück war. Planmäßig wollte ich sie übermorgen überraschen, doch Chester dachte es sei eine gute Idee mich mitzuschleppen.
Ich dagegen empfand es als eine schlechte.
Eine verdammt schlechte sogar, denn...

Ach, keine Ahnung.
Die werden doch alle über mich lachen!
Mich beleidigen.
Mich verprügeln.
Ich kann das nicht.
Und...

Ich konnte ihn nicht sehen.
Es ging einfach nicht.
Das würde mein Herz nicht verkraften.

„Und? Bist du bereit?". Chester grinste mich breit an, während er sich seinen Konten an der Krawatte richtete und sich selbst im Spiegel betrachtete. Sein dunkelroter Anzug mit dem schwarzen Hemd stand ihm unglaublich gut und ich musste zugeben, dass seine Haare nun so zurückgegelt die perfekte Länge hatten. Seine grauen Augen glitzerten mich durch den Spiegel hinweg an, die Vorfreude sprach Bände.

Ich seufzte und faltete meinen dunkelgrünen Anzug an den Armen zurück. Er war tatsächlich sehr bequem, doch gefiel mir die Farbe einfach nicht.
Ich hasste Grün.

Trotzdem stand er mir.
Ana hatte mir meine Locken etwas nach hinten gegelt und irgendwie war ich mit dem Ergebnis nun doch ganz zufrieden.
Wäre ich nicht so verdammt aufgeregt, könnte ich mich sogar eigentlich ganz wohl fühlen.

„Nein", antwortete ich meinem besten Freund auf seine Frage und sah, wie dieser die Augenbrauen zusammen zog und sich zu mir drehte. „Ich pass auf dich auf. Versprochen. Jetzt kann ich es noch, nächstes Jahr nicht mehr, verstehst du? Ich verprügle jeden, der dich auch nur dumm anschaut. Versprochen. Indianerschwur", meinte er während er seinen kleinen Finger mit meinem verhakte und mich dann spitzbübisch anlächelte.

Er hatte Recht.
Ich sollte das alles endlich hinter mich bringen und lieber mit ihm an meiner Seite.
Mein Magen krampfte sich jedoch vor Angst zusammen.
„Lass uns feiern gehen", meinte ich zu Ches und versuchte sein Grinsen zu erwidern.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt