| Chapter Forthy-Two |

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Angst ströhmte in meine Glieder, füllte meinen ganzen Körper aus und mir wurde eiskalt, als hätte man mir einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf gekippt.
Wie konnte ich das zulassen?
Wie konnte ich mich auf all das hier nur einlassen?!
Hatte ich etwa schon vergessen, wie gefährlich Marek war?
Hatte ich ernsthaft wegen ein paar Küsschen vergessen, wie gemein und aggressiv dieser Typ war?!
Scheiße, ich war so naiv!

Panisch starrte ich Marek ins Gesicht, während dieser mich fast teuflisch angrinste und vor meinem inneren Auge sah ich all seine Attacken vor mir aufblitzen.
Als er mir das Essen, was mir Chesters Mom gemacht hatte, weggenommen hatte.
Als er mich vor drei Jahren fast im Klo ertränkt hatte.
Als er meinen Lieblingspulli angezündet hatte.
Als er mir brutal in den Bauch geboxt hatte, weil ich im Sportunterricht mal ein kleines bisschen besser war, als er.
Seine blöden Bemerkungen über mein Aussehen, meine Armut, einfach alles, was mich tief getroffen hatte und ich heimlich Zuhause deswegen geweint hatte.

Ich hasste ihn.
Ich hasste ihn mit jeder Zelle meines Körpers.
Ich hasste ihn aus vollstem Herzen.

Vor meinen Augen wurde es schwarz, so sehr steigerte ich mich in dieses Gefühl hinein und keuchte dann überrascht auf, als Marek seine Drohung war machte.
Schnaufend versuchte ich mich zu wehren, aber ich hatte keinen Chance.

Mit einer Hand umklammerte er weiter meine Arme, meine Füße hatte er mit seinen fixiert und mit seiner freien Hand folterte er mich, als er mich damit zu kitzeln begann.
Zuerst unter den Achseln, dann am Bauch.
Ich lachte und schrie und weinte und zappelte und schnappte nach Luft, bis ich nicht mehr konnte.

„Stopp, bitte!", brachte ich zwischen zwei zittrigen Atemzügen heraus und versuchte mich weiter zu befreien, ohne Erfolg. „Sag ihn mir", kam es nur von Marek, während er mich weiter folterte.
„Jamie! Ich heiße Jamie!", japste ich verzweifelt nach Luft und stellte dann erleichtert fest, dass Marek lachend von mir abließ.

„Geht doch", sagte er selbstzufrieden, stieg von mir runter und blieb an der Kante der großen Schlafcouch sitzen. „Warum nicht gleich so?", grinste er mich von oben herab an, während ich versuchte mich von dem Angriff zu erholen. Mein Herz schlug viel zu schnell, mein Atem ging stockend und mein ganzer Oberkörper kribbelte noch immer, als würden tausende Ameisen darüber laufen.
„Arschloch", knurrte ich ihn an und ließ den Ärger weiter wüten, während ich alles andere verdrängte.

Verstohlen linste ich zu meiner Hose und winkelte dann meine Beine etwas an, um alles zu verstecken.
Peinlich, Quinn.
Du bist so unglaublich peinlich!

„Quintus Jamie Dekker, du solltest echt mal auf deine Manieren achten", feixte Marek und war sich keiner Schuld bewusst, während er sich durch seine Haare fuhr.
Als er meinen vollen Namen sagte, zuckte ich etwas zusammen, sodass er fragend die Augenbrauen hoch zog.

Ich hasste ihn.
Und ich hasste es, dass er meinen Namen kannte.
Den Namen, mit dem mich Karina immer ansprach, wenn es Ärger gab.
Ich hasste es.
Und ich hasste es, dass es mir gefiel, wie er ihn sagte.
Scheiße.
Verdammte...

„Marinek Yves Pawlow, und du solltest mal duschen. Du stinkst", erwiderte ich, da mir nichts bessers einfiel und natürlich war es gelogen. Marek roch hervorragend, nach Zimt und Wald und nach...

„Nur, wenn du mit kommst, Quintus Jamie Dekker", grinste er und ich versuchte meinen genervten Gesichtsausdruck beizubehalten, während es in mein Schoß verlangend pochte.
Verräter.

„Träum weiter, Marinek Yves Pawlow", knurrte ich gespielt sauer und keuchte dann auf, als Marek sich zu mir runter lehnte und seine Lippen auf meine drückte.
Kurz war mein Körper wie gelähmt und Glücksgefühle durchströmten mich.
Dann sah ich die Bilder wieder.

Marek, wie er meinen Kopf runter zur Toilette drückte und mich, wie ich weinte und flehte, dass er aufhörte. Sein Lachen und das Lachen der anderen klingelten in meinen Ohren und mir wurde schlecht.
Wütend drückte ich ihn von mir weg und richtete mich auf, sodass wir nun auf gleicher Höhe waren.

„Lass das!", wehrte ich mich und versuchte die guten Gefühle, die noch von seinem Kuss da waren, zu töten. Ich verfolgte sie mit Messern und rammte jedem einzelnen von ihnen dieses in den Rücken.
Zu erst der Freude, dann der Hoffnung.
Daraufhin der Lust und zum Schluss noch der Begierde.
Keinen davon ließ ich am Leben, jedem einzelnen sah ich beim sterben, beim erlöschen zu und erst danach traute ich mich wieder Marek anzusehen .

„Du bist so ein Spielverderber", murmelte der Dunkelhaarige und stand dann auf, um zu seinem Bett zu gehen. Erleichtert wollte ich schon aufatmen, doch er blieb plötzlich mitten im Zimmer stehen und drehte sich wieder zu mir um.

„Ich bin neugierig, wie es mit einem Mann ist", gestand er mir und sah mir offen ins Gesicht.
Ich bin ein schlechter Mörder, dachte ich, als all die Gefühle, die ich dachte getötet zu haben, wieder putzmunter in mir herum spazierten und Chaos und Unruhe in mir verbreiten. 
Scheiße.

„Ich bin doch kein Versuchskaninchen!", beschwerte ich mich bei ihm und verdrängte den Gedanken, dass es mir genauso ging, wie ihm, einfach ganz weit weg.
„Du bist ja auch kein Mann, sondern ein kleiner Junge", erwiderte Marek grinsend und setzte seinen Weg zum Bett fort.
Wütend und überfordert schnaufte ich aus und beschloß ihn einfach weiter zu ignorieren.
Blöder Arsch.

Nachdem in dem Zimmer einfach weiter Stille herrschte, während Marek auf seinem Handy herum tippte und ich mir unser Schuldbuch von seinem Schreibtisch stipizt hatte und ein paar Mathe Aufgaben im Kopf rechnete, wurden wir von Mareks Mutter nach unten zum Essen gerufen.

„Quinn, hat Marek dich schon gefragt?", begrüßte mich die dunkelhaarige Schönheit freundlich und überrascht zog ich die Augenbrauen nach oben.
Sie sah die Geste und präzisierte ihre Frage: „Ob du zu Weihnachten bei uns bleiben willst?".

Mein Herz stoppte.
Ja!, war mein erster Impuls zu rufen, da ich nicht alleine sein wollte, doch dann fiel mir ein, wessen Familie das war und, dass Marek mich nicht gefragt hatte, was nur eines bedeuten konnte: Er wollte nicht, dass ich blieb.

Ich konnte nicht verstehen warum, aber ein seltsames Stechen fuhr in meine Brust und die Luft wurde etwas dünner.
Er wollte es nicht.
Ich doch auch nicht, pha!
Der Typ konnte mich mal!

Fragile - Falling like the stars || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt