| Chapter Twenty|

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Eine Weile saß ich auf dem kalten Boden und versuchte mich zu beruhigen, versuchte zu verstehen, was  gerade passiert war.

Hatte Marek mich wirklich küssen wollen?! Quatsch, wieso sollte er das tun?
Was sollte die Frage, woher ich wusste, dass ich schwul war?
Der Typ verwirrte mich und ich verstand rein gar nichts mehr.

Plötzlich wurde mir der Raum zu klein, alles wurde mir zu viel. Ich sprang auf und fasste den Beschluss, das Haus zu verlassen. Zu lange hatte ich Ches Familie schon auf der Tasche gelegen, es reichte! Ich musste es endlich verdammt nochmal alleine schaffen!

Schnell sammelte ich mich, stand auf und lief ins Wohnzimmer zurück. „Konntet ihr euch aussprechen?", begrüßte mich Ana und überfordert nickte ich nur. „Ähm, ja. Ja, konnten wir. Ich muss mal schnell zu Ches", entschuldigte ich mich und lief schnellen Schrittes zum Zimmer meines besten Freundes, da ich es nicht schaffte, mich von den Zweien zu verabschieden. Am liebsten würde ich für immer hier bleiben...

„Ches?", öffnete ich vorsichtig die Türe und steckte meinen Kopf hinein. Ängstlich, die grünen Augen zu sehen, starrte ich nur auf den Boden und erklärte schnell: „Ich geh dann mal, danke dir. Bis Montag".

Ich wartete auf keine Antwort, sondern wollte die Türe direkt wieder schließen und gehen, als mich eine Hand packte und mich daran hinderte, indem sie mich zurück ins Zimmer zog. „Bist du verrückt, Quinn?!", meckerte Chester und schloß die Türe hinter mir. „Du kannst nicht nach Hause!". Überfordert starrte ich meinen besten Freund an und dann seine Freunde, die uns interessiert beobachteten.

Mein Gesicht färbte sich Dunkelrot vor Scham und ich hörte ihr doofes Gekicher, doch das war Ches egal.
„Probleme Zuhause, mit Mommy und Daddy?", lachte Karim laut und Chester funkelte ihn böse an.
Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, die Luft blieb mir weg und die Tränen, die aufkommen wollten, kämpfte ich erfolgreich zurück. „Halt's Maul, Karim", bluffte mein Freund ihn aggressiv an und seine Kumpels starrten ihn überrascht an.

Chester wand sich wieder zu mir. „Du bleibst hier, keine Widerrede", befahl er mir sauer und drückte mich erbarmungslos auf seinen Schreibtischstuhl.
Völlig perplex über Chesters Gefühlsausbruch ließ ich ihn gewähren und sank etwas tiefer in den bequemen Stuhl zurück.

Es herrschte völlige Stille und jeder starrte meinen besten Freund schockiert an, der schwer atmend neben mir stand. „Du spinnst doch echt, Quinn", murmelte er noch und stapfte zurück zu den anderen, um sich zu setzen. „Sicher, dass nicht du derjenige bist, der spinnt?", fragte ich ihn grinsend und drehte mich dann auf dem Stuhl zum Schreibtisch hin, sodass sie nur noch meinen Rücken sehen konnten.

Es war mir unglaublich peinlich, dass die Arschlöcher nun wussten, dass ich Zuhause Probleme hatte und es gefiel mir nicht, da ich wusste, dass sie es gegen mich verwenden werden, sobald Ches nicht mehr in der Nähe war, um mich zu beschützen.

Einerseits entspannte ich mich etwas, da ich nicht nach Hause musste und dort vielleicht Ben über den Weg gelaufen wäre, aber konnte ich den Grund, weshalb ich hier weg wollte, nicht vergessen...

„Ähm, ja...", begann Timba nach einer kurzen Gesprächspause und seine Stimme ließ meinen Herzschlag kurz flackern. „Sollen wir weiter machen?". Ich wusste, dass es sie verunsicherte, dass ich wieder im Raum war, weshalb ich schnell aufstand, mir die Kopfhörer und Ches Handy schnappte und zurück zum Schreibtisch ging. Dort steckte ich mir die AirPods in die Ohren, schaltete die Musik auf volle Lautstärke und griff nach einem Blatt und einem Stift, welche auf der Tischplatte lagen.

Gedankenverloren ließ ich die Bleistiftmine über das Papier wandern, ohne darüber nachzudenken, was ich tat. Als würden meine Gefühle und Gedanken direkt von meinem Herz und meinem Kopf in meine Finger wandern, von dort in den Stift und weiter auf das Blatt fließen. Zwar dachte ich darüber nach, worüber die Jungs wohl sprachen, dann kam ich jedoch zum Schluss, dass es mir egal war.
Ich konnte mir vorstellen, dass sie die Streiche planten, welche jede Klasse nach dem Abitur an der Schule spielte, doch zweifelte ich daran, dass sie wirklich etwas in ihrer Freizeit für die Schule tun würden.
Wie gesagt, es war mir egal.

Vor nicht allzu langer Zeit hatte es mich gestört, daran zu denken, dass mein bester Freund bald sein Abitur machen und dann nicht mehr auf meine Schule gehen würde, doch diese Gefühl ließ nach, da ich wusste, dass ich ihn eh bald verlieren werde...

Nach einiger Zeit, mein Bild war beinah fertig, tippte mich jemand an der Schulter an und erleichtert, endlich meine Ohren entlasten zu können, nahm ich mir die Kopfhörer aus den Ohren und steckte sie zurück in das Etui. „Sorry, Quinn", murmelte Chester mir zu und lehnte sich an seinen Schreibtisch, doch ich winkte ab. „Quatsch, alles gut", besänftigte ich ihn und er lächelte mir zu. „Tut mir leid, das alles. Später reden wir, ja? Komm, setzt dich zu uns", half er mir auf die Beine und zog mich mit sich zu seiner Sitzecke.

Mein Herz schlug schneller, als ich daran dachte, dass ich ihm heute wohl oder übel die Wahrheit sagen musste. Unbehaglich rutschte ich auf dem Sitzsack hin und her und vermied es, die anderen anzusehen. Zum Glück hatten die meisten von ihnen ihr Handy in der Hand und waren somit abgelenkt. Da ich mit meinem Tastenhandy nicht viel tun konnte, wusste ich nichts mit mir anzufangen.

„Hat jemand mein Handy gesehen?", fragte Marek und sah sich suchend um. Genervt verdrehte ich meine Augen. Wie konnte man ein 1.000-Euro-Handy verlieren?! „Ich würde dich ja anrufen, aber mein Akku ist leer", erklärte Chester und schuldbewusst murmelte ich eine leise Entschuldigung in seine Richtung. Die anderen sahen nicht von ihrem Display auf und ignorierten ihren Freund, schienen alle zu beschäftigt, um ihm zu helfen.

„Kann ich kurz dein Handy haben, Quinn?", fragte mich nun mein bester Freund und nickend griff ich in meine Hosentasche, um ihm das alte, kaputte Gerät entgegen zu halten. „Wow, ist das ein Oldtimer?", lachte Karim, als er es sah und auch die anderen bedachten mein Handy mit einem gehässigen Lachen. „Ja, ist zumindest loyaler, als du", erwiderte ich und beobachtete Chester dabei, wie er eine Nummer eintippte. Kurze Zeit später hörte man ein Piepsen und Marek wühlte zwischen den Sitzsäcken herum, bis er die Herkunft des Geräusches gefunden hatte. „Danke", sagte Chester zu mir und gab mir mein Handy zurück, welches ich schnell wieder in meine Tasche steckte. Die leise Musik im Hintergrund machte mich wieder etwas schläfrig und so schloß ich erneut die Augen.

„Wie kommst du eigentlich mit Frau Berger zurecht, Quinn?", hörte ich Timba irgendwann dann fragen und mein Atem beschleunigte sich sofort. „Ganz gut, eigentlich. Sie hat halt manchmal ihre Stimmungsschwankungen", gab ich gespielt gleichgültig zurück und öffnete meine Augen. Timbas Blick lag auf mir und nervös knetete ich meine Finger, um mich etwas zu beruhigen. „Ich hab gehört, sie benotet frei Schnauze, aber dich mag sie wohl ganz gerne. Wie hast du das angestellt?", bohrte er weiter und ich konnte nicht glauben, dass ich gerade ein normales Gespräch mit Timba führte.

Schon so lange hatte ich mir genau das gewünscht, doch jetzt fühlte es sich total seltsam und unspektakulär an. „Die Frage ist doch wohl ehr, wie man unseren Quincy hier nicht gern haben kann, oder?", mischte sich Karim ein und grinste mich an. Ich zwinkerte ihm zu und erwiderte: „Du hast es erfasst, Karileinchen".

Karim lachte, doch sah ich noch etwas anderes in seinen Augen blitzen:
Purer Hass.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt