Da es schon so spät war, entschied ich mich entgegen meines schlechten Gewissens in die Schule zu gehen und ließ mich von meinen Beinen zu dem heruntergekommenen Haus tragen.
Es war ein seltsames Gefühl davor zu stehen, an der Versade hochzublicken und zu wissen, dass ich schon eine Weile nicht mehr hier gewesen war.
Wieso und wo ich stattdessen war, versuchte ich zu verdrängen.Es sah noch hässlicher und abweisender aus, als ich es in Erinnerung hatte und ich sammelte all meinen Mut zusammen, bevor ich den alten Schlüssel in das Schloss steckte und die Türe mit Müh und Not aufschloss.
Der Geruch nach Tabak und altem Essen wehte mir entgegen und genervt ging ich die Stufen zu der Wohnung hinauf.
Auch dort schloss ich die Türe auf und blieb dann zunächst am Eingang stehen.Ich lauschte in die Stille, ignorierte den Gestank und das Chaos und hielt meinen Atem an.
Nichts.
Erleichtert stieß ich die Luft aus meinen Lungen und ging dann in mein Zimmer.
Alles sah noch genau so aus, wie ich es verlassen hatte.Ich stand vor meinem Bett, unschlüssig, was ich tun sollte.
Das hier war mein Zuhause, aber es fühlt sich nicht so an.Da war kein freudiges Kribbeln in meinem Magen, als ich die Türe aufgeschlossen hatte.
Da war kein entspanntes Aufatmen, wenn man sich wohl fühlte.
Da war kein Glücksgefühl, das man hatte, wenn man die Menschen sah, mit denen man das Zuhause teilte.
Die Menschen, die es überhaupt zu einem Zuhause machten.Ich spürte die Tränen in meinem Augen und schluckte hart.
Wieso musste immer alles schief laufen?
Gerade, als ich anfing, glücklich zu sein?
Hatte ich all das verdient?
Hatte ich etwas schlimmes getan?
Vielleicht in meinem vorherigen Leben?Die Hoffnung und das Selbstbewusstsein, welches mich noch bei Vaters Grab erfasst hatte, waren nun fast schon wieder aufgebraucht und müde legte ich mich auf mein Bett, nachdem ich meine Sachen auf den Boden hatte fallen lassen.
Müde und erschöpft streckte ich all meine Glieder von mir und starrte an die Decke.
Tausend Gedanken rasten durch meinen Kopf, gleichzeitig dachte ich an gar nichts.
Millionen Gefühle erfüllten mich, während ich gar nichts fühlte.
Alles war mir zu viel und doch war es zu wenig.Niedergeschlagen schloss ich meine Augen und wünschte mir, dass ich sie nie wieder aufmachen musste.
Erschrocken fuhr ich aus dem seltsamen Traum, als ein lautes Geräusch mein Trommelfell unangenehm zum Schwingen brachte.
Müde tasteten meine Finger neben mich und grummelnd drückte ich auf den grünen Hörer. „Hmh?".
„Quinn? Sag mal, du willst mich echt verarschen, oder?!", schrie mir eine Stimme aus dem Handy entgegen und erschrocken hielt ich es weg von meinem Ohr, in welchem es nun, aufgrund der Lautstärke, unangenehm klingte.
„Wo zum Teufel bist du?!".Stöhnend fuhr ich mir über das Gesicht und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Ja, wo war ich?
„Ches, bitte schrei doch nicht so", tadelte ich meinen besten Freund, konnte meine Freude über seinen Anruf jedoch nicht unterdrücken.
„Ich soll nicht schreien?! Ich schrei gleich mal, dann weißt du, wie sich das anhört, du Arsch!", knurrte er zurück und ich unterdrückte ein müdes Lächeln. „Du warst nicht in der Schule und bei Marek bist du auch nicht, also. Wo. Bist. Du?", wiederholte er nachdrücklich und betonte dabei jedes Wort.
Bei der Erwähnung dieses Namens zuckte ich zusammen und die Erinnerungen überfluteten mich.
Die gemeinsame Nacht.
Der Rausschmiss aus seinem Auto.
Das Grab meines Vaters.
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Fragile - Falling like the stars || boyxboy
Ficção AdolescenteSind wir nicht alle etwas kaputt? Etwas defekt? Etwas zerbrechlich? Gebrochen vom Leben, sodass wir irgendwie in diese Gesellschaft passen? Quinn hasst Marek. Marek hasst Quinn. Dabei sind sie sich gar nicht so unähnlich: Sie sind beide kaputt...