| Chapter Sixteen |

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„Scheiße, was ist denn mit dir passiert?!", begrüßte mich Lenny, mein Chef und Barbuddy und sah mir mit großen Augen entgegen, als ich Blut überströmt und mit einem dicken Augen bei der Aurora ankam. „Frag lieber nicht...", murmelte ich angeschlagen und ließ mich von ihm mitziehen.
Mit seinen fast fünfzig Jahren hatte Lennard Trevgar schon viel erlebt, weshalb er sofort wusste, was zutun war, und er zog mich mit sich, nach hinten.

Vorsichtig säuberte er mein Gesicht und mein Shirt, auf welchem man zum Glück nicht viel sah und drückte mir dann ein Kühlakku an mein geschwollenes, linkes Auge. Langsam strich er sich durch seine schon grauen Haare und bedachte mich mit einem langen Blick aus seinen wissenden, hellen Augen. Da ihm der Laden gehörte, sagte auch niemand etwas, als wir etwas später wieder hinter die Bar traten. Lenny wollte mich eigentlich nach Hause schicken, doch ich hatte mich vehement dagegen gewehrt. Ich brauchte das Geld und nach Hause zu gehen war wirklich das Letzte, was ich wollte.

Mit Schmerzen und nur einem Auge war es wirklich schwer konzentriert zu bleiben, doch ich riss mich zusammen und servierte jedem Gast brav sein Getränk. Der Club war recht voll und laut und mein Kopf dröhnte.

Noch immer konnte ich nicht glauben, was passiert war. Zwar wurde Ben mir gegenüber immer wieder mal handgreiflich, doch noch nie hatte er mir mehr getan, als ein paar blaue Flecken.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Anzeigen konnte ich den Arsch auch nicht, da es sonst das Jugendamt auf den Plan rufen würde und dann wäre ich schneller im Kinderheim, als ich Scheiße sagen könnte. Dann konnte ich mein Leben vergessen.
Nein, ich würde warten, bis ich volljährig war, danach konnte ich immer noch Rache üben.

Meine Wut drängte ich in die hinterste Ecke meines Gehirns und war froh, dass die Arbeit mich etwas ablenkte, auch wenn ich lieber in mein Bett gegangen wäre. „Quintus Jamie Dekker!", rief eine Stimme und überrascht drehte ich mich zu ihr um, als ich sie erkannte. „Na endlich, du blöder Wichser! Weißt du eigentlich, wie lange... Scheiße, was ist passiert?!", rief  Chester erschrocken, als er mein Gesicht erblickte und mein geschwollenes Auge sah. Sofort wurde ich nervös bei seinem Anblick und schüttelte nur den Kopf.

Schnell wollte ich mich von meinem Freund abwenden, um ihn einfach nicht zu beachten, als Ches um den Tresen herum ging und meine Schultern packte. „Verdammt noch mal, Quinn! Erst rennst du weg, dann erreicht man dich tagelang nicht. Weißt du eigentlich, wie oft ich vor deiner Haustüre stand und sowohl im Ricci's, als auch in der Aurora auf dich gewartet habe?! Und jetzt tauchst du hier mit einem riesigen Veilchen auf und willst mich ignorieren, ist das dein Ernst?!", brüllte er gegen die laute Musik an und verloren ließ ich die Schultern hängen.

„Wer war das?", fragte er nach und verunsichert gab ich nach. „Ben. Er war mal wieder voll und...", begann ich zu erzählen und Chester unterbrach mich sauer. „Ben?! Benjamin war das? Dem schlag ich seine blöde Fresse ein! Scheiße, Quinn, du musst den Typ anzeigen, sonst wirst du den niemals los", riet mir mein bester Freund, doch ich schüttelte qualvoll den Kopf. „Du weißt, dass ich das nicht kann. Die Polizei würde dann das Jugendamt informieren und du weißt, dass ich nicht in so ein dummes Kinderheim oder zu Adoptiveltern will", gab ich ihm zu bedenken und er nickte nachdenklich.

Nachdem er mich kurz besorgt beäugt hatte, sagte er: „Du schuldest mir einige Erklärungen, Quinn. Wann bist du hier fertig?". Verwundert zog ich meine Augenbrauen nach oben. „Um vier Uhr, ungefähr. Kommt drauf an, wie viel wir noch sauber machen müssen", beantwortete ich sein Frage überrascht und Ches nickte. „Okay. Ich hol dich um vier ab und dann kommst du mit zu mir und du brauchst jetzt gar nicht widersprechen! Du gehst ganz sicher nicht nach Hause, nicht solange der Typ da besoffen auf dich wartet. Bis später", sagte Chester zu mir, zog mich kurz in eine Umarmung und verließ dann die Bar. Überfordert und ängstlich sah ich ihm nach und wusste nicht, was ich denken oder fühlen sollte.

Einerseits war ich froh, nicht nach Hause und somit nicht zu Ben zurück zu müssen, jedoch machte sich in mir Panik breit, wenn ich daran dachte, dass ich Ches alles erklären musste. War ich dazu bereit? Würde er mich raus schmeißen, sobald er die Wahrheit wusste? Mein Kopf ratterte, mein Gesicht schmerzte und verzweifelt versuchte ich einfach nur meine Arbeit zu machen.

Ewig zog sich die Zeit, wie ein Kaugummi.
Als es dann doch schon vier Uhr war und wir bereits alles sauber gemacht hatten, begannen meine Finger erneut zu zittern. Chesters Auto parkte draußen, als ich die Bar verließ und müde ließ ich mich auf den Beifahrersitz sinken, nachdem ich eingestiegen war. „Hier", sagte mein bester Freund, reichte mir eine kleine, weiße Pille und zeigte auf eine Wasserflasche zu meinen Füßen.

„Danke", murmelte ich kraftlos, nahm die Schmerztablette und spülte sie mit dem Wasser herunter. Ängstlich und erschöpft schloß ich meine Augen und spürte, wie sich das Auto bewegte. „Möchtest du mir jetzt erzählen, was passiert ist?", fragte Ches nach und ich seufzte laut. „Ist es okay, wenn wir morgen darüber reden?", versuchte ich mich herauszureden und verschränkte meine Finger, die auf meinem Schoß lagen, ineinander. Chester warf mir einen kurzen Seitenblick zu, antwortete dann jedoch: „Ja, okay".

Erleichtert, fürs Erste noch mal davon gekommen zu sein, atmete ich auf und spürte, wie ich immer wieder erschöpft weg driftete. Leise lief der Radio und die Bewegungen des Wagens taten ihr übriges, sodass es nicht lange dauerte, bis ich eingeschlafen war.

Schlaftrunken öffnete ich die Augen, als ich hin und her geschaukelt wurde. Überrascht zog ich meine Augenbrauen hoch, als ich Ches grauen Augen begegneten, die mich von oben herab amüsiert anglitzerten. „Na, Prinzessin", kicherte er und zog mich näher an seine Brust. Lachend atmete ich die warme Luft aus meinen Lungen, als ich bemerkte, dass mein bester Freund mich in Brautstyle über die Schwelle der Türe trug. „Mein Prinz", murmelte ich sarkastisch und wurde im nächsten Moment hellwach, als mein Kopf gegen etwas hartes schlug.

„Ups, sorry!", gab Ches von sich und jammernd zappelte ich, damit er mich runter lässt. Murmelnd ließ er mich auf den Boden sinken und rieb über meine blonden Locken. „Du Arsch", wimmerte ich, während ich mir meinen Kopf hielt, welcher wie wild pochte. Leise lachend, da seine Eltern sicher schon schliefen, schloß Chester die Haustüre hinter sich zu und zog mich mit sich, zu seinem Zimmer.

Da ich früher viel Zeit in diesem großen Haus verbracht hatte, wusste ich genau wo ich lang musste und folgte meinem Freund die Treppen nach oben, den Gang entlang, bis zu seiner Zimmertüre. Schnell lief ich zu Ches großem Bett und ließ mich müde darauf sinken, während ich laut und erleichtert aufseufzte. Der Braunhaarige verschwand kurz und kehrte dann mit einem nassen Lappen, einem frischen Shirt und einem Kühlakku zurück.

Zu müde, um mich noch zu bewegen, blieb ich einfach auf dem Bauch liegen und ließ Chester tun, was er nicht lassen konnte: Mich zu bemuttern.
Vorsichtig drehte er mich auf den Rücken, während ich genervt ätzte. „Ja ja, Zicke", grinste mein bester Freund und ich schloß einfach wieder die Augen. Beinah liebevoll wusch er mir das Gesicht und den Hals mit dem nassen Lappen und presste dann die Kühlung vorsichtig auf das dicke Auge. Ein wohliger Laut entfuhr mir, als sich die Kälte auf meiner hitzigen Haut verteilte und ich hörte Chester kichern.

„Kannst du dich mal bisschen aufrichten und dir das frische Shirt anziehen? Hab kein Bock auf Blutflecken", bat er mich, sodass ich murrend meinen Oberkörper erhob und mir mein voll geblutetes Oberteil über den Kopf zog. Erst, als Chester erschrocken die Luft einzog öffnete ich meine Augen erneut und sah ihn fragend an.
Sein Blick lag auf meinem Oberkörper und verwirrt sah ich an mir herunter. Zuerst dachte ich, er meinte meine Rippen, welche deutlich hervor stachen, doch dann sah ich sie auch.

Einige tiefblaue bis grüne Flecken zierten meine Brust und verwirrt starrte ich sie an. Wie kamen die den da hin? Musste wohl bei Bens Angriff passiert sein, dachte ich nur und nahm dann Chester das frische Shirt aus der Hand, um es mir über den schmerzenden Kopf zu ziehen. Ches murmelte zwar etwas vor sich hin, als er ins Badezimmer verschwand, um sich selbst fertig zu machen, doch sprach er mich nicht mehr darauf an, worüber ich dankbar war.

Ich war jetzt wirklich zu müde, um noch zu reden und keine zwei Minuten, nachdem mein Freund das Licht ausgeschalten hatte und wir beide bequem in seinem großen Bett lagen, war ich auch schon wieder eingeschlafen.

Fragile - Falling like the stars || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt