Nachdem wir Mareks Mutter Bescheid gesagt hatten, hatten wir uns in sein Auto gesetzt und waren los gefahren.
Fröhlich pfiff ich bei den Liedern, die im Radio kamen, mit und ignorierte die Blicke, die mir der andere ab und zu zuwarf. Bestimmt kannte er mich so glücklich einfach nicht, hatte ich ja sonst auch keinen Grund dazu.
Meine Finger zuckten aufgeregt in meinem Schoß und es war mir sogar egal, mit Marek in einem Auto zu sitzen. Wir schwiegen einfach und die Landschaft flog uns vorüber, als Marek über die Autobahn bretterte.Erschrocken zuckte ich zusammen, als etwas klingelte. Verwirrt zog ich das alte Handy aus meiner Hosentasche und starrte auf den Display, auf dem man nur noch schwer etwas erkennen konnte. Als ich den Namen laß drückte ich schnell auf den grünen Hörer, um den Anruf anzunehmen.
„Hallo?", sagte ich in das Mikrophon, obwohl ich natürlich wusste, wer dran war.„Quinn? Wo bist du?", hörte ich Chesters Stimme und zog fragend die Augenbrauen nach oben. „Ich sitze in Mareks Auto, er nimmt mich doch mit zu Sienna", erinnerte ich meinen besten Freund und hörte dann einen lauten Seufzer von der anderen Seite. „Ach, stimmt ja. Sorry, hatte ich vergessen. Ich hatte schon Angst", gab Chester zu, woraufhin ich verwirrt ausatmete.
„Was meinst du?", erkundigte ich mich nervös und hoffte, dass er nichts von dem Angriff auf mich wusste. Ich wollte nicht, dass er mit seinen Freunden streiten musste. „Ich steh vor deiner Türe und deine Mom ist mit ihrem Stecher da", erklärte er nun und ich antwortete mit einem einfachen: „Oh".
Kurz ist es still auf der anderen Seite. „Er hat dir doch nicht wieder was getan, oder, Quinn?", hörte ich ihn gefährlich knurren und schnell schüttelte ich den Kopf. Da er das natürlich nicht sehen konnte ergänzte ich noch schnell: „Nein, Ches, mir geht's gut, mach dir doch nicht immer so viele Gedanken", lachte ich falsch und bemerkte, wie Marek mir einen kurzen Blick zu warf, welchen ich böse erwiderte. Er sollte bloß ruhig sein...
Ich wollte nicht, dass sich Ches auch noch Sorgen machen musste. „Das ist mein Job, Schatzi", lachte Chester zurück. „Machst du bitte mal kurz auf Lautsprecher?", fragte mich mein bester Freund und verwirrt kam ich seiner Bitte nach. Ein schlechtes Gefühl beschlich mich. „Okay, und jetzt?", sagte ich, um ihm Bescheid zu geben, dass er nun auf laut war und hielt das Handy etwas von mir weg.
„Marek?", hörte ich Chester fragen und ich sah den angesprochenen eindringlich an. „Jup, bin da. Was gibt's, Ches?", antwortete Marek laut und konzentrierte sich weiterhin auf die Straße. „Hat der Typ neben dir wieder ein Veilchen, oder irgendwas in der Art im Gesicht, oder sonst wo?", erkundigte sich Chester bei dem Fahrer und erschrocken atmete ich ein.
Schnell hob ich das Handy etwas weiter weg, schüttelte, wie wild, meinen Kopf und sah Marek bittend an. Dieser zog eine Augenbraue nach oben und starrte zurück. Mit meinen Lippen formte ich ein leises ‚Bitte' und Marek verdrehte daraufhin genervt die Augen.
„Nein, so hübsch, wie immer", log Marek und dankbar atmete ich aus. „Gut, okay danke. Quinn, ich soll dich fragen, ob du zu Weihnachten mit zu meinen Großeltern willst? Die würden sich sicherlich freuen, dich mal wieder zu sehen", gab Chester nach und ich beendete den Lautsprechermodus wieder. „Das ist lieb, aber kann leider nicht, muss arbeiten", log ich einfach und spürte das schlechte Gewissen immer weiter wachsen. „Hm... Schade. Na schön, melde dich, okay?", sagte mein bester Freund. „Logo, sag deinen Großeltern schöne Grüße", erwiderte ich und, nachdem wir uns verabschiedet hatten, legte ich auf.
Erleichtert, dass Chester nichts mitbekommen hatte, ließ ich mich in den Sitz sinken. „Danke", murmelte ich Marek zu und hörte, wie dieser seufzte. „Dafür hab ich was gut bei dir", erwiderte er und ich ignorierte es. Was auch immer.
„Wieso hast du ihn angelogen?", erkundigte sich Marek nach einer kurzen Stille und ich sah wieder zu ihm. „Ich will nicht, dass er sich noch mehr Sorgen macht. Außerdem will ich keinen Streit zwischen euch verursachen", gab ich dann ehrlich zu und bewegte meinen Blick wieder zum Fenster zurück. „Tust du sowieso", erwiderte der Arsch und ich warf ihm ein bösen Blick zu. „Wieso hast du deine Drohung nicht wahr gemacht?", gab ich zurück und sprach das aus, was mich schon die ganze Zeit beschäftigte.
Ich sah, wie Marek das Lenkrad fester packte, so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervor traten und sich eine unangenehme Stille im Wagen ausbreitete, die nur durch die Musik des Radios unterbrochen wurde. Gerade, als ich dachte, er würde mir nicht mehr antworten, flüsterte er: „Ich wollte es, einige Male sogar". Überrascht drehte ich mich wieder zu ihm. „Wieso hast du es dann nicht gemacht?", fragte ich nervös und konnte nicht begreifen, was hier passierte.
Marek und ich, zusammen in einem Auto, wie wir ein richtiges Gespräch führten. Völlig surreal!„Ich wollte es zuerst Chester sagen, doch dann hatte der plötzlich darüber erzählt, wie froh er ist, dass ich auch Bescheid weiß. Ich hab gefragt, was er meint und er hat mir dann erzählte, dass ich ja Bescheid wüsste, über deine Alkimom und ihren Schlägerfreund und deine kleine Halbschwester, die euch weggenommen wurde und... Keine Ahnung, ich dachte, du bist wohl schon genug bestraft mit deinem Leben, du liegst schon auf dem Boden, da muss ich nicht noch mal auf dich drauf treten", erzählte er und ich starrte ihn mit großen Augen an.
„Aber glaub nicht, dass ich jetzt deswegen nett zu dir bin!", fuhr er mich an und ich sah wieder den alten Marek vor mir. Schnaufend wand ich den Blick ab und erwiderte: „Das hatte ich auch nicht erwartet". Wieder verfielen wir in ein langes Schweigen.
Meine Gedanken rasten wild umher, mein Herzschlag ging viel zu schnell und unglaublich viele Fragen spukten in meinem Kopf herum. Es war mir total unangenehm, dass Marek nun so viel von mir wusste, auch, wenn es mich wohl gleichzeitig gerettet hatte.
Irgendwann hielt ich die Stille nicht mehr aus. „Mit Sechzehn, als Chester dieses Mädchen aufgerissen hatte und wollte, dass ich mit deren Freundin schlief. Eigentlich wusste ich es schon vorher, aber ich wollte es mir nicht eingestehen", murmelte ich und knetete mal wieder nervös meine Finger.
„Was?", fragte Marek verwirrt nach. „Du hast mich doch gefragt, woher ich weiß, dass ich schwul bin", erklärte ich und fuhr fort. „Wir hatten uns geküsst und das alles eben, aber... Naja, es hat halt nicht geklappt, dann hat sie mich damit konfrontiert. Ich sollte mir vorstellen, dass sie ein Junge ist und... Dann hatte es halt geklappt. Seit da war ich mir dann sicher".
Ich wusste nicht, wieso ich ihm das erzählte, konnte es mir nicht erklären. Auch verstand ich nicht, wieso es mir nicht peinlich war. Das sollte es doch. Vor allem, weil, es Marek war, dem ich das erzählte!
Es dauerte eine Weile, bis mir der Schwarzhaarige antwortete.
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Fragile - Falling like the stars || boyxboy
Teen FictionSind wir nicht alle etwas kaputt? Etwas defekt? Etwas zerbrechlich? Gebrochen vom Leben, sodass wir irgendwie in diese Gesellschaft passen? Quinn hasst Marek. Marek hasst Quinn. Dabei sind sie sich gar nicht so unähnlich: Sie sind beide kaputt...