Das ,,andere ich"

103 10 5
                                    

Also ja, hallo!
Ich habe in letzter Zeit über das Thema ,,altes ich" oft nachgedacht. Und ich dachte mir ich teile meine Gedanken mal etwas mit euch, vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen.
Ich habe ja jetzt offiziell meinen Namen und Personenstand geändert. Zwar noch nicht auf meinem Ausweis, aber das dauert wegen Wartezeit eben etwas. Aber den Beschluss habe ich und in die wege leiten kann ich auch alles. Und ich freue mich darüber mega und bin dankbar, bitte nicht falsch verstehen!

Doch fühlt es sich in manchen Momenten so an, als würde ich etwas von mir selber ausradieren. Ich denke  solche Gedanken und struggel sind ganz normal, aber oft fühlt es sich seltsam an, weil die meisten trans* Leute über ihre Vergangenheit und das Leben bevor sie sich geoutet reden sehr neagtiev reden.
Wenn ich mir Bilder von mir selber als Kind ansehe, dann ist das oft ein komisches Gefühl. Niemand damals hätte gedacht, dass ich mal so aussehen würde und mich so verhalten würde wie ich es heute tue. Wobei sich mir hier oft die Frage stellt, ob sich Leute wirklich vorstellen, wei ihr Kind ein mal wird oder ob das doch eher ein Hirngespinst ist. Vermutlich würde mein jüngeres ich mich nicht erkennen, wenn es mich heute sehen würde. Würden wir beide uns treffen, dann hätten wir oberflächlich nichts gemeinsam. Wir haben unterschiedliche Namen, Pronomen, Frisuren, Leben und Interessen. Wobei die Interessen sich bei jedem wohl verändern und ich durchaus einige noch habe. Aber ich denke ihr versteht was ich meine. Wir tragen nicht ein mal den selben Namen oder Personalausweis und sind doch die selbe Person. Ich glaube es klingt maximal weird, wie ich über mich selber so schreibe, als wenn ich 2 Personen wäre, die sich treffen könnten😅.
Aber manchmal fühlt es sich so an und dann kommt die Angst, dass mein jüngeres ich nicht stolz auf mich wäre, weil ich es oberflächlich ausradiert habe. Sein Name existiert nicht mehr, offiziell. Im Prinzip existiert also die Person, als die ich geboren wurde rein rechtlich nicht mehr.
Ja okay, ich existiere noch, zum glück😅.

Häufig fühlt sich dann meine Kindheit, besonders alles vor der 7ten Klasse ganz verschwommen und nicht real an. So als wenn ich damals eben irgendwie nucht existiert hätte und erst mit 13 Jahren geboren worden wäre...Was natürlich bullshit ist. Ich erinnere mich an meine Kindheit grundsätzlich gut, zumindest alles was vor der Weiterführenden Schule passiert ist, und ich habe größtenteils schöne Erinnerungen daran. Ich erinnere mich auch gerne an meine Kindheit und Freunde die ich hatte, an Übernachtungen mich Freunden, Spielen im Garten und Fußballturnier. Ich bin generell ein sehr nostalgischen Mensch, der oft nicht so recht loslassen kann. Aber gleichsam fühlt sich meine Kindheit so an, als wäre das ein erstes Leben gewesen, was ich gelebt hätte.
Ein mal habe ich vor 1 bis 2 Jahren die Mutter der besten Freundin aus der Grundschule mit meiner Mutter zusammen getroffen. Die beiden haben sich unterhalten und ich habe mich die ganze Zeit gewundert, dass die Mutter der Freundin mich nicht beachtet hat. Bis sie sich, in einer Gesprächspause, bei mir vorgestellt hat. Also mit Hand geben, Namen nennen und wieso sie meine Mutter kennt. Ich glaube man kann sich vorstellen, dass ich irritiert war, auch meine Mutter war kurz etwas verdutzt. Bis ich dann meinte, das ich Noah sei. Wobei ich meinen alten Namen gesagt habe, weil sie mich darunter ja kennt.
Ein anderes Mal, habe ich in der Stadt mit einer Freundin zusammen jemanden aus der Grundschule getroffen. Die beiden haben sich unterhalten, bis klar wurde, dass der Typ aus der Grundschule mich für fremd gehalten hat.
Ich kann den Menschen das nicht verübeln und ich nehme es auch nicht böse auf. Aber in solchen Momenten fühle ich mich manchmal sehr komisch. Einerseits finde ich es echt unterhaltsam, die Verwirrung der Leute zu sehen, wenn sie erfahren das ich das Kind von damals bin, andererseits ist es hier wieder so, als wäre ich ein anderer Mensch als ich damals war. Und das bin ich natürlich nicht. Es ist zimlich schwer zu beschreiben.
Ich denke die meisten Leute, die einen dann nach einer langen Zeit wiedersehen, denken man müsste sich auch Charakterlich krass verändert haben, weil das äußere so anders ist. Aber soeine Charaktetliche Veränderung haben persönlich nicht hingelegt, denn ich habe mich auch als Kind verhalten, wie ich wollte.
Und doch passiert es, dass Menschen die mich von früher kennen, mich nochmal ganz neu kennlernen müssen, wenn sie mich wiedertreffen, wärend das bei cis Personen um mich herum meist nicht der Fall war.

Deshalb ist es seltsam, wenn ich über meine Kindheit nachdenke, weil heutzutage kaum noch jemand auf die Idee kommen würde,dass es wirklich meine Kindheit ist. Dass ich das kleine ,,Mädchen" in den Badeshorts auf dem Foto an der Küchenwand bin. Und das nichtmal nur bei bei Bilden die 10 Jahre her sind...es reichen bei mir knapp 3 1/2 Jahre, um zu denken auf dem Bild ist meine nicht reale zwillings Schwester zu sehen. Vermutlich würden außenstehende eher denken, dass das Kind auf den Bildern meine große Schwester ist oder vielleicht meine Mutter.
Auch wenn ich schon immer ich war und sein werde und das nicht daran gebunden ist, ob man mich als Kind erkennen würde, habe ich manchmal das Gefühl, ich würde das Kind was ich früher war möglicherweise belügen oder sowas. Einfach weil mein Kinder ich, mich heute vermutlich nicht erkennen würde.
Durch die Namensänderung jetzt ist auch das letzte Stück von damals weg. Es freut mich mega und der Gedanken an eine neuen Perso mit dem richtigen Namen macht mich euphorisch. Aber in einigen Momenten habe ich eben auch diesen Gedanken, dass ich möglicherweise das auschlösche, was ich mal war.
Mir ist bewusst, dass mein kleines ich nicht enttäuscht wäre von mir oder mir das was ich tue übel nehmen würde, denn er wäre vermutlich froh wenn er einfach schon immer ,,Noah" gewesen wäre.
Trotzdem habe ich immer wieder dieses komische Gefühl, wenn mich jemand nicht erkennt aus der Kindheit und dafür aber leute die bei mir sind. Einerseits ist da natürlich auch eine gewisse Freude, die mit schwingt, weil ich meine Entwicklung ja positiev finde, andererseits habe ich dann immer stärker das Gefühl, meine Kindheit sei einem anderen Menschen passiert, der ich nicht mehr bin.

Okay, ich denken dieses Kapitel war jetzt sehr random und der Gedankengang vermutlich nicht immer klar zu verstehe.
Aber Leute, es ist normal auch mal zu struggeln, zu hinterfragem, zu zweifeln oder traurig über Dinge zu sein. Ihr könnt trotzdem trans* sein und zudem ist das etwas ganz normales, was oft zu wenig gezeigt wird, wie ich finde.

Mich würde interessieren, ob hier jemand schonmal ähnliche Gedanken hatte oder generell in diese Richtung? Ist für euch eure Kindheit noch klar als eure eigene zu fassen?

LG Noah

TransStoriesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt