Kapitel 74

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Die nächsten Tage waren eine Qual. Untertags hatte Silas sehr viel zu tun. Er und Alejandro waren ständig aus dem Haus. Aber das war gut, denn anders konnten sie Lena nicht finden.

Meine Zeit verbrachte ich mit Bella und Vittoria. Sie hatten ihren Urlaub wegen der Entführung verlängert. Das nannte man Familie. In schweren Zeiten hielten wir zusammen.

Lena hatte einem großen leeren Platz in unserem Herzen hinterlassen. Ohne sie war es seltsam in diesem Haus. Ich war sie so gewohnt. Sie gehörte einfach dazu, ansonsten fühlte es sich falsch an.

Wir versuchten uns natürlich abzulenken, denn wir konnten nicht nur daran denken und uns wahnsinnig machen. Damit konnten wir niemanden helfen. Außerdem mussten wir füreinander da sein.

An diesem Abend reichte es mir, weshalb ich darauf wartete, dass Silas endlich Heim kam.

Dank der Schwangerschaft war ich sehr müde, aber ich zog das durch. Mir fielen zwar ein paar Mal fast die Augen zu, dennoch gab ich den Kampf nicht auf. Ich wollte wach bleiben.

Bella und Vittoria waren bereits schlafen gegangen. Um zu lesen war ich zu erledigt, weshalb ich ausnahmweise einen Film schaute. Wobei das nicht korrekt war. Ich nahm ihn nicht richtig wahr, da ich einen Kampf auszutragen hatte. Die Müdigkeit war ein schwerer Gegner.

Als ich die Haustür hörte, war ich sofort wieder hellwach. Das war wir ein Kübel voller eiskalten Wasser, den man mir ins Gesicht schüttete.

Ich stand auf und hatte kurz mit meinem Kreislauf zu kämpfen, aber ich konnte mich wieder fangen.

Schnellen Schrittes verließ ich das Wohnzimmer und Silas ging gerade daran vorbei. Er sah sehr ernst aus und hatte mich nicht gesehen. Vermutlich war er ganz in Gedanken, weshalb er um sich kaum etwas mitbekam

Meine beiden Bodyguards hatten auf zwei Sesseln im Wohnzimmer gesessen und standen natürlich genauso auf. Die beiden Wachhunde wurde ich vermutlich nie wieder los.

"Silas." Ich sagte es in einer normalen Lautstärke, aber er hatte es gehört und blieb stehen.

Er drehte sich zu mir um und sah mich überrascht an. Ich hatte auch selbst nicht wirklich daran geglaubt, dass ich es schaffte so lange wach zu bleiben.

Er kam auf mich zu und fragte: "Warum bist du noch wach?" Sein Gesichtsausdruck wechselte zu besorgt.

Selbstverständlich musste er sofort negative Gedanken hegen. Etwas anderes sollte ich mir nicht erwarten.

Nach einem Seufzen antwortete ich: "Ich habe auf dich gewartet, weil ich mit dir reden wollte." Silas sah sehr müde aus, aber er kam mir nicht vom Haken.

Scheinbar sah er mir das an, denn er nickte und meinte: "In Ordnung, dann gehen wir in mein Büro."

Den beiden Männern nickte er zu als Zeichen, dass ihr Dienst für heute vorbei war. Erst morgen durften sie mich wieder den ganzen Tag lang stalken.

Silas gab mir einen kurzen Kuss und nahm anschließend meine Hand. So gingen wir gemeinsam zu seinem Büro.

Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wusste er bereits worum es ging. Eigentlich lag es auf der Hand. Es musste praktisch um Lena gehen.

Auf unserem Weg fragte ich: "Gibt es etwas Neues?" Leider bekam ich die erwartete Antwort: "Nein."

Meinem Herzen versetzte das einen Stich, obwohl es mir klar gewesen war. Dennoch spürte ich die Enttäuschung in mir.

In seinem Büro angekommen, setzte ich mich nicht auf einen der Stühle. Meiner Ansicht nach konnten wir das im Stehen besser klären. Mir war vorab klar, dass das im Streit endete. Etwas anderes konnte es nicht mal sein.

Als die Tür zufiel, wandte ich mich an ihn und sagte: "Das kann so nicht weitergehen gehen. Mit jedem Tag wird das Risiko größer, dass sie Lena doch noch etwas antun. Das ist viel zu gefährlich."

Silas rieb sich den Nasenrücken und antwortete ruhig: "Ivy, das ist keine Option. Ich gebe dich niemals her. Du bleibst hier und versuche es gar nicht erst mich umzustimmen."

Seine Hand ließ er wieder sinken und sah mich todernst an. "Man kann mich nämlich nicht umstimmen. Das ist unverhandelbar."

Damit machte er mich wütend, obwohl ich mit dieser Antwort gerechnet. Trotzdem war es nochmal etwas anderes, wenn man es ausgesprochen hörte.

"Das ist verantwortungslos. Mir würde Luke nie etwas tun."

Er kam auf mich zu und blieb kurz vor mir stehen. Wenn ich ihn nicht kennen würde, hätte ich sicher Angst vor seinem Auftreten. Aber er war mein Mann und von ihm war ich keine Sekunde eingeschüchtert.

"Nein." Es war bestimmend und das er keine Widerrede hören wollte, machte er damit klar.

Und beachtete ich das?

Natürlich nicht.

"Silas..." Ich kam nicht dazu weiterzureden, denn er unterbrach mich: "Nein, Ivy und dabei bleibt es. Verstehst du es nicht?"

Ich wich zurück, warf die Hände in die Höhe und fragte: "Was verstehe ich nicht?" Die Wut hatte man deutlich gehört und das war Absicht.

Seine Mimik und seine Tonlage wechselten zu verzweifelt als er sagte: "Mir ist bewusst, dass er meine Schwester hat. Aber du bist meine Frau. Ich will und kann dich nicht gehen lassen. Niemals, das kann ich nicht. Dafür liebe ich dich zu sehr."

Wenn man sich mit einer schwangeren Frau unterhielt, sollte man keine Tränen in den Augen bekommen. Ansonsten heulte sie los und das passierte mir gerade.

Erstens, weil es ihm offensichtlich sehr weh tat, dass mein Bruder Lena hatte. Mir ging es da sowieso nicht anders.

Zweitens, weil seine Worte unendlich süß waren.

Ein Schluchzen war nicht mehr zu halten. Silas kam wieder einen Schritt auf mich zu und nahm mich in den Arm.

Ich klammerte mich an ihn als hing mein Leben davon ab. Nachdem er mir einen Kuss auf dem Kopf gegeben hatte, legte er seine Wange auf meinem Kopf ab.

Das war Sicherheit, dennoch war da dieser Schmerz in mir.

My unwanted husband 2 | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt