9. Saufen im Park

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Kayas Perspektive:

Es war nun paar Tage her, dass Felix und ich zusammen in Köln gewesen waren. Zwei Mal hatten wir uns in der letzten Woche gesehen. Wir waren spazieren gegangen und hatten nett gequatscht. Allgemein genoss ich es mit ihm, obwohl wir uns eigentlich erst seit gerade kannten. Wir beide taten so, als hätte es den Kuss nicht gegeben und das war wahrscheinlich auch besser so. Es war erwachsen gewesen das zu klären und ich war immer noch verwundert über meine Rationalität in der Saune.
Langsam hatte ich das Gefühl, dass wir uns wirklich angefreundet hatten, was mich immer wieder freute. Die Male, wo wir uns gesehen hatten, hatten wir gute Gespräche gehabt und irgendwie stimmte der Vibe.

Gerade war ich dabei Bürokram bei der Arbeit zu erledigen, als ich eine Nachricht von ihm erhielt.
>Hey, Bock heute Abend mir mir und paar Kumpels im Park zu chillen?<
Ich musste schmunzeln und freute mich über seine Nachricht aus dem Nichts. Es war wie eine kleine Bestätigung, dass nicht nur ich die Zeit genoss, welche wir zusammen verbrachten.
>Chillen als Synonym für saufen?< fragte ich belustigt und er antwortete sofort.
>Na logo< und hängte einen zwinkernden Smiley hinten an.
>Bin dabei< antwortete ich schnell.
Er antwortete direkt.
>Nice. 20 Uhr am Kotti?< schieb er.
Ich zögerte. Ich hatte viel zu schnell zugesagt ohne darüber nachzudenken. Ich hatte die ganzen unbekannten Situationen, welche dadurch entstehen würden gar nicht abgewägt, sondern einfach zugesagt. Bist du blöd Kaya, sagte ich mir selber. Viel zu überschwänglich hatte ich zugestimmt und jetzt konnte ich nicht mehr absagen. Mein Vorhaben, mir dinge mehrmals zu überlegen und durch den Kopf gehen zu lassen, um Panikattacken in neuen Situationen zu vermeiden, hatte ich in den letzten Wochen viel zu sehr vernachlässigt. Immer sagte ich spontan aus dem Bauch heraus zu, doch andererseits hatte ich es wenig bereut in letzter Zeit. Es war mir gar nicht bewusst gewesen. Erst jetzt fiel es mir auf, wo er mich am Kotti treffen wollte. Den Ort hatte ich mir nach letztens jedoch vorgenommen zu meiden. Der Platz gab mir einfach kein gutes Gefühl. Ich wollte mich nicht mit sowas in Verbindung an Jacob erinnern.
Felix Nachricht war nun schon zwei Minuten her und ich überlegte seit dem. Absagen jetzt würde komisch rüber kommen, doch mich am Kotti zu treffen fühlte ich mich auch nicht bereit zu. Er war immer noch online.
>Sorry. Lass sagen ick hol dich 20 Uhr ab. Okay?< schrieb er dann plötzlich und gab mir somit das Gefühl der Sicherheit zurück.
Ich bestätigte dies noch kurz und legte mein Handy dann weg, um weiter arbeiten zu können. Jedoch spürte ich schon jetzt die Vorfreude auf später, welche die kurze Angst von eben übertönte. Irgendwas an Felix gab mir einfach das Gefühl von Sicherheit.

Es war kurz vor 19 Uhr, als ich verschwitzt von meiner Joggingrunde wiederkam.
„Bin wieder da" rief ich in die Wohnung, wie wir alle es uns angewöhnt hatten.
„Hey, sind in der Küche" schrie Finn zurück und ich zog mir meine Schuhe aus.
Als ich unsere Küche betrat, fand ich meinen Bruder am Herd, er schien zu kochen. Samuel saß auf einem der Stühle und hatte sein Gesicht in irgendeinem Buch.
„Willst du gleich mitessen? Hab Linsen-Curry gemacht" fragte mein Bruder und ich schaute an ihm vorbei auf das Essen in dem großen Topf.
„Ja bisschen schon. Ich geh aber erstmal duschen. Und um 20 Uhr muss ich auch schon wieder los" informierte ich ihn über meinen engen Zeitplan.
„Was machst du denn?" fragte er mich und rührte in seinem Curry umher.
„Mit paar Freunden chillen" antwortete ich etwas ausweichend und nahm mir ein großes Glas Wasser. Zwar hatten die beiden natürlich mitbekommen, das ich mit Felix beruflich in Köln gewesen war, doch dass wir uns auch privat trafen und angefreundet hatten, hatte ich bis jetzt nicht erzählt. Jedes Gespräch darüber wäre doch komisch gewesen. Keiner erzählte, wie in der Kindheit mehr, wenn man einen neuen freund gefunden hatte oder?
„Und was macht ihr denn heut noch so?" stellte ich die Rückfrage und Sam schaute zum ersten Mal von seinem Buch auf.
„Ich weiß noch nicht. Vielleicht wollte nachher noch nh Freundin vorbei kommen, aber ma schaun" sagte Finn achselzuckend und rührte um.
„Ich bin den Abend über hier und mach einen gemütlichen" erklärte er und blickte wieder in sein Buch.
Da er so fokussiert war auf das Buch, lief ich zu ihm und schaute ihm über die Schulter.
„Was liest du da eigentlich die ganze Zeit?"
„Total das passende Buch über das Zeitliche Gefühl des Menschen" erzählte er mir begeistert und klappte das Buch zu, damit ich mir den Titel durchlesen konnte.
„Sagt mir nichts" murmelte ich und er nickte.
„der Autor ich noch nicht so bekannt, aber ist wirklich spannend geschrieben. Kann ich dir ma ausleihn" bot er an, doch ich lehnte dankend ab. Wenn ich las, dann meist Romane und nicht so wissenschaftliches Zeug.

Fokus (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt