77. Briefkasten

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Kayas Perspektive:

Wie jeden Tag öffnete ich den Briefkasten nach der Arbeit und nahm die Post mit nach oben. In der Wohnung angekommen zog ich meine Schuhe und Jacke aus, bevor ich die Briefe auf dem Esstisch legte. Alle waren an Felix und hatten irgendwas mit Versicherung, Steuern oder so zu tun. Andauernd kamen eine Unmenge von denen hier an, was ich immer auf seine Selbstständigkeit zurückführte. Nur ein kleiner Brief stach mir ins Auge. Unscheinbar und ohne Beschriftung lag er zwischen den länglichen offiziellen Briefen. Ich griff nach ihm und drehte ihn in meiner Hand. Kein Absender und keine Briefmarke. Er musste also im Hausflur eingeworfen sein worden. Komisch.
Da der Brief auch nicht zugeklebt war, öffnete ich den Umschlag und nahm vorsichtig heraus, was sich darin befand. Es dauerte keine Sekunde bis ich realisierte, dass sich Fotos dort drin befanden. Genauer gesagt Fotos von mir.
Ich hielt die Luft am. Was sollte das? Ich beim einkaufen im Rewe unten an der Straße, ich in der Apotheke und ich vor einem Kindergeschäft, wo ich vor paar Tagen mal unauffällig ins Schaufenster geschaut hatte. Geschockt ließ ich die Fotos los und sie fielen wie Laub zu Boden. Jemand hatte mich mehrfach heimlich fotografiert und ich hatte es nicht bemerkt. Ein ganz unangenehmes Gefühl machte sich in mir breit. Mir wurde übel, aber auf eine andere Art und weise. Plötzlich fühlte ich mich allein und nicht mehr sicher. Was, wenn diese Person, die mich an verschiedenen Tagen beobachtet hatte, auf mich warten würde. Instinktiv rannte ich zur Wohnungstür und verschloss beide Schlösser von innen. Ich war froh, dass es draußen noch hell war, doch trotzdem fühlte ich mich beobachtet. Einmal drehte ich mich um meine eigene Achse, bevor ich auf den kleinen Kasten neben der Tür zu lief, welcher eine Alarmanlage war. Ich betätigte diese und stellte den Alarm an, wenn jemand versuchen würde die Tür zu öffnen. Danach überprüfte ich alle Fenster, ob sie verschlossen waren. Auch wenn es bescheuert war, schließlich wohnten wir im Dachgeschoss, ließ es mich besser fühlen, denn plötzlich fühlte ich mich nicht mehr sicher. Wie in Schock starre lief ich auf das Sofa zu und ließ mich darauf nieder.
Es dauerte keine fünf Minuten, bis mir eine neue Nachricht auf dem Handy angezeigt wurde.
Felix: >Fährst du spontan weg oder wieso hast du die Alarmanlage eingeschaltet?<
Daran hatte ich nicht gedacht. Er bekam eine Benachrichtigung für die Funktionen der Alarmanlage. Ich fuhr mir verunsichert durch die Haare. Sollte ich ihm davon erzählen? Er konnte aus der Ferne auch nichts tun. Vielleicht war es ein doofer Scherz von einem Fan. Ich durfte das ganze bestimmt nicht zu ernst nehmen. Ihm jetzt unnötig sorgen zu machen, würde keinem von uns etwas bringen, überlegte ich.
>Ne ich fahre nicht weg. Wollte die nur irgendwie an haben. Einfach so< antwortete ich ihm deshalb.
>Ist in Berlin was passiert? Oder hattest du eine doofe Situation?< fragte er, was mich irgendwie rührte.
>Nein alles gut. Mach dir keinen Kopf. Ich wünsche euch eine tolle Show heute< versicherte ich ihm.
>Wenn etwas ist ruf mich bitte an. Ick lass mein Handy auf laut< bat er und ich lächelte etwas.
>Danke<

Ich stand Rom Sofa auf und steuerte den Fleck an, wo die Fotos verteilt lagen. Verängstigt von ihnen, zerriss ich sie und warf sie in die Mülltonne. Ich konnte sie hier nicht rum liegen haben, ohne mich unwohl zu fühlen. Um mich abzulenken rief ich Lea an, welche sofort an ihr Handy ging.
„Hallöchen" trällerte sie und ich musste grinsen.
„Hey. Was machst du gerade?" fragte ich meine beste Freundin und ließ mich aufs Sofa fallen.
„Nichts spannendes. Willst du feiern gehn?" wollte sie sofort wissen, was mich schmunzeln ließ, bei feiern war sie schließlich immer dabei.
„Ne nicht feiern. Hast du Lust auf einen Filmabend?" fragte ich und es wurde kurz leise am anderen Ende.
„Ich hatte mich kurz auf feiern gefreut, aber Filmabend geht klar. Soll ich rum kommen? Du hast mir ja auch noch gar nicht die Bude gezeigt" erinnerte sie mich.
„Ja ich schickte dir die Adresse. Kannst kommen wann du willst. Außerdem ist Felix auf Tour, wir haben also ruhe" sagte ich.
„Okay, ich zieh mir kurz bequeme Sachen an und mach mich dann aufm Weg. Soll ich was mitbringen? Wein, Bier oder Döner?"
„Döner würde ich nehmen" sagte ich und ich hörte es murmeln.
„Kein Wein für uns zwei hübschen?" hakte sie etwas enttäuscht nach.
„Seit dem ich bei Josés Hochzeit gekotzt habe mach ich eine Alkoholpause" log ich und sie lachte nur.
„Sooo schlimm ist kotzen nur auch nicht, aber okay. Dann kein Wein" sagte sie und ich nickte.
Wenn sie nur wüsste, wie schlimm es war zu kotzen. Besonders jeden morgen zu kotzen. Ich stand mittlerweile auf und als erstes lief ich zur Toilette, um mich zu übergeben.
„Dann bis gleich"
„Bis gleich"

Fokus (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt