10. „Wie war die Nacht?"

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Kayas Perspektive:

Mein Kopf hämmerte und ich nahm durch meine geschlossenen Augen war, dass es um mich herum hell war. Stöhnend drehte ich mich um und wollte weiterschlafen, doch es funktionierte nicht so recht. Nach einigen Minuten des Zwischenzustandes gab ich es auf und öffnete langsam meine schweren Augen. Sobald ich mich an die Sonne gewöhnt hatte, welche mir entgegen schien, schaute ich mich verwundert in dem Zimmer um. An der gegenüberliegenden Wand stand ein riesiger Kleiderschrank in weiß mit einem Spiegel an der Vorderseite. Ich erblicke mich selbst und schaute schnell wieder weg. Mein Gesicht war aufgedunsen vom Alkohol der letzten Nacht und meine Haare bildeten ein Vogelnest, um meinen Kopf herum. Durch die seitliche Schlafposition war auch die rechte Hälfte meines Gesichtes total zerknautscht und es waren Linien durch das Kissen zu sehen.
Ich schaute an mir runter. Die Klamotten von gestern hatte ich nicht mehr an, sondern trug ein großes weißes T-shirt. Erst jetzt fühlte ich den weichen Stoff an meiner Haut. Schnell kombinierte ich und war mir sicher, dass ich in Felix Schlafzimmer liegen musste. Zumindest hoffte ich dies inständig. Alles andere wäre jetzt echt mies gelaufen. Da ich sein Schlafzimmer gestern jedoch nicht von innen gesehen hatte, konnte ich nicht feststellen, ob ich mit meiner Vermutung richtig lag.

Ich war aber doch nicht mehr mit einem von seinen Kumpels nachhause gegangen oder? Erschrocken setzte ich mich wieder auf. Dabei ignorierte ich mein Spiegelbild. Meine Beine schwang ich aus dem Bett und stand schnell auf.
Keine Gute Idee. Alles um mich herum fing sich an zu drehen und ich ließ mich nach hinten, auf meinen Hintern, zurück ins Bett sinken. Beim zweiten Versuch agierte ich deutlich langsamer, was meinem Kreislauf besser zu gefallen schien. Ich stand fest auf beiden Beinen und schaute mich um. Die Bettseite neben mir schien unbenutzt, was ich an dem ordentlichen Kopfkissen ausmachte. Als Decke gab es nämliche nur eine große für beide Seiten. Ich schaute mich weiter um. Es sprach von dem Anblick nichts für ein wildes One night stand. Es lagen zumindest auch keine offenen Kondompackungen oder anderweitiges im Zimmer herum. Gutes Zeichen. Das hätte ich mir wahrscheinlich auch nicht verziehen. Dafür war ich einfach nicht der Typ. All diese Erfahrungen überließ ich sonst immer Lea. Sie war die wilde in unserer Freundschaft und das erste Mal wieder Sex nach über drei Jahren wollte ich nicht mit einem Fremden haben. Ich hatte mich nach der Freundschaft + Sache damals entschieden, dass ich erst wieder Sex haben wollte, wenn Gefühle im Spiel waren. Laut ein paar Freundinnen war dies eh viel geiler dann, doch ich hatte keinen Vergleich. Als "Spätzünderin" hatte ich damals mein erstes Mal einfach mit einem Kumpel gehabt, woraus dann diese Freundschaft + Sache entstanden war. Zwar hatte das alles gut funktioniert und keiner hatte Gefühle entwickelt, doch Sex war bei mir deshalb nicht automatisch mit Liebe verknüpft worden, was ich schade fand. Deshalb wäre ein One Night Stand wirklich mies jetzt.

Auch nach mehrmaligem Umschauen fand ich mein Handy nicht im Zimmer. Ich lief zur Tür und öffnete sie vorsichtig. Ein Glück. Es war deutlich Felix Flur, welchen ich nun erkannte. Also kein Fremder Typ bei dem ich aufgewacht war. Die Kommode, die Gradrobe und auch die Türen waren mir bekannt. Besonders jedoch das große Bild im Flur fiel mir wieder auf. Leise schlich ich ins Wohnzimmer, um in die Küche zu gelagen für ein Glas Wasser. Mein Mund fühlte sich trocken an und der ekelige Geschmack am Morgen wollte nicht verschwinden.

Felix lag auf seinem Sofa und schien noch zu pennen. Er hatte eine dünne Decke über sich, in welcher er leicht verheddert lag. Grinsend tapste ich leise an ihm vorbei in die Küche und nahm mir ein Glas aus dem Schrank. Gegen die Kopfschmerzen würde es hoffentlich helfen. Sonst hatte ich doch auch selten so einen Kater am nächsten Morgen. Die Sonne schien durch die Terrassentür und ich schaute mich etwas um. Die Uhr zeigte mir, dass es bereits halb 12 war.
Auf dem Esstisch entdeckte ich ein Handy. Ich nahm es hoch und drehte es um. Wie automatisch las ich die Nachrichten, welche angezeigt wurden.
Julian: >Wie war die Nacht Dicker😏?<
Erschrocken quiekte ich auf und ließ das Handy auf den Tisch zurück fallen. Es war nicht meines gewesen, sondern das von Felix. Anscheint hatten wir das selbe Modell und ich hatte meins mit seinem verwechselt. Ich spürte, wie meine Wangen unangenehm rot wurden, weil das Blut in mein Gesicht strömten. Die Nachricht war deutlich nicht für mich gewesen. Peinlich. Sache drehte ich das Handy einmal in der Hand, um zu schauen, ob bei dem Sturz etwas kaputt gegangen war. Zu meinem Glück war jedoch alles heile. Wie hätte ich das bitte erklären sollen. Doch die Nachricht blieb mir in Gedanken. Angestrengt dachte ich nach, ob Felix und ich uns gestern im Suff wohl näher gekommen waren, doch konnte mich beim besten Willen nicht erinnern.
Von der Couch hörte ich es rascheln und dreht mich um.
„Morgen" grummelte mir ein müde aussehender Felix entgegen.
Mein Gesicht wurde noch röter. Hoffentlich hatte er das mit dem Handy nicht mitbekommen, es war mir schon so unangenehm genug.
„Morgen" nuschelte ich zurück.
Um nicht auffällig zu seien, atmete ich einmal tief durch.
„Alles jut?" fragte er und zog fragend eine Augenbraue hoch.
Ich nickte.
Zufrieden lächelte er und ließ dann seinen Blick langsam über meinen Körper hinweg wandern. Ganz langsam schien er mich in dem weißen T-shirt zu inspizieren. Aus Unsicherheit probierte ich das T-shirt weiter über meine Oberschenken zu ziehen. Er trug zwar wahrscheinlich weniger Klamotten als ich, doch es war komisch so leicht bekleidet vor Felix zu stehen.
„Mutter heiß" murmelte er und blickte mich aus seinen blauen Augen an.
Er hatte es so leise gemurmelt, dass er vermutlich dachte ich hätte es nicht mitbekommen, doch dem war nicht so. Ich musste schmunzeln.
„Du willst dich nich zufällig zu mir legen wa?" fragte er heiser und warf mir einen zweideutigen Blick zu.
Alles in mir fing an zu kribbeln bei dem Blick, welchen er mir zuwarf. Ich wusste genau, dass es seine Art war und trotzdem fiel er schwer dem zu widerstehen.
„Ne eigentlich nich. Außer du schaffst es mich zu überzeugen" lachte ich und schaute ihn auffordernd an.
„Ick wollt heute eh noch Sport machen, wir können ja zusammen und dabei ordentlich spaß haben" probierte er es schmunzelnd weiter.
„Ach passt schon muss nicht" entgegnete ich bisschen verlegen lachend.
Er probierte wirklich mich zu ihm zu bekommen. Es war einfacher das Spiel mitzuspielen und mir nicht anmerken zu lassen, dass ich mich eigentlich wirklich gerne zu ihm gelegt hätte, auch wenn die ganze Situation komisch wirken musste. Er mit seinem trainierten Oberkörper verdrehte mir fast den Kopf. Wenn er nur wüsste, was in meinen Fantasien so gerade passierte. Wie er mich berührte... Wie er mich küsste... Ich verstand meine Reaktion ebenfalls nicht.
„Reicht dit nicht?" Spielte er wohl sein letztes Argument und riss mich aus den Gedanken, während er seinen zu mir gedrehten Oberkörper anspannte.
Seine Muskeln traten zum Vorschein und ich ließ meinen Blick flüchtig hinüber gleiten. Er sollte bloß nicht denken, dass mir sein Anblick gefiel. Auch wenn er genau das tat.
„Ich bin doch nicht oberflächlich" rief ich empört aus und er grinste anzüglich.
„Dein Blick auf mir hat da aber wat janz anderes gesagt" meinte er und erhob sich langsam.
Mit großen Schritten durchquerte er das Wohnzimmer und kam auf mich zu. Er schnappte sich sein Handy vom Tisch und warf einen kurzen Blick drauf. Er musste schmunzeln, als er die Nachricht von Julian las.
„Bruder will wissen, ob wir gefickt haben" lachte Felix und hielt mir sein Handy entgegen, um mir die Nachricht zu zeigen.
„Oh" war das einzige, was ich zustande brachte.
„Keene Sorge, ham wa nicht und dit schreib ick ihm auch" probierte er mich zu beruhigen, als er meinen leicht erschrockenen Blick sah.
„Willste auch nhn Kaffe?" lenkte er dann ab und lief an mir vorbei in die Küche.
Ich nickte als Antwort.
Ich beobachtete, wie er in seine Küche lief und zwei Tassen aus dem Schrank holte. Danach stellte er seine Kaffeemaschine an und die Geräusche erfüllten den Raum, während er sich an den Arbeitsfläche lehnte.
Er trug eine kurze Lila Jogginghose, welche ich glaubte schonmal an ihm gesehen zu hatte. Seinen Oberkörper probierte ich zu ignorieren, um sein Ego nicht unnötig zu pushen.
„Ick hol mir kurz nhn Oberteil. Willste nh Hose?" fragte er an mich gewandt in dem Moment und ließ seinen Blick ein weiteres Mal leicht an mir hinab gleiten. Ich nickte nur flüchtig. Ich war erstaunt darüber, dass sein Blick mich nicht direkt störte, doch gegen eine Hose hatte ich nichts einzuwenden.
Kurz darauf kam er mit einer kurzen Sporthose in der Hand und seinem grauen T-shirt übergezogen zu mir zurück und reichte sie mir.
„Ick hoff ma die passt. War die kleenste die ick gefunden hab" berlinerte er und reichte mir besagte Hose.
Fling schlüpfte ich in sie hinein und knotete die Schnüre so fest, dass sie halbwegs gut saß.
„Passt" lächelte ich zuversichtlich.
Als der Kaffe durchgelaufen war, reichte er mir eine der Tassen.
„Kommste mit raus?" fragte er und nickte zu der Glasfront, wo sich wirklich die Terrasse befand.
Ich nickte, statt ihm zu antworten und folgte ihm raus.
Es waren bestimmt schon wieder 27 Grad um diese Uhrzeit und kaum eine Wolke war zu sehen. Er stellte sich lässig ans Geländer, ich blickte mich erstmal um. Wie aus dem nichts zauberte er sein Drehzeug hervor. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er es mit raus genommen hatte. Gewagt stellte er die Tasse auf den dünnen Rand der Begrenzung und fing an sich routiniert eine Kippe zu drehen. Gespannt schaute ich ihm dabei zu und trank meinen Kaffe.
„Ick würd ja fragen ob du auch willst, aber rauchen is mist und deshalb würdeste eh nichts bekommen" sagte er und zündete sich seine Kippe an.
„Das ist aber zuvorkommen von dir" sagte ich ironisch und er nickte stolz.
„So bin ick halt. Immer um die Gesundheit meiner Mitmenschen besorgt".
Ich zeigte ihm den Vogel.
„Als ob" lachte ich und schaute zu den anderen Häusern im Hof.
„Stimmt eigentlich bin ick schlecht im teilen" lachte er und zog den Rauch ein.
„Rauchst du denn sonst?" fragte er dann.
Ich hatte seinen Blick auf mir gespürt und als ich mich zu ihm drehte, sah ich wieder das strahlende blau seiner Augen.
„Ne, hab zum Glück nie angefangen. Meine Brüder hätten mich so oder so nich gelassen" erzählte ich und er nickte.
„Julian hatte sogar vor mir angefangen. Sonst hätt ick dagegen wirklich auch wat gemacht" meinte er und zog den Rauch ein.
„Eigentlich is rauchen auch mist" schob er hinterher.
„Wie viele Brüder hast du denn?" fragte er, sobald der Rauch seine Lunge wieder verließ.
„Drei und alle drei sind älter" antwortete ich und er nickte anerkennend.
„Das ist auch nh Hausnummer wa?" hakte er nach und ich erzählte ihm etwas von früher und wie es war, mit drei großen Brüdern aufzuwachsen.

Fokus (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt