58. Rot

853 33 4
                                    

Kayas Perspektive:
Anfang März.

Nervös saß ich neben der Bühne und lauschte dem Auftritt. Es war der erste Showtag und ich spürte schon seit heute morgen die ganze Zeit das Adrenalin. Ich trug die Verantwortung. Es musste einfach alles klappen! Zwar war ich deutlich entspannter seit Wincent auf der Bühne stand, doch noch immer knibbelte ich an meinen Fingernägeln. Vermutlich würde ich erst runterkommen, wenn ich heute Abend alleine in meinem Bett im Hotel lag. Wenn die Anspannung in den nächsten Tagen nicht besser werden würde, würde ich nach der Tour keine Haut an meinen Fingern mehr haben und Nagellack sollte ich auch besser sein lassen. Ich knibbelte es bei Anspannung ja eh ab. Aber es war ja erst der Auftakt. Mit jeder Show würde ich bestimmt mehr in die Routine kommen und damit würde die Leichtigkeit kommen. Zumindest hoffte ich dies und Alani hatte es mir heute morgen auch so gesagt. Zu übersehen wie nervös ich war, wäre ja fast unmöglich gewesen.
„Komm runter Kaya. Es läuft alles" sagte Alani und erst in dem Moment schaute ich auf und bemerkte, dass sie sich zu mir gesetzt hatte.
Seit heute morgen waren wir beide hier bei der Venue und hatten dafür gesorgt, dass alles gut laufen würde. Ein anstrengender Tag an Organisation lag hinter uns. Ich war erschöpft. Ein wirklich langer Tag für mich und das obwohl mein Handy erst 22:06 anzeigte. Ich war jedoch seit kurz vor sieben schon auf.
Dankend lächelte ich sie an, schwieg aber. Wenn meine Nervosität die nächsten Shows nicht besser werde würde, musste ich mir was überlegen. Aber erstmal abwarten, redete ich mir selber ein. Es brachte nichts, wenn ich jetzt schon darüber nachdachte, ob ich wohl immer so nervös sein würde.
Zusammen lauschten wir dem Auftritt, auch wenn es nicht meine Musik war. Privat hätte ich sowas wohl kaum gehört, aber egal. Erst als der laute Applaus ertönte und Wincent sich beim Publikum bedankte, verstand ich, dass die Show nun wohl vorbei sei. Plötzlich spürte ich, wie eine gewisse Anspannung ruckartig von mir fiel und musste aus heiterem Himmel lachen. Erst schaute Alani mich schief an, doch irgendwann stieg sie mit ein und wir umarmten uns.
„Kaya die Tour wird super laufen. Wir schaffen das schon!" motivierte sie mich und ich nickte zuversichtilich.
„Ja das wird sie" stimmte ich zu und dann lösten wir uns, als der Rest des Teams kam und Wincent den Backstage betrat, wo wir alle uns für die gelungene Auftaktsshow abklatschten.

„Erzähl. Wie war es?" wollte Felix wissen, als wir per Video telefonierten und ich auf meinem Bett im Hotel lag.
„Ich war so nervös. Du glaubst mir gar nicht wie sehr" lachte ich.
„Ich tippe mal dein Nagellack ist so gut wie ab?" kicherte er und nickend hielt ich meine Hand in die Kamera, wo wirklich kaum noch Nagellack zu sehen war und musste lachen.
„Aber sobald die Show durch war, war ich echt erleichtert. Irgendwie ist das doch nochmal anders gewesen als mit dir und so" sprach ich den Gedanken aus.
„Kann ick mir vorstellen. Dieses Mal hast du ja mehr Verantwortung. Außerdem ist dein Chef dieses Mal nicht so unglaublich sexy" zwinkerte er mir dann zu und ich stimmte ihm natürlich zu.
„Irgendwie schon komisch sich so lange nicht in real zu sehen" murmelte ich und Felix nickte fast traurig.
„Ick vermiss dich auch schon Püppi" versicherte er mir und mein Herz wurde warm.
Es war süß, wie er das gesagt hatte, doch mit seinem nächsten Satz nahm er jede Romanik wieder raus.
„Außerdem macht wichsen gar nich so viel spaß. Viel lieber will ick mit dir schlafen oder von mir auch einfach nur kuscheln, aber sex wäre schon geil" gab er zu und sprach mal wieder seine Gedanken einfach aus, was meine Wangen leicht rosa anlaufen ließ.
„Ja wat denn? Du kannst dir dit gar nicht vorstellen. Sonst war dit ja normal. Ick mein ohne Freundin bleibt mir nicht viel übrig als wichsen. Aber jetzt hab ick mich an unseren geilen sex gewöhnt und nun sehn wa uns so lange nich. Ist doch scheiße" regte er sich etwas auf, was nun mich zum kichern brachte.
„Mit zwei gesunden Händen überlebst du das schon" munterte ich ihn auf und zwinkerte ebenfalls.
„Ja dit schon. Aber beim wichsen nur an dich denken ist nicht so, wie wenn ich dich ficke, wir zusammen kommen und du meinen Namen stöhnst, während ich in dir komme" sagte Felix ungeniert und ich hielt kurz die Luft an.
Irgendwie machte es mich auch an wie er es einfach so raushaute. Ich hatte ein Bild vor meinem inneren Auge, welches ich versuchte zu verdrängen. Es brachte schließlich nichts, wenn ich jetzt daran dacht, wie es sich anfühlte, wenn Felix in mir war oder wie weich seine Lippen meinen Hals streiften.
„Püppi, allein an deinen rosa Wangen sehe ick, dass du dich bisschen schämst" enttarnte er mein Gefühl, welches diese Bilder auslösten.
Irgendwie war es eine sonderbare Mischung aus dem Schamgefühl und der Erregung jedes Mal, wenn er sowas sagte.
„Stimmt nicht!" versuchte ich zu behaupten, doch er schaute mich nur prüfend an und dann lachten wir beide.
„Aber wir können ja mal Telefonsex die nächsten Wochen probieren" murmelte er dann und schaute mich durch den Bildschirm eindringlich an.
„Also falls du bock hast natürlich"
„Ich überleg es mir" verlegte ich die Entscheidung auf wann anders, da ich mir nicht so viel darunter vorstellen konnte.
„Okay. Ick würde dann auch ins Bett. Meine Show war auch echt anstrengen" sagte er dann.
„Oh gott. Ich bin nh schlechte Freundin. Ich hab gar nicht gefragt, wie es bei dir war. Sorry" entschuldigte ich mich, als es mir auffiel.
„Alles jut. Ick bin ja schon zwei Wochen unterwegs. Und eigentlich laufen ja immer alle Shows jut, weil ick einfach jut bin" sage er frech und wank dann in die Kamera.
„Stimmt. Du bist gut. Schlaf schön Felix. Ich hab dich lieb"
„Ich hab dich auch lieb. Schlaf du auch gut" sagte er und in der nächsten Sekunde legten wir beide auf.

Fokus (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt