23. Durcheinander

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Kayas Perspektive:

„Bitte nehmen sie Abstand von der Bahnsteigkante" dröhnte die Ansage im Bahnhof nun schon zum dritten Mal. Mein Zug war eine halbe Stunde zu spät, doch mir war es egal. Mit meinen Kopfhörern in den Ohren stand ich am Bahnsteig und schaute in den dunklen Sternenhimmel über Neu- Ulm. Ich hatte mich dazu entschlossen noch nach der heutigen Show zurück nach Berlin zu reisen. Die anderen würden morgen fahren, aber darauf hatte ich nicht warten wollen. Julian hatte mich zwar etwas schief angeguckt und sich versichert, ob alles okay mit mir war, aber ich hatte stumpf genickt. Ich brauchte wenigstens die Off Woche über etwas Abstand von allem und besonders von Felix. Mit ihm hatte ich seit dem nächtlichen Gespräch keine zehn Worte mehr gewechselt. Wir waren uns ausgewichen. Gegenseitig.
Ich wollte ihm aus dem Weg gehen, um mich nicht selber in Versuchung zu bringen. Wieso er mir aus dem Weg ging war mir eigentlich auch egal. Schließlich war es gut so. Trotzdem schmerzte jeder Gedanke an ihn und was aus uns hätte werden können. Der Frust in mir war hoch. Ich hatte Julian gebeten den anderen zu sagen, dass ich schon gefahren war. Vielleicht war ich feige in dem Punkt, doch ich wollte mich nicht erklären müssen.
Laut hörte ich RINs Album >Nimmerland< und versuchte nicht weiter an Felix zu denken. Er war mir egal. Zumindest versuchte ich mir das einzureden. Wenn ich das weiter so durchziehen würde, würde ich mich sicher bald besser fühlen.
Endlich fuhr der ICE Richtung Berlin Hbf ein. Türen öffneten sich und einige Menschen stiegen ein und aus. Besonders viel los war nicht. Meine Uhrzeit am Handy zeigte mir an, dass es bereits vierten nach elf war. Keine Zeit, wo viele Menschen reisten. Umso besser für mich. So würde ich wenigstens in Ruhe meine Musik hören können. In fünf ein halb Stunden würde ich wieder zuhause sein. Finn und Samuel hatte ich eine kurze Nachricht geschrieben, damit sie nicht komplett erschraken, wenn ich morgen früh dort antanzen würde. In suchte ich mir einen Platz in Fahrtrichtung und stellte die Musik lauter, als der Zug zu rollen begann.

Müde öffnete ich meine Augen. Ich lag in meinem Bett und fühlte mich endlich mal wieder wirklich zuhause. Wie das Licht durch meine Gardinen fiel und wie die Pflanzen in meinem Zimmer schatten warfen, das alles kam mir so vertraut vor. Entspannt drehte ich mich um und entschied mich noch weiter zu dösen. Vor hatte ich heute eh nichts mehr. Lea war wegen ihrer Arbeit heute ausserhalb und wir würden uns morgen erst treffen können. Einen Tag für mich zu haben tat mir aber wahrscheinlich gut.
Wie von alleine fingen meine Gedanken an an Felix zu denken. Unabsichtlich. Wie es zwischen uns war belastete mich. Ihn nicht mehr zu haben tat weh, als hätte ich etwas verloren. Eigentlich war es ja auch genau das. Ich hatte eine vertraute Person, welche ich gerne hatte verloren. Nicht so verloren wie Jacob damals, sondern eher als würde nun etwas zwischen uns stehen. Lustig, dachte ich bitter. Schließlich war ich es mit meinem Kopf das zwischen uns stand und die Frage, ob ich für ihn nur reiner spaß gewesen sei.
Laut auszusprechen, dass wir nicht zusammen passen würden war hart gewesen, weil ich es mir so sehr gewünscht hatte und auch immer noch tat. Felix hatte in der Zeit, seit dem wir uns kennengelernt hatten einfach angefangen mir viel zu bedeuten. Nun dieses schweigen zwischen uns war unangenehm. Vorher hatten wir uns gut verstanden und immer reden können, doch plötzlich war es weg. Okay ist war selber schuld dran mich darauf eingelassen zu haben und auch das beendet zu haben, doch weh tat es trotzdem. Nicht nur meine Gefühle waren im Arsch sondern vermutlich auch unsere Freundschaft.
Ich wollte jetzt nicht weiter darüber nachdenken.

Entschlossen stand ich auf und holte meine Sportsachen aus meinem Schrank. Ich wollte jetzt joggen gehen und dabei laut Musik hören. Einfach um meinen Kopf freizubekommen.

Mit schnellen schritten lief ich meine normale Strecke. Ich spürte meinen Herzschlag und mein Hals war trocken, doch nichts hätte mich dazu bekommen nun anzuhalten. Peter Fox motivierte mich zum weiterlaufen. Da meine Brüder das in ihrer Jugend rauf und runter gehört hatten, kannte ich fast alle Lieder auswendig und der Beat war zum joggen einfach gut. Mein Kopf wippte im Takt mit, während meine Füße den Staub des Kieses aufwirbelten. Was ich den restlichen Tag machen würde wusste ich noch nicht genau. Bis 16 Uhr würde ich die WG auf jeden fall für mich haben, weil die beiden anderen arbeiten mussten. Somit konnte ich alles machen, was ich tun wollte, wenn ich wieder da war. Doch erstmal betrachtete ich beim laufen die Menschen auf der Wiese, welche die letzten Strahlen der Sonne durch die Wolken genossen. Besonders schön war es nicht hier zu liegen mit den Straßen und dem dreckigen Tümpel, aber das schien ihnen egal zu sein. Eine Gruppe, vermutlich Studenten, war mit einem Ball und einem runden Netz zu sehn. Neben ihnen saßen zwei Omas auf einer Bank und ich sah paar Jugendliche die am Kiffen waren. Außerdem liefen eine Gruppe an Personen durch den Park, welche offensichtlich Touristen waren. Berlin halt, dachte ich und machte mich wieder auf den Weg zurück.

Fokus (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt