24. Julians Geburtstag

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Felix Perspektive:

Da ich mit Tommi noch Podcast aufgenommen hatte, war ich etwas später dran. Aus Julians Wohnung hörte ich schon die laute Musik. Da seine Klingel seit Jahren kaputt war, schlug ich drei Mal gegen die Tür. Trotz der lauten Musik hörte ich Schritte auf dem quietschenden Boden. Die Tür wurde geöffnet und ich erblickte meinen jüngeren Bruder Julian. Er stand mit einem Bier in der Hand vor mir.
„Alles Gute Dikka" sagte ich und klatschte mit ihm ab, bevor ich ihn in meinen Arm nahm.
„Danke dir" lachte Julian, als ich ihn wieder los ließ.
„Ist das Felix?" hörte ich eine weibliche Stimme aus der Wohnung.
„Ja" schrie Julian nur zurück und sofort hörte ich schnelle Schritte, welche auf und zu liefen.
Sophie kam um die Ecke gelaufen und grinste uns an. Ohne langsamer zu werden rannte sie auf mich zu, wo ich mit offenen Armen meine jüngere Schwester empfing. Eng zog ich sie an mich und wir begrüßten uns freudig. Julian stand währenddessen daneben und betrachtete uns.
„Na toll sogar an meinem Geburtstag begrüßt du die Schweiz liebevoller als mich" maulte er und schaute Sophie böse an.
„Ach Jule nicht schmollen. Dich mögen wir doch auch" sagte sie lachend und wollte ihm durch die Haare wuscheln, doch er drehte sich rechtzeitig weg.
„Ich hab die Schweiz über einen Monat nicht gesagt" verteidigte ich meine Reaktion.
„Aber wenn du ab jetzt auch so begrüßt werden willst, kann ick das natürlich machen" bot ich ihm an, doch er zeigte mir bloß den Mittelfinger. Eine Kleinigkeit, welche mich jedoch sofort wieder an Kaya denken ließ.
Hinter meinen Geschwistern betrat ich Julians Wohnung. Eine Hand voll seiner Kumpels war schon da. Alle hatten schon ein Bier in der Hand und sofort reichte Julian mir auch eins. Zusammen stießen wir auf seinen Geburtstag an und ich unterhielt mich mit Sophie wie es mit ihrem Master lief. Aufgrund ihres Studiums außerhalb von Berlin und meinem Job sahen wir uns selten. Und seit wir erwachsen waren kamen wir gut miteinander aus. Früher war es oft schwer gewesen. Schließlich war sie die jüngste von uns und wir hatten einfach nicht viele Gemeinsamkeiten gehabt. Doch das hatte sich mit der Zeit gelegt und sie war nun auch nicht mehr klein wie früher. Uns trennten ja auch nur gute vier Jahre.

Im Augenwinkel nahm ich wahr, wie Julian wieder in den Flur eilte. Vermutlich hatte es wieder geklopft. Durch die laute Musik konnte ich nur gedämpft Stimmen wahrnehmen. Zuordnen konnte ich sie jedoch nicht. Es dauerte nicht lange bis Julian zurück kam. Hinter ihm lief jemand den ich sofort erkannte.
Kaya.
Sie trug ein engen schwarzes Kleid, was bis zur Mitte Ihrer Oberschenkel ging. Dazu schwarze Docs und eine dunkelgrüne Strickjacke über dem Kleid, welches dünne Träger hatte. Ihre Haare hatte sie zu einem Dutt gebunden und ich konnte Ohrringe erkennen, welche sie trug. Ihr Anblick haute mich um. Fuck. Was war es damals für eine scheiß Idee gewesen sie einzustellen. Nur dadurch waren wir in diese verflixte Situation gekommen. Ich hätte sie einfach normal weiter treffen und dann daten sollen. Wenn sie nicht mit auf Tour gekommen wäre, würde es jetzt nicht so sonderbar zwischen und sein, dachte ich. Doch gleichzeitig wusste ich, dass wir uns erst auf Tour noch so viel näher kennengelernt hatten. Irgendwie war es richtig gewesen und gleichzeitig doch so falsch. Dass sie außerdem sechs Jahre jünger war machte es nicht gerade besser. Das waren schließlich nochmal zwei Jahre jünger als Sophie es war. Erst jetzt wurde mir das so richtig bewusst. Eigentlich störte mich das Alter nicht. Wir waren beide erwachsen. Doch wo ich jetzt eh wusste, dass es nichts werden würde zwischen Kaya und mir versuchte ich mir einzureden, dass es auch an dem Alter gelegen hätte. Rückgängig machen konnte ich aber eh nichts.
Sophie, mit welcher ich noch zusammen stand, folgte meinem Blick zu Kaya und schaute mich danach grinsend an. Vielleicht hatte ich Kaya etwas zu lange betrachtet. Meine Schwester legte ihren Kopf schief und schaute zwischen Kaya und mir hin und her.
„Wer ist sie?" fragte sie mich dann und versuchte ihr Grinsen zu unterdrücken.
„Ähm... das ist ... das is Kaya" antwortete ich ihr.
„Aha Kaya" murmelte sie und biss sich auf die Lippe.
„Was gibt es da so zu grinsen?" fragte ich Sophie.
„Ich grinse nicht" verteidigte sie sich und hob abwehrend ihre Hände.
„Doch tust du" sagte ich genervt.
Wieder schüttelte sie den Kopf. Dann lächelte sie an mir vorbei und kurz darauf trat Kaya neben mich. Kurz blickte ich zu ihr und lächelte schüchtern.
„Hey" begrüßte ich sie und sie erwiderte.
„Kaya, das ist meine Schwester Sophie" stellte ich sie ihr vor und Sophie hob grinsend die Hand um ihr zu winken.
Kaya lächelte ebenfalls, wenn auch etwas zurückhaltend. Ich hatte nicht gewusst, dass sie auch kommen würde, doch ich freute mich sie sehen zu können. Ob sie sich auch freute konnte ich jedoch nicht sagen.
„Sophie das ist Kaya, eine ... Freundin von mir" stellte ich auch Kaya noch einmal vor und nun hob Kaya die Hand.
Ich spürte, wie Kaya sich kurz etwas versteifte als ich sie >eine< Freundin von mir nannte. Auch mir tat das weh. Wie gerne hätte ich sie irgendwann als >meine< Freundin vorgestellt, doch das würde nun nicht mehr vorkommen. An Sophies Blick konnte ich erkennen, dass sie mir nicht abkaufe, dass wir nur Freunde waren, aber leider war dem so.
„Hast du schon nhn Bier?" fragte ich sie unnötigerweise, da sie keins in der Hand hatte.
„Ne hab noch keins" antwortete sie und schaute sich im Raum um, vermutlich nach Bier suchend.
„Warte ich hol dir schon eins" mischte sich Sophie nun ein und wandte sich mit einem zwinkern an mich.
„Ähm" ich wusste nicht wirklich was ich sagen sollte.
Doch meine Schwester war schon auf dem Weg.
Kayas Anblick allein fesselte mich immer noch und irgendwie keimte das Gefühl in mir auf, dass ich es irgendwann noch einmal bei ihr versuchen musste. Eine Person wie sie konnte ich nicht kampflos ziehe lassen nur weil die Umstände und Situation nicht gepasst hatten. Kaya war es wert, dass jemand um sie kämpfte und dieser Jemand wollte ich sein, wenn sie mich lassen würde. Doch das schob ich alles auf nach der Tour. Erst in der Retrospektive fiel einem meist auf, wie glücklich man selber in einigen Momenten gewesen war. Diese Momente hatten sich, seit ich auf sie getroffen war verdoppelt. Wie es mit uns weitergehen sollte, auch als Freunde wusste ich nicht.
Betreten schwiegen wir uns an, bis Sophie ihr das Bier reichte und mit ihr anstieß. Kurz darauf begrüßte ich paar Kumpels und ließ Sophie und Kaya zu zweit. Ich war froh aus der Situation gekommen zu sein. Zu sehen wie verändert die Stimmung zwischen Kaya und mir war tat weh.

Fokus (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt