59. woher die Kraft?

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Kayas Perspektive:

Die Sprucke blieb mir weck und ich spürte, wie mein Körper anfing zu zittern ohne dass ich etwas tun konnte. Es war Wut und Trauer zugleich. Das konnte nicht sein ernst sein.
„Wieso liegt da ein Bh?" fragte ich und merkte, wie emotionslos meine Stimme sich anhörte, als ich die Worte aussprach.
Felix schien das rot erst in diesem Moment zu bemerken und schaute geschockt auf den Boden. Seine Augen wurden groß. Es wurde still für ein paar Sekunden und ich hörte lediglich den Verkehr von der Straße.
„Felix, wieso liegt da ein roter Bh?" fragte ich nun lauter und mit mehr Nachdruck.
„Das... ick kann dir dit erklären. Es ist nicht so wie du denkst-" versuchte er und wurde sichtlich nervös.
Seine Augen flackerten zwischen mir und dem roten Stück Stoff hin und her.
„Ist das dein ernst? Was ist es denn dann?" fragte ich höhnisch und war erstaunt, dass aus meinen Augen noch nicht die Tränen liefen.
Wie konnte er nur? Bedeutete ihm unsere Beziehung so wenig? War ich ihm so egal? Ich spürte, wie sehr mein Herz weh tat und mein Körper noch mehr zitterte. Hätte ich nicht auf dem Bett gesessen, wären meine Beine vermutlich abgesackt. Doch so saß ich regungslos dort und konnte nicht fassen, was ich entdeckt hatte.
„Kaya hör mir erstmal zu. Es ist nicht so wie du denkst. Wirklich!" sprudelten die Worte panisch aus seinem Mund.
„Ich bin doch nicht bescheuert Felix. Was soll ein Bh bei dir im Zimmer denn sonst bedeuten?" lachte ich bitter und wünschte mir, dass das hier alles bloß ein Albtraum sei.
Ein ganz böser Albtraum, aus welchem ich gleich aufwachen würde. Ich würde ihn dann anrufen und von dem Traum erzählen. Er würde mir versichern, dass er nur mich liebte und alles wäre vergessen. Aber so war es nicht. Das war kein Traum. Es war die Realität.
Wie konnte er mir das antun?
„Kaya-"
„Was?" fauchte ich.
„Der ist von... naja der Name ist egal. Aber ich hatte nichts mit ihr! Da war nicht!" versuchte er mich zu überzeugen.
„Stimmt der Bh liegt da wahrscheinlich ausversehen nh?!" fragte ich ironisch.
„Kaya, ick weiß nicht wie der dahin kommt. Kaya ick schwöre"
„Nichts Kaya! Erst nh andere ficken und es jetzt auch noch leugnen. Du bist so ein Arschloch Felix. Wirklich" schrie ich ins Handy und legte in der folgenden Sekunde mit zitternden Händen auf.
Ich schmiss mein Handy neben mir aufs Bett.
Sofort begannen meine Tränen ihren weg über meine Wange zu finden und tropften auf mich herab. Wie konnte er? Zum ersten Mal verstand ich, was Leute immer von einem gebrochenem Herzen sprachen. Ich spürte diesen Schmerz in meiner Brust. So plötzlich war er da gewesen. Diese Enge und gleichzeitig schien etwas Wichtiges zu fehlen. Felix hatte mich betrogen. Diese Erkenntnis tat so unglaublich weh.
Dass mein Handy klingelte ignorierte ich. Ich konnte jetzt nicht mit ihm sprechen. Ich war zu verletzt. Der Schmerz war zu akut. Auch wenn er es nicht ausgesprochen hatte, es blieben keine Zweifel was der Bh dort bedeutete. Vermutlich war es besser, dass er es nicht ausgesprochen hatte. Ich wusste nicht, ob ich das ausgehalten hätte. Ich wollte nicht hören, wie er mir ins Gesicht sagte, dass er eine Andere gefickt hatte. Am liebsten wollte ich, dass er es nicht getan hätte.
Als ich die Anrufe nicht mehr aushielt, schaltete ich mein Handy in den Flugmodus und rollte mich auf dem Bett zusammen. Die Tränen rannen weiter über mein Gesicht und ich glaube nicht, dass sie jemals wieder stoppen würden. Das war es also gewesen. So wenig hatte es ihm bedeutet. Der Schmerz brannt.
Wieso verließen genau mich immer die Personen, welche mir so viel bedeuteten? Das mit Jacob war vermutlich der härteste Schlag meines Lebens gewesen von dem ich mich noch lange, vielleicht sogar nie, erholt hatte. Aber dass es jetzt mit Felix so schnell dem Ende zugehen würde hätte ich nicht gedacht. Ich hatte ihm vertraut, ihm so viel von mir erzählt.
Ich hatte oft miterlebt, wie Freunde von mir Liebeskummer gehabt hatten, doch selber hatte ich das Gefühl und den Schmerz nicht nachempfinden können. Bis jetzt. Auf einmal wusste ich genau, wie schrecklich es sich anfühlte. Felix hatte mich betrogen. Nach nicht einmal zwei einhalb Wochen, wo er auf Tour war. Ihm hatte unsere Beziehung augenscheinlich nichts bedeutet.
Der rote Bh brannte noch in meinen Augen.

Fokus (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt