5. Angeber

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Samuel war beruflich unterwegs und ich wusste, dass Finn zu Besuch bei Nils war. Er hatte zwar gefragt, ob ich mit wollte, doch ich hatte keine Lust gehabt. Ich genossen es lieber die Wohnung für mich zu haben.
Während ich den Abend anfangs trüb in meinen Gedanken verbracht hatte, hatte ich plötzlich einen Energieschub bekommen.

Es war wie ein Blitz gewesen, der in dem Moment durch mich geschossen war. Meine Gedanken hatten mir plötzlich einen neuen Weg gezeigt, welchen ich gehen konnte.
Ich war in einer meiner typischen Gedankengänge verschwunden. Jetzt traurig zu sein, würde mir nichts bringen, hatte ich mir gesagt. Davon würde er ja leider auch nicht wieder kommen. Ich hatte angefangen darüber nachzudenken, ob Jacob gewollt hätte, dass ich so darunter litt und mir mein Leben selber schwer machte. Letzten Endes war ich zu dem Entschluss gekommen, nein. Doch dies umzusetzen war nicht einfach.
Plötzlich seinen besten Freund zu verlieren war nicht nachzuempfinden. Einfach so war er weg gewesen. Keine Zeit mich zu verabschieden und keine Zeit ihm zu sagen, wie sehr ich ihn geliebt hatte. Alles war so plötzlich und unvorbereitet gewesen. Bei dem Gedanken spürte ich das unangenehme kribbeln und die Nervosität, welche mit ihm auf kam. Zu akzeptieren, dass ich ihn nicht wieder lebendig machen konnte, war so schwer gewesen.

Mal war der Schmerz schlimmer und mal weniger. Doch er war dauerhaft bei mir. Alle rieten mir mich abzulenken, doch das ging nicht. Er war weg. Doch nun schien ich einen Schritt weiter gekommen zu sein in dem Prozess der Verarbeitung. Ich wusste, dass ich darüber hinweg kommen musste. Wie ich das anstellen sollte, war mir zwar nich unklar, doch so ging es ja auch nicht weiter. Es fühlte sich gut an zu wissen, dass ich in meinem eigenen Prozess der Verarbeitung einen Schritt weiter gekommen zu sein schien. Doch mehr half es mir in dem Moment auch nicht. Ich konnte nicht von jetzt auf Gleich meine Gedanken und Gefühle austauschen.

Mein Handy riss mich aus den Gedanken. Les Name und ihr Gesicht erschienen auf meinem Bildschirm. Ich atmete tief durch und nahm den Videoanruf an. „Hey, Was geht meine süße?" fragte sie und strahlte in die Kamera.
„Ach nichts besonderes" antwortete ich ihr.
Sie bemerkte meine Stimmung und zog ihre Augenbrauen kraus. „Das glaubste dir doch selber nicht" sagte sie nur. Ich schwieg einen Moment. Einerseits wollte ich sie nicht mit meinen Sachen belasten. Doch wenn ich es meiner besten Freundin nicht erzählte, wem dann?
„Willst du drüber reden oder nicht?" fragte sie sachlich und ließ mir die Möglichkeit zu entscheiden. Ich überlegte kurz und nickte dann.Mit ihr zu reden hatte sich gut angefühlt. Lange hatten wir tiefsinnig über Jacob gesprochen und wie ich mich gerade fühlte. Sie hatte verständnisvoll reagiert und mir zugehört. Ich hatte ihr die Situation vom Kotti geschildert und hatte das Gefühl, dass sie meine Reaktion nicht verurteilte. Während es mir bei anderen Menschen schwer fiel über Jacob zu reden, fühlte ich mich bei ihr sicher. Sie gab mir einen Raum, in welchem ich alles erzählen konnte, was mich belastete. Genau dies war es, was unsere Freundschaft so stark machte. Wir konnten immer über alles reden. Sie selber hatte ihn nie kennenlernen können, da ich erst ein halbes Jahr nach dem Unfall auf sie traf. Jedoch hatte ich vielen Schmerz mit ihr geteilt. Wir hatten uns einfach so angefreundet. Ihre lustige, hibbelig Art konnte man einfach nur lieben. Ab und an dachte ich mal daran, dass sie und Jacob sich bestimmt super verstanden hätten und was wir drei hätten zusammen erleben können, doch den Gedanken verwarf ich immer schnell. Es war keinem geholfen, wenn ich im Hätte oder Wenn lebte. Die bittere Wahrheit war nunmal, dass Jacob nicht mehr lebte.

Sie erzählte mir gerade von irgendeinem typen mit dem sie sich letztens getroffen hatte und schwärmte über sein Aussehen, dass ich sie zwang mir sein Insta zu sagen. Um mir ihren Typen, den Namen hatte ich leider vergessen, etwas genauer anzuschauen, öffnete ich Insta auf meinem Laptop.
„Und was denkst du?" fragte sie aufgeregt am anderen Ende. Ich klickte die Bilder durch.
„Also gut aussehen tut er..." stimmte ich ihr zu.
„Ich wusste doch, dass du auch meinst er ist eine Sahneschnitte" freute sie sich am anderen Ende. Ich intervenierte.
„So hab ich das nun nicht gesagt" stellte ich klar.
„Außerdem ist Aussehen nicht alles. Er muss ja auch vom Charakter cool sein". Lea verdrehte die Augen.
„Du hörst dich an wie meine Mutter. Der typ ist bombe und zum vögeln sicher prima" meinte sie und quikte fröhlich.

Fokus (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt