Akiras Vater hat das junge Mädchen auf die UA gelassen, damit sie eine Heldin wird und ihre Familie stolz machen kann. Dass Akira eigentlich gar nicht die natürlichen Voraussetzungen dafür haben dürfte, weiß niemand. Niemand außerhalb ihrer Familie...
Tatsächlich konnte ich meinen Vater davon überzeugen, dass ich nicht trainieren muss, nachdem er gesehen hat, wie mies es mir mit meiner Spezialität geht. Es hat mich zwar gewundert, dass er doch so schnell eingeknickt ist, aber ich habe es lieber hingenommen und mich ausgeruht.
Den restlichen Tag über lag ich eigentlich nur im Bett und habe bis auf ein paar Hausaufgaben nichts weiter gemacht, um mich so gut es geht zu schonen, aber trotzdem haben meine Gedanken immer um mein Gespräch mit Shoto oder das Verhalten meines Vaters gekreist.
Ich bin schließlich nach einem kurzen Abendessen früh eingeschlafen und hatte eine entspannte Nacht, die ich anscheinend wirklich mal gebraucht habe.
Dementsprechend erholter bin ich am nächsten Tag in der Schule und so kommt es, dass ich mit einer freundlicheren Miene den Klassenraum betrete und mich auch wieder bei den Gesprächen mit meinen Freunden beteilige.
"Geht es dir besser?" fragt Ochako und legt den Kopf leicht schief, während ich einfach nur kurz nicke.
"Ich sagte doch, gestern war ein schlechter Tag." sage ich einfach, um da nicht groß weiter drüber reden zu müssen. Ein kurzes Lächeln bildet sich auf meinen Lippen, um meine Freunde zu beruhigen, weshalb Ochako sofort grinst.
"Ich mag es, wenn du lächelst Akira."
Meine erste Intuition war es, sofort aufzuhören, doch ich zwinge mich, weiter zu machen und bedanke mich. Langsam komme ich in dem neuen Umfeld an, denn erstens habe ich vorher noch nie so viel gelächelt und zweitens habe ich noch nie gut gegen meine Angewohnheiten angehen können. Scheint, als lerne ich endlich, offener zu werden.
[...]
Nach einer Doppelstunde Mathematik, Englisch und einer weiteren in Helden-Kunstgeschichte haben wir endlich Mittagspause, allerdings verspüre ich heute nicht wirklich Lust darauf, mich unter die vielen anderen Schüler zu mischen und mich dem Lärm der riesigen Cafeteria auszusetzen. Deshalb nehme ich mir mein Tablett mit dem Essen und verlasse nach kurzer Absprache mit meinen Freunden das Gebäude, um zurück zu dem Baum zu gehen, an dem ich das erste Mal ein Gespräch mit Shoto geführt habe.
Mittlerweile akzeptieren meine Freunde es wohl, wenn ich Ruhe brauche und fragen nicht mehr dauernd nach, was los ist. Sie akzeptieren meine Natur und dafür bin ich ihnen erstaunlich dankbar.
"Du auch hier?" fragt da jemand hinter mir und ich drehe den Kopf so, dass ich in Shoto's grau-türkise Augen gucken kann.
"Ich wollte etwas mehr Ruhe. Hoffentlich habe ich dir jetzt nicht deinen Rückzugsort weggenommen..." sage ich und nehme zögerlich etwas von meinem Reis, während Shoto einfach abwinkt und sich neben mich ins Gras setzt, dieses Mal näher als letztes Mal.
"Hat dein Vater dich gestern in Ruhe gelassen?"
Überrascht schaue ich wieder von meinem Essen auf und bemerke Shoto's interessierten Blick, bevor ich schließlich nicke. Mit seinem Interesse über mein Wohlbefinden und mein Privatleben habe ich nicht gerechnet, selbst wenn wir gestern nach der Schule dieses offene Gespräch hatten und er da schon ein wenig besorgt gewirkt hat.
"Nachdem er verstanden hat, dass es mir und meiner Spezialität nicht gut geht, hat er mich erstaunlicherweise in mein Zimmer geschickt und mir Ruhe gegeben." erkläre ich kurz, um etwas zu sagen und so keine Stille aufkommen zu lassen. Ich streiche mir eine Haarsträhne weg und sehe so nur aus dem Augenwinkel, wie Shoto nickt.
"Ich frage mich allerdings, was er dich alles hat machen lassen. Eigentlich gehe ich davon aus, dass du deine Spezialität gut im Griff hast, also musst du sie ziemlich viel genutzt haben, um sie zu überlasten."
Ich atme tief durch, während dieses bedrückende Gefühl langsam wieder in meiner Brust aufgeht.
"Wenn du wüsstest..." murmle ich und hoffe einfach, dass Shoto das nicht gehört hat. Da er aber nichts weiter sagt und es ruhig wird, gehe ich davon aus, dass er es tatsächlich überhört hat.
"Ich... wollte mich noch bedanken. Für gestern, dass du mich gerettet hast." sage ich schnell, denn ich habe mich wirklich noch nicht bei ihm bedankt. Unsicher schaue ich auf und sehe, wie Shoto mich ebenfalls anschaut.
"Keine Ursache." erwidert er mit seiner gewohnt kühlen Stimme, aber in seinen Augen kann ich tatsächlich so etwas wie Wärme erkennen.
"Du bist eigentlich gar nicht so unsympathisch, Shoto. Ich weiß, sowas ist leichter gesagt als getan, aber wenn du auch anderen gegenüber offener wärst, hättest du bestimmt einige Freunde."
Shotos Miene wird kälter und er senkt den Blick auf sein leeres Tablett, da er inzwischen schon aufgegessen hat.
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"Ich bin nicht hier, um Freundschaften zu schließen."
Autsch, das tat mehr weh als erwartet. Schnell drehe ich mich wieder weg und esse schweigend auf. Dauernd geht mir sein Satz durch den Kopf: Er will keine Freundschaften schließen.
Also sieht er mich nicht als Freundin? Bin ich ihm nicht wichtig? Ja, wir haben erst vor Kurzem angefangen, miteinander zu reden, aber wir haben schon so private und teilweise geheime Sachen miteinander geteilt, die niemand sonst weiß, dass ich... naja, dass ich meinerseits ihn schon als Freund betiteln würde.
"Bei dir ist das Ganze etwas... kompliziert." spricht Shoto da auf einmal wieder los und bringt mich so dazu, zusammenzuzucken. Verwirrt gucke ich zu dem Jungen, der seinen Blick allerdings wieder in die Ferne gerichtet hat und einen unbestimmten Punkt fixiert.
"Du bist mir ähnlich und es fällt mir leicht, mich mit dir zu unterhalten. Eigentlich sollte ich dich, wie jeden anderen sonst hier, als eine Konkurrentin sehen, aber... das fällt mir erstaunlich schwer."
Als er den letzten Teil nach einem kurzen Zögern sprach, hat er mich wieder angeschaut und etwas in mir regt sich. Irgendwie fühle ich mich erleichtert, dass er mich nicht als eine Konkurrentin ansieht und dass es leicht für ihn ist, mit mir zu reden, denn das bestätigt mir, dass es ihm genau so geht wie mir.
Ich würde gerne antworten, aber scheinbar erwartet der Junge neben mir keine Antwort, denn er steht auf und nimmt sein Tablett zur Hand. Dann schaut er wieder zu mir und hält mir seine Hand hin, die ich auch etwas überrascht annehme und mir so von ihm hoch helfen lasse.
Als ich auch mein nun leeres Tablett habe, gehen wir zusammen zurück in das Gebäude und geben die Tabletts an der Essensausgabe ab.
"Bereit für den Unterricht?"
Ich lächle Shoto mehr aus einem Reflex an, denn es fühlt sich gut an, zu lächeln und positive Gefühle nicht zurückzuhalten.
Tatsächlich bildet sich auch auf seinen Lippen ein kleines, kaum erkennbares Schmunzeln, was mein Lächeln gleich noch etwas breiter werden lässt. Es ist ein gutes Zeichen, dass er anfängt, sich bei mir zu öffnen und seine Gefühle nicht mehr zurückzuhalten, das bedeutet, dass er anfängt, mir zu vertrauen.
Der Baum gewinnt langsam mehr an Bedeutung für die beiden Protagonisten dieser Story. Und glaubt mir, bei diesem Baum wird noch so einiges passieren.
Also seid gespannt, was noch kommt, denn wir sind erst ganz am Anfang der Geschichte! :D