Sobald ich mich zum Inneren des Zimmers drehe, sehe ich eine Seite, die vergleichsweise unaufgeräumt ist und eine, die ziemlich sauber gehalten wird. Das eine Bett von beiden ist leer, also dürfte das wohl Mashirao gehören und ich schmunzle kurz, als mir das Chaos um sein Bett herum auffällt.
Auf dem anderen Bett sitzt eine Person, mit dem Rücken an das obere Bettgestell, die Beine im Schneidersitz verschränkt und die Hände im Schoß, während er irgendetwas festhält. Mein Herz setzt für eine Sekunde aus, als ich Shoto erkenne, und ich bleibe in dem kleinen Flur stehen.
Shoto sieht... fertig aus, irgendwie durcheinander, aber vor allem... traurig. Ich schlucke hart und mache einen vorsichtigen Schritt nach vorne, doch noch immer scheint der Junge mich nicht zu bemerken.
Erst jetzt erkenne ich, was Shoto da in den Händen hält und augenblicklich fühlt sich mein Herz noch ein Stück schwerer an. Er scheint einen der goldenen Armreifen von meinem Kostüm gefunden zu haben, da wir unsere Kostüme ebenfalls mit ins Ferienlager genommen hatten. Der Reif muss mir wohl aus dem Koffer gefallen sein, als ich meinen Trainingsanzug herausgeholt habe, er wurde dann gefunden und wohl Shoto gegeben.
Ich schlucke hart und zwinge meinen Körper dazu, endlich richtig zu seinem Bett zu gehen, weshalb wohl nun auch Shoto zu bemerken scheint, dass er nicht mehr alleine ist.
Er hebt seinen Kopf und schaut mir in die Augen, weshalb ich genau sehen kann, wie seine sich weiten, als er mich erkennt. Ich stehe am Ende des Bettes und atme tief durch, während Shoto wohl immer noch nicht glauben kann, dass ich wirklich wieder vor ihm stehe.
"A-Akira?" fragt er schließlich leise, weshalb mein schmerzendes Herz einen aufgeregten Sprung macht und ich einfach sanft nicke.
"Ich bin hier, Shoto." meine ich leise mit sanfter Stimme, und dennoch kann ich genau beobachten, wie sich langsam Tränen in den Augen des Jungen bilden, weshalb ich besorgt die Augenbrauen hebe und zu ihm auf das Bett eile.
Ohne weiter drüber nachzudenken, setze ich mich auf seinen Schoß und lege meine Arme um ihn, woraufhin auch Shoto sofort eng seine Arme um mich schlingt und meinen Oberkörper nahe an seinen drückt. Ich kann ihn erleichtert ausatmen hören und presse meine Lippen aufeinander, während ich sanft mit einer Hand durch seine Haare streiche und ihn so wenigstens etwas beruhige.
Dennoch spüre ich, wie der Stoff meiner Jacke an meiner Schulter ein wenig nass wird, drücke Shoto deshalb aber nur noch mehr an mich. Er soll sich seine Zeit nehmen und alles rauslassen, und ich weiß, wenn ich ihn jetzt anschauen würde, würden bei mir auch alle Dämme brechen.
So verharren wir einfach in dieser innigen Umarmung, solange, bis Shoto sich irgendwann beruhigen kann und sich langsam wieder etwas von mir löst. Abermals mustert er mein Gesicht, was ich ihm gleichtue.
Trotz seiner vom Weinen geröteten und leicht geschwollenen Augen sieht er meiner Meinung nach immer noch wunderschön aus und ich lächle ihn sanft und beruhigend an, glücklich, ihn jetzt wieder bei mir zu haben.
Vorsichtig hebe ich meine Hand und streiche sanft über seine Wange, wobei er dieses Mal kein Stückchen zuckt, als meine Finger seine Narbe streifen. Stattdessen schmiegt er sich geradezu in meine Hand und atmet erleichtert aus, mindestens genau so erleichtert wie ich im Moment.
"Ich hatte solche Angst um dich, Akira." sind schließlich die ersten Worte, die seinen Mund verlassen, mit etwas angerauter und brüchiger Stimme. Ich streiche ihm eine Haarsträhne aus seinem schönen Gesicht, das in diesem Moment so sanft und gebrechlich wirkt wie noch nie zuvor.
"Es geht mir gut, Shoto. Du hast mein Leben gerettet. Du und... und dein Vater." flüstere ich, während Shoto hart schluckt und mich an der Hüfte näher zu sich zieht, sodass ich jetzt bequem auf seinem Schoß sitzen kann, meine Beine locker hinter seinem Rücken verschränkt.
"Hätte Endeavor mich nicht ins Krankenhaus gebracht und hättest du Herr Aizawa nicht von meiner Situation mit der Blutgruppe erzählt..." murmle ich und atme tief durch, als mir die Gedanken daran wieder kommen. Shoto schüttelt schnell den Kopf.
"Daran will ich gar nicht denken. Du bist hier, du bist bei mir und dir geht's gut. So schwer es mir auch fällt, das zuzugeben, aber ich bin meinem Alten unglaublich dankbar dafür, dass er so schnell reagiert hat."
Ich nicke sanft und mustere sein Gesicht, was er mir gleichtut, nun endlich mit einem glücklichen Funkeln in seinen Augen. Dennoch kann ich genau erkennen, dass ihn weiter etwas beschäftigt, weshalb ich leicht die Augenbrauen hebe und den Kopf schief lege.
"Hat... Herr Aizawa noch weiter nachgefragt, was deine Blutgruppe oder Weiteres angeht?" fragt Shoto schließlich und ich atme tief durch, bevor ich nicke.
"Er weiß alles. Bis ins kleinste Detail, ich hätte es so oder so nicht weiter verschweigen können. Ich war es Herr Aizawa schuldig, damit er verstehen kann, warum so viel so passiert ist, wie es ist."
Shoto schluckt und lässt den Kopf ein wenig hängen.
"Tut mir leid, wegen mir warst du dazu gezwungen, das alles preiszugeben."
Sofort lege ich zwei Finger unter sein Kinn und drücke es sanft hoch, um ihn dann liebevoll anzuschauen und sanft mit dem Kopf zu schütteln.
"Mach dir da keine Gedanken drum, Shoto. Hättest du nichts gesagt, säßen wir wohl nicht hier, es gab keine andere Möglichkeit, das zu lösen. Du wolltest mir helfen und musstest dafür mit einem Teil der Wahrheit herausrücken, das ist okay. Ich bin dir nicht böse, du musst dich nicht entschuldigen." beruhige ich ihn, weshalb sich ein leichtes, erleichtertes Lächeln auf seinen Lippen bildet und er nickt, endlich komplett beruhigt.
"Wie hat Herr Aizawa reagiert?" fragt mein Freund dann und ich zucke leicht mit den Schultern.
"Er wusste ja bereits einen Teil, wenn auch nur einen kleinen. Aber wahrscheinlich hat das geholfen, dass er mir schneller geglaubt hat und nicht allzu überrumpelt war. Er hat ziemlich gelassen reagiert und mir im Endeffekt versichert, dass alles gut ist und er immer für uns da ist. Selbst wenn er oft nicht so wirkt."
Bei meinem letzten Satz kichere ich leicht, während Shoto mich einfach mit einem leichten Lächeln auf den Lippen beobachtet, sein Blick verträumt über mein Gesicht schweifend.
Wir haben schlussendlich die nächsten Stunden genutzt, Zeit miteinander zu verbringen, um etwas verlorene Zeit wieder aufzuholen. Dadurch wurde es aber auch bald schon ziemlich spät und da ich sicher bin, dass Mashirao bald auch wieder ins Zimmer möchte, muss ich mich irgendwann wohl oder übel wieder auf den Weg zurück zu meinem eigenen Zimmer machen.
"Kommst du morgen wieder zum Unterricht?" fragt Shoto, als ich das Zimmer bereits verlassen habe, weshalb ich mich wieder zu dem Jungen drehe und so sehe, wie er am Türrahmen lehnt und mich gespannt anschaut.
"Soweit ich weiß, ja. Mir geht's gut, meine Verletzungen sind verheilt, was sollte mich stoppen?" meine ich lächelnd und lasse es zu, dass Shoto mich leicht an der Hüfte zu sich zieht.
"Gut, dann sehe ich dich also morgen." murmelt er leise und ich nicke nur kurz, bevor ich mich vorlehne und ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen gebe. Und auch, wenn er wohl nicht wollte, dass ich mich schon wieder löse, mache ich schnell einen Schritt nach hinten und winke meinem Freund frech grinsend zu, bevor ich mich umdrehe und losgehe.
Hinter mir kann ich ein leises Lachen hören, weshalb ich mich beinahe überrascht wieder umgedreht hätte, denn dass ich Shoto laut lachen höre, ist bisher noch nie vorgekommen. Sein Lachen ist noch tausend Mal besser als sein Lächeln, es erwärmt mein Herz und bringt meinen Magen dazu, aufgeregt zu kribbeln, weshalb sich automatisch ein breites Lächeln auf meinen Lippen bildet.
Dieses Lächeln klebt fest auf meinen Lippen, selbst als ich das Zimmer von Ochako und mir wieder betrete und mich fertig mache, schlafen zu gehen. Ochako war wohl nur glücklich, dass es mir gut geht, denn sie hat nicht weiter nachgefragt und sich einfach ebenfalls fürs Bett fertiggemacht.
So legen wir uns also schlafen und beenden damit den heutigen Tag, der für mich endlich wieder Normalität eingeläutet hat. Zumindest sollte er das eigentlich.
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elementary || shoto todoroki
FanfictionAkiras Vater hat das junge Mädchen auf die UA gelassen, damit sie eine Heldin wird und ihre Familie stolz machen kann. Dass Akira eigentlich gar nicht die natürlichen Voraussetzungen dafür haben dürfte, weiß niemand. Niemand außerhalb ihrer Familie...