vol. 21: Auszug

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Als ich zuhause ankomme, knalle ich mit einer plötzlichen Wut die Tür hinter mir zu und bringe meine Mutter so dazu, sich erschrocken zu mir umzudrehen.

"Akira Liebes, was ist denn los?" fragt sie liebevoll und auch, wenn sie immer diejenige von meinen Eltern war, die mich normal behandelt hat, ist auch sie schuld, dass ich so bin, wie ich bin.

Die Wut in mir spiegelt sich sicherlich in meinen rot glühenden Augen wider, doch ich versuche, nicht sofort in Flammen zu stehen. Mein Vater hat wohl auch mitbekommen, dass ich zurück bin, denn er betritt ebenfalls das Wohnzimmer und schaut mich unbesorgt wegen meiner Wut an.

"Wie konntet ihr mir das alles nur antun?!" rufe ich schließlich laut, woraufhin meine Eltern sich fragend anschauen, meine Mutter besorgt und mein Vater weiterhin unbeeindruckt.

"Habt ihr bei euren Experimenten auch nur einen Moment daran gedacht, wie es mir mit meiner Entstehungsgeschichte gehen könnte? Wie ich das meinen Freunden erklären soll, ohne dass sie mich danach verstoßen?!"

Mein Vater schaut mich nun ebenfalls schockiert an.

"Du hast jemandem davon erzählt, dass du ein Experiment unserer Wissenschaftsstudie bist?" fragt er nach und ich lache verächtlich bei seinem Namen für mich.

"Ja, Vater, ich habe mich endlich mal jemandem anvertraut. Ich habe Shoto alles, wirklich alles über mich, meine Spezialität und meine Vergangenheit erzählt und jetzt? Jetzt will er vermutlich nichts mehr mit mir zutun haben!"

Ich spüre ein Kribbeln in meiner rechten Hand und als meine Mutter bemerkt, dass meine Hand in Flammen steht, weiten sich ihre Augen.

"Schatz bitte, deine Hand..."

Ich lasse sie gar nicht erst ausreden.

"Was habt ihr denn? Ihr habt mir das Feuer doch vermacht, und das mithilfe der DNA von Shotos Vater! Was, habt ihr nicht erwartet, dass ich meine geschenkte Kraft auch gegen euch einsetzen könnte?"

Ich atme kurz durch, um nicht komplett die Fassung zu verlieren.

"Ich habe das Blut von Endeavor in mir und wollt ihr etwas wissen? Shoto verabscheut seinen Vater und damit jetzt wohl auch mich! Verdammte Scheiße, ich bin so froh, dass ich bald von hier wegkomme!"

Den letzten Satz schreie ich ohne Zurückhaltung heraus, lasse das Feuer dann erlischen und rausche an meinen völlig verdatterten Eltern vorbei nach oben in mein Zimmer, wo ich dann versuche, irgendwie wieder runterzukommen.

Tja, jetzt wissen sie zumindest schon einmal, dass ich von zuhause wegziehen will und werde. Komme, was wolle.

[...]

Ich war froh, als knapp eine Woche später in der Schule angekündigt wurde, dass wir die Wohnheime beziehen können, denn ich halte es nicht länger mit meinen Eltern aus.

Es ist nicht so, dass ich sie dafür verantwortlich mache, dass Shoto mich meidet, daran bin ich selbst schuld, weil ich ihm alles gesagt habe. Aber sie sind definitiv dafür verantwortlich, dass ich so entstanden bin, wie es nunmal ist.

Generell hat Shoto sich die letzte Woche über extrem vor mir zurückgezogen und ist wieder in seine alte, kalte Rolle gefallen, nur dass er sich dieses Mal auch mir gegenüber kalt verhält. Es ist, als hätten wir nie miteinander geredet oder uns besser kennengelernt, was mir immer wieder aufs Neue einen kleinen Stich ins Herz versetzt.

In der Schule habe auch ich mich verändert, ich versuche ebenso, kalt rüberzukommen, aber meistens läuft es darauf hinaus, dass ich wie ein Häufchen Elend aussehe und bei der kleinsten Provokation ausrasten könnte.

Mein Geduldsfaden ist bis auf Äußerste gespannt und könnte bei der winzigsten Aktion reißen, so sehr belastet mich alles, was momentan in meinem Leben passiert.

Nur Ochako schafft es noch, zu mir durchzudringen und mich hin und wieder zum Reden zu kriegen, aber generell bin ich sehr schweigsam geworden. Wenn man überlegt, dass all das mit mir passiert, weil sich eine Person, die ich in mein Herz geschlossen habe, dermaßen von mir abgewandt hat, hätte mein altes, von meinem Vater geprägtes Ich die Augen verdreht und tadelnd mit dem Kopf geschüttelt.

Mein altes Ich hätte sich niemals so einlullen und es gar nicht so weit kommen lassen, damals hätte ich das locker weggesteckt oder es wäre gar nicht erst passiert, denn ich hatte niemanden, der mir wichtig war.

[...]

Heute ist es dann tatsächlich endlich so weit und wir können die von Zementoss fertiggestellten Wohnheime beziehen. Ich freue mich wirklich, endlich von zuhause wegzukommen und verspüre auch nicht wirklich den Drang, mich von meinen Eltern zu verabschieden.

Wahrscheinlich wäre ich wirklich einfach abgehauen, wenn ich nicht einige Gesprächsfetzen meiner Eltern am Morgen meines Auszugs mitbekommen hätte, in denen es klar um mich und meine Spezialität geht. Verwirrt öffne ich die Tür zum Wohnzimmer und sehe, wie meine Eltern miteinander diskutieren.

"Du musst ihr endlich die Wahrheit sagen, bevor sie weg ist!"

Ich hebe eine Augenbraue.

"Was muss mir gesagt werden? Gibt es noch etwas über mich, meine Vergangenheit oder Spezialität, das ich wissen sollte? Das würde mich mittlerweile nicht einmal mehr überraschen."

Mein Vater tauscht kurz noch einen Blick mit meiner Mutter aus, bevor er laut seufzt und sich mir schließlich zuwendet.

"Akira. Es gibt einen Grund, warum ich dich die Jahre über so hart habe trainieren lassen."

Ich lege den Kopf schief und verschränke meine Arme vor der Brust, mein Koffer und die Reisetasche sicher hinter mir geparkt und fertig für den Auszug.

"Du meinst noch einen Grund zusätzlich zu der Tatsache, dass ich für dich nur ein Versuchsobjekt bin und nie deine Tochter war?" frage ich mit einem gelangweilten Unterton und lehne mich am Türrahmen neben mir an. Mein Vater schaut mich kurz mit hochgezogenen Augenbrauen an, bevor meine Mutter dazwischengrätscht und anfängt, zu erzählen.

"Du weißt ja, dass ich deinen Vater bereits sehr früh kennengelernt habe. Wir gingen damals noch zur Schule und wie viele andere wollte auch er unbedingt ein Superheld werden. Wegen einer zu schwachen Spezialität, die dazu auch damals noch sehr schwach bei ihm ausgeprägt war, schaffte er es in keine Heldenschule und musste sich so anders über die Runden bringen. Er wurde oftmals für seine Spezialität und Ablehnung an den Heldenschulen heruntergemacht, was ihn sehr gekränkt hat. Und als wir dann ein Paar wurden, hat er mir geschworen, dass so etwas unseren Kindern niemals widerfahren sollte. Er wollte der Welt und seinen Peinigern unbedingt zeigen, wie mächtig seine Familie und damit seine Spezialität sein kann, deshalb wollten wir das bestmögliche aus unserem Kind, also dir, herausholen."

Ungläubig schüttle ich den Kopf und lache los, so absurd ist die Situation für mich.

"Was, soll ich jetzt Mitleid mit euch haben? Ihr habt ihr mir das alles nur angetan, um euer Ego wieder aufzupolieren! Mir ist die Macht, die ich besitze, vollkommen egal, ich würde alles aufgeben, um normal zu sein und kein Monster der Wissenschaft!"

Mit diesen Worten drehe ich mich um, greife mir den Koffer und die Tasche, die ich mit meinen Sachen aus meinem Zimmer gepackt habe, und verlasse mein Elternhaus, hoffentlich für immer.

elementary || shoto todorokiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt