vol. 19: Bau der Dorms

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Am nächsten Morgen blutet die Wunde zwar nicht mehr, aber sie ist noch mehr als deutlich sichtbar, weshalb ich kurz meine Augen schließe und laut ausatme. Heute fühle ich mich insgesamt sehr unwohl in meinem Körper, er ist noch immer etwas ausgelaugt vom gestrigen Training, aber ich will auf keinen Fall zuhause bleiben, wenn ich hier meinem Alten über den Weg laufen kann.

Also ziehe ich mir meine Schuluniform an, packe schnell meinen Rucksack und mache mich auf den Weg in die Küche, um mir noch etwas zu Essen einzupacken. Glücklicherweise treffe ich auch meine Mutter nicht an, denn ich kann jetzt gut und gerne auf ihre fragenden und besorgten Blicke verzichten.

Sie wird sowieso nichts gegen meinen Vater unternehmen, das hat sie noch nie, obwohl sie genau weiß, wie sehr ich unter ihrem Ehemann leide. Mit einem leisen Seufzen ziehe ich mir meine Schuhe an und verlasse schnell das Haus, bevor ich meinen Vater hätte sehen können.

Auf dem Weg zur Schule kommen in mir immer wieder die Gedanken auf, was meine Klassenkameraden, insbesondere aber meine Freunde über meine Verletzung sagen werden. Je näher ich dem Schulgebäude komme, desto stärker grüble ich nach und bemerke so fast nicht, wie ich bereits das Klassenzimmer erreicht habe.

Kurz stehe ich einfach vor der Tür und betrachte diese, bevor ich den Kopf schüttle und den Raum betrete. Mittlerweile achtet kaum noch jemand darauf, ob ich den Raum betrete oder nicht, was mich schon irgendwie erleichtert. Ihre brennenden Blicke sind das Letzte, was ich auf meiner Haut vermissen werde.

Viele von ihnen scheinen es inzwischen zu akzeptieren, dass ich ihnen nicht die komplette Wahrheit über meine Spezialität gesagt habe. Trotzdem trage ich ein flaues Gefühl in meinem Magen mit mir herum, als ich durch die Reihen laufe und meinen Platz anvisiere. Wortlos stelle ich meinen Rucksack ab und will mich gerade hinsetzen, als jemand neben mir meinen Namen sagt.

Automatisch halte ich inne und drehe meinen Kopf nur langsam zu Shoto, der mich mit leicht schief gelegtem Kopf anschaut. Ich schlucke, denn ich kann ganz genau beobachten, wie sein Blick von meinen Augen zu meiner Wange wandert und man in seinem Gesicht eine leichte Regung bemerken kann.

Er steht von seinem Platz auf und macht einen Schritt auf mich zu, da unsere Tische keinen Meter voneinander entfernt stehen. Langsam hebt er seine Hand, wohl eher unbewusst, bevor er mir eine Haarsträhne wegstreicht und den Kratzer auf meiner Wange untersucht.

Vorsichtig legt er seine Hand auf meine Wange, darauf bedacht, mir nicht wehzutun, während ich eher erstarrt beobachte, was gerade passiert. Mein Körper spannt sich automatisch etwas an, nicht wissend, wie er auf diese neue Art der Berührung reagieren soll.

Vermutlich hätte ich da noch ewig weiter herumgestanden und den Jungen überrascht angestarrt, doch als er dann etwas sagt, holt er mich damit aus meiner Starre zurück: "War das dein Vater?" fragt er leise, da andere Schüler in unserer Nähe das hören könnten. Ich schlucke kurz, nicke dann aber doch und sehe, wie eine weitere Emotion sich in Shotos Augen erkennen lässt: Er scheint ganz klar wütend zu sein.

"Das geht so nicht weiter." murmelt er, zieht seine Hand wieder zurück und atmet tief durch. Für ihn war dieser Moment anscheinend nichts allzu besonderes, er wollte nur genauer sehen können, was mein Vater getan hat.

"Man muss doch etwas tun können..."

Er grübelt so sehr nach, dass er Izuku in seiner Analyse-Denkphase beinahe schon Konkurrenz machen könnte, was irgendwie süß aussieht. Ohne es zu merken, lächle ich leicht los und nehme dann Platz, als Herr Aizawa den Raum betritt, noch immer in seine Bandagen gewickelt.

"Guten Morgen Klasse. Es gibt eine große Ankündigung, die wir gestern gemeinsam im Kollegium gefällt haben und die ich euch nun mitteilen werde. Dadurch, dass die Schüler der UA dieses Jahr besonders gefährdet zu sein scheinen, haben wir Lehrer uns einstimmig dafür ausgesprochen, für euch Schüler einige Wohnheime auf diesem Campus errichten zu lassen, um euch besser vor Schurken oder sonstigen Gefahren schützen zu können."

Herr Aizawa schaut zu mir und je länger ich seinen Blick erwidere, desto sicherer bin ich mir, dass auch mein Leben bei meinen Eltern eine Rolle bei der Entscheidung gespielt hat. So unauffällig wie möglich atme ich tief durch, denn mein Puls ist bei dieser Ankündigung dermaßen in die Höhe geschossen, dass ich das Gefühl habe, alle um mich herum können meinen Herzschlag hören.

Einerseits freue ich mich, dass ich anscheinend endlich aus meinem Elternhaus rauskomme und mich komplett den Händen meines Vaters entziehen kann, andererseits habe ich Angst davor, wie meine Eltern reagieren werden, wenn sie etwas davon mitbekommen.

Besonders mein Vater könnte sich querstellen und mich nicht gehen lassen, denn so würde er ja sein geliebtes Experiment aus den Händen geben.

Die restliche Stunde über schiebe ich jegliche Gedanken an zuhause einfach beiseite, um mich auf den Unterricht fokussieren zu können. Lediglich meine Wange hat mich hin und wieder daran erinnert, wenn ich sie aus Versehen berührt und den leichten Schmerz dann gefühlt habe. Schließlich wird die Stunde dann aber doch beendet und wir können in die Pause gehen.

Sofort kommt Ochako auf mich zugestürmt und zieht mich am Arm hinter sich her aus dem Raum. Verwirrt lasse ich mich einfach mitziehen, während Izuku und Tenya uns beiden entspannt folgen.

Irgendwann, in einer Ecke, in der sich eher weniger Schüler aufhalten, bleibt die Braunhaarige dann doch stehen und schaut mich aus großen Augen an. Verwirrt darüber, was genau sie jetzt von mir hören will, hebe ich eine Augenbraue, als dann auch die beiden Jungs dazustoßen.

"Was genau wollt ihr wissen?" frage ich endlich konkret nach und Izuku deutet auf meine Wange.

"Was ist passiert?" fragt er und ich atme tief durch.

"Mein Vater hat mich wieder trainieren lassen. Dieses Mal hat er aber nicht angehalten, als ich mich nicht mehr verteidigen konnte, und mich so mit seinem Angriff getroffen. Dabei ist das dann entstanden."

Auch, wenn ich das komplett nüchtern erzähle, ist dieses Ereignis auch für mich noch unverständlich und genau so, wie die drei mich anschauen, fühle ich mich insgeheim auch.

"In deinem Falle ist es wirklich gut und wohl auch notwendig, dass wir in diese Wohnheime ziehen sollen."

Ich nicke nachdenklich, denn sofort kommt mir wieder der Gedanke, wie meine Eltern auf diese Nachricht wohl reagieren werden.

"Aber eine Sache habe ich auch noch, Akira."

Fragend schaue ich zu Ochako, in deren Augen bereits wieder dieses verräterische Glitzern liegt.

"Was war das heute morgen vor Stundenbeginn mit Todoroki?"

Ich spüre, wie sich meine Wangen leicht rot färben und senke schnell den Blick.

"Ich... ich weiß es nicht." antworte ich wahrheitsgemäß, denn mich verwirrt es selbst noch, dass Shoto so offen besorgt und fürsorglich war. Er selbst hat das vermutlich nicht einmal richtig bemerkt, aber es war klar, dass meine Freunde uns genauestens beobachten und entsprechend gesehen haben, was da vor sich gegangen ist.

Die drei mustern mich noch kurz, bevor sie mir doch zu glauben scheinen. Sie hätten auch nicht weiter fragen können, denn es klingelt in dem Moment zum Beginn der nächsten Stunde, weshalb wir uns wieder auf den Weg zum Klassenraum machen.

Die letzten Stunden bis zur Mittagspause gingen recht schnell vorbei, aber irgendwie konnte ich mich nicht vollkommen konzentrieren. Ständig wandert mein Blick zu Shoto, der allerdings immer in dem Moment fokussiert nach vorne schaut.

Einerseits bin ich verwirrt von seinem Verhalten am Morgen und von meiner eigenen Reaktion darauf, andererseits ist da immer noch dieses Gefühl, das mich seit Tagen plagt. Ich fühle mich schlecht, dass ich etwas über seine Familie weiß, von dem er nichts wissen kann. Von dem niemand außerhalb meiner Familie etwas wissen kann.

Höchst wahrscheinlich weiß nicht einmal Endeavor selbst von dieser Sache, aber eben genau die Tatsache, dass es um Shoto's Vater geht, verunsichert mich ungemein. Trotzdem fühle ich mich irgendwie verpflichtet, es Shoto zu sagen, weil er indirekt auch betroffen ist und selbst, wenn ich Angst vor seiner Reaktion habe, muss ich das so schnell loswerden, wie möglich, bevor ich noch wahnsinnig werde.

Ich weiß, dass der Bau der Dorms und der Einzug der Kids dahin erst weit später im Manga/Anime passiert, aber es hat sich in dieser Story so angeboten, wie es jetzt ist.
Nehmt's mir also nicht krumm, ja? :)
Anyways, wie fandet ihr das Kapitel?

elementary || shoto todorokiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt