healthy

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Der Zaun zwischen unseren Grundstücken existiert schon seit ich denken kann.
Und genauso sind Yeosang und ich auch Nachbarn seit ich denken kann. Wir waren im gleichen Kindergarten, in der gleichen Grundschule und dank unseres beharrlichen Protestes sind wir auch an der gleichen weiterführenden Schule. Und ich glaube auch als wir uns in der dritten Klasse um ein Mädchen gestritten haben, waren wir schon beste Freunde, ohne überhaupt richtig zu wissen was das ist.

Bis heute haben wir uns geweigert eine Gartentür einzubauen. Irgendwann haben unsere Eltern eingesehen, wie unpraktisch die Dinger sind, man kann alles Mögliche an Sachen ja auch einfach über den Zaun reichen, der ohnehin nur kniehoch ist.

Jetzt stehe ich erstmal vor der Haustür der Kangs'. Ich klingle und ein müder, in einen Schal verpackter Yeosang macht mir die Tür auf. „Ah hey Woo. Hast du die Hausaufgaben mitgebracht?" Ich muss grinsen. „Natürlich. Aber auch noch was ganz anderes." Ich vergesse fast meine Schuhe auszuziehen, aber sprinte danach, ihm voraus, die Treppen hoch in sein Zimmer.
Ich sitze schon auf seinem Bett, als er ebenfalls das Zimmer betritt und hinter sich die Tür schließt. „Was grinst du so dämlich, Woo?" „Kannst du dir das nicht denken?" „Warum sollte ich wissen was gerade in deinem Kopf vorgeht? Die Chance, dass wir das gleiche denken liegen bei unterschiedlichen Tagesabläufen... " „Ja ja, ich weiß schon. Gib mir mal dein Handy."
Er hängt noch halb in seinem Satz und guckt mich verständnislos an. „Warum sollte ich?" „Mach einfach." Ganz zögerlich nimmt er sein Handy vom Schreibtisch, entsperrt es und tippt etwas auf dem Display herum, bevor er es mir gibt.
Ich klicke sofort auf sein Instagram, denn er gibt fast niemandem er seine Nummer und scrolle durch seine Chats. Als erstes kommt unser Chat, dann Verwandte von ihm, Leuten aus unserer Klasse und ganz unten lese ich den Namen P.Seong_hwa. Ich lächele triumphierend.

„Sag mal, seit wann hast du was mit Park Seonghwa aus der Elften am Laufen?" Yeosang wird rot. „I-ich weiß n-nicht was du meinst..." „Gib dir keine Mühe Yeosangie. Zufällig hat er mich heute nach der Schule angesprochen. Ich soll dir gute Besserung von ihm ausrichten." Er setzt sich neben mich auf das Bett und versteckt sein Gesicht hinter einem Kissen. „Da läuft nichts. Also nichts Richtiges.. und hör auf mich Yeosangie zu nennen." Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Also nichts richtiges, sagst du und was bedeutet das auf Klartext?" „Nicht wichtig. Lass uns die Aufgaben machen, Woo."

Kopfschüttelnd stehe ich auf und hebe meinen Rucksack auf, den ich eben nur in eine Ecke geschmissen habe und hole Arbeitsblätter heraus. Dabei fällt der Hustensaft von meiner mom ebenfalls auf den Boden.
Ich stecke ihn einfach wieder zurück in das Seitenfach, denn auf Yeosangs' Schreibtisch stehen schon unzählige Flaschen mit unterschiedlichen medizinischen Inhalten. Die beiden Stühle die in seinem Zimmer stehen schiebe ich vor den Tisch und mache das Licht an.
„Na dann komm jetzt auch, ist ja nicht grade wenig."
Seufzend steht Yeosang ebenfalls vom Bett auf und setzt sich neben mich. „Mathe oder Pgw?", frage ich ihn.
Er deutete mit dem Kopf auf Pgw und so verbringen wir die nächsten anderthalb Stunden mit sozialem Verhalten, Höflichkeit und Gesellschaft und das alles in einem erneut ewiglangen Kommentar.

Irgendwann steckt seine Mutter den Kopf durch die Tür und bringt uns einen Teller mit frischen, selbstgebackenen Franzbrötchen und Obst.
„Na ihr beiden, wie kommt ihr voran? Yeosang, denkst du daran deine Medizin zu nehmen?"
Ich verkneife mir ein Lächeln, während mein bester Freund leicht gequält nickt. „Ja Mama, mache ich und danke."
Zufrieden verlässt sie das Zimmer wieder und Yeosang sucht nach dem richtigen Fläschchen auf seinem Schreibtisch. „Jetzt weiß ich warum unsere Mütter sich so gut verstehen. Immer überbesorgt und vorbereitet.", teile ich meinen Gedanken mit Yeosang.
Er ist grade dabei den gelblichen Saft in einem kleinen Becher abzumessen, als sein Handy aufleuchtet. Ich nehme es und lese unschuldig die Nachricht auf dem Sperrbildschirm vor. „Sie haben eine neue Nachricht von P.Seong_hwa. Interessant." Yeosang, der gerade den Becher an die Lippen gesetzt hatte, verschluckt sich fast und verzieht aber sofort das Gesicht beim Geschmack der Flüssigkeit.

„Wooyoung gib mir mein Handy!" Grinsend gebe ich ihm das Smartphone und beobachte, wie er anfängt zu lächeln als er die Nachricht liest.
„Also echt Yeosang, was läuft da." Sofort nimmt er seinen gewöhnlichen Gesichtsausdruck an und schaut sich unsicher im Raum um.
„Ich sagte doch das ist unwichtig. Lass uns jetzt was essen und danach Mathe machen.", lenkt er vom Thema ab. Ich gebe mich geschlagen. So bekomme ich nichts aus ihm raus.

Nach der kleinen Pause fangen wir mit den Matheaufgaben an und Yeosang ist sofort in seinem Element. Was dieser Junge so toll an diesem Fach fand weiß ich nicht, aber es macht ihm Spaß, die komplizierten Textaufgaben zu bearbeiten, oder Ewigkeiten nach der richtigen Lösung zu suchen. Natürlich hat er die Aufgaben nach weniger als zwanzig Minuten fertig während ich noch ein paar Minuten länger mit den letzten Teilaufgaben kämpfe.

Als wir endlich alles erledigt haben packe ich meine Sachen weg und wir legen uns wieder gemütlich auf das Bett. Ich frage auch nicht noch einmal nach Seonghwa, es ist jetzt eben so, dass er nicht drüber reden will.
Eine Weile liegen wir so da, zeigen uns gegenseitig Insta Posts, albern herum und machen das, was beste Freunde ebenso machen.
Ich bin gerade dabei ein Foto zu suchen, damit ich mal wieder etwas posten kann, als mein Handy eine Benachrichtigung anzeigt. @thehighest.San gefällt deine Story.
„Schau mal Yeosang. Das ist doch der Typ aus unserer Parallelklasse oder? Der mit den gefärbten Strähnen." „Zeig mal her."
Ich halte ihm mein Handy hin und er klickt auf das Profil. „Ja sieht so aus, warum liked er deine Story?" „Hm ich weiß nicht. Er ist heute in der Schule gegen mich gelaufen. Er meinte, 'Kannst du nicht aufpassen Jung' und dann ist er verschwunden. Richtig weird und so random." „Choi San?" „Ja." Er nickte für sich bestätigend, ein paar Sekunden später sehe ich, wie er schnell auf seinem Handy tippt und wieder anfängt zu lächeln.

Keep me | WoosanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt