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„San war sogar gar nicht bei Seonghwa diese Pause.", berichtet mir Yeosang vorwurfsvoll, als ich im Treppenhaus auf ihn stoße. „Das ist ja ein Ding.", erwidere ich leise. Dafür hätte er mich auch so fast gesehen. Mal wieder super unnötig. „Alsoo, bist du nächste Pause bei uns?" Entgeistert sehe ich ihn an. „Du denkst doch nicht, nur weil er jetzt nicht bei euch war ist er nächste Pause auch nicht da? Abgesehen davon das er sehr wohl ein Leben hat und es nicht vorgeschrieben ist die Pausen mit Park Seonghwa zu verbringen. Also muss ich das auch nicht, egal welchen Pulli ich trage."

War das vielleicht zu viel? Ich werde langsamer und bereite mich auf eine Entschuldigungsrede vor, aber Yeosang bemerkt das gar nicht richtig. Er ist gut damit beschäftigt, angestrengt das Treppenhaus zu durchsuchen.

„Was ist denn jetzt?" Frage ich ungeduldig, weil er jetzt doch mitten im Strom von Menschen stehen geblieben ist. „Hallo?" ich tippe Yeosang an und auf seine minimale Reaktion, kneife ich ihn in die Seite. „Au." Ich ziehe ihn einfach mit mir um den Beschwerden von anderen Schülern gerecht zu werden. „Da war Seonghwa." Yeosang windet sich in meinem Griff um seinen Arm und guckt suchend über die vielen Köpfe. „ Meine Güte Yeosang. Du blockierst die Treppe." Ich lasse seinen Arm los und gehe einfach alleine weiter und schiebe mich durch die offene Tür auf unseren Flur.

Mit schlechtem Gewissen drehe ich mich zu meinem besten Freund um, der mir, immer noch nach jemandem suchend, folgt. Ach ja Seonghwa. Er sucht seinen Boyfriend. Kopfschüttelnd sehe ich wieder nach vorne und gehe weiter. Und renne prompt in einen breiten Typen rein.

„Oh.", macht er. Ich sehe in sein Gesicht. Nette, funkelnde grüne Augen schauen mir entgegen. Umrahmt von einer eckigen Brille und blond-braunen Strähnen, die ihm über die Stirn fallen. Ich kenne ihn. Er heißt Minhyuck und hängt öfters mit einem Typ namens Penil ab. Auch ein Oberstufenschüler in Chans Stufe. „Sorry." Sage ich schnell und beuge mich etwas vor. „Schon gut, ich hab auch nicht aufgepasst." Ich erwidere besser nichts, aber er lächelt mich trotzdem an und geht weiter.

Gott, zu viele Oberstufenschüler für die letzten Tage. Ich erreiche meine Klasse und Yeosang hat mich beim Eintreten auf wundersame Weise eingeholt. Schnell setze ich mich auf meinen Platz und hole meine Koreanisch Aufgaben raus. Als unsere Lehrerin durch die Tür kommt stehen alle. Außer Yeosang. Der sitzt noch und tippt etwas auf seinem Handy. Ich sehe ein Herz hinter dem Namen auf der Kontaktleiste. Er kann es aber auch echt nicht lassen.

Nach den letzten drei Stunden koreanisch stürme ich praktisch aus dem Raum, um so schnell wie möglich nach Hause zu kommen und nicht noch mehr Zusammenstöße zu haben. Nicht mal Chan erwidere ich etwas, als er mich anlächelt, die Hand hebt und mir eine Verabschiedung zu wirft. Ein bisschen tut es mir leid, aber ich sehe im Hintergrund schon wieder verdächtig schwarz-weiß aussehende Haare.

Noch schneller husche ich durch das Schultor und setze meine Kapuze auf. Das sieht sehr lächerlich aus bei fast 20 Grad, ist mir dann aber auch egal. Bevor ich in die nächste Straße abbiege, drehe ich mich nochmal um und sehe nur einen blonden Typen wo ich San eben vermutet hatte. Ich werde schon paranoid, nur weil er mich nicht in seinem Pulli sehen soll. Mein Blick bleibt an einem Bus hängen, der sich in die Schlange von Autos einfädelt, die auf der Straße vor der Ampel warten.

Shit.

Auf der Stelle drehe ich mich um und fange an, die Straße wieder hoch zu rennen. Mein Rucksack fliegt hinter mir scharf nach rechts, als ich los laufe und noch einmal nach links als ich um die Ecke biege. Ich laufe einfach geradeaus auf die Bushaltestelle zu und sehe wie der Bus los fährt, als ich 10 Meter hinter der Station zum Stehen komme. Ein paar Schüler gucken mich an und lachen und ich möchte einfach nur versinken. Unauffällig stelle ich mich in das kleine Gehäuse, das eigentlich als Regenschutz dient und hole mein Handy hervor, um sieben Minuten sinnvoll und weniger sinnvoll totzuschlagen.

Schräg vor mir unterhalten sich zwei Achtklässlerinnen über irgendwelche Marken und neben mir auch zwei dirty minded Typen aus meiner Stufe oder einer Stufe über mir und checken eine Gruppe von Mädchen und Jungen auf der anderen Straßenseite ab. Ich schüttele leicht den Kopf, mache mit meinem unauffälligen Verhalten weiter.

Eigentlich ist es nicht besonders unauffällig, aber es kommt mir vor als ob ich noch mehr aus allen hervorsteche als sonst schon. Ich wische auf meinem Handy rum und sehe das große Kästchen, das das Wetter anzeigt. Die 21 Grad sagen mir, dass es eigentlich zu warm ist, um mit langer, warmer Jeans und Pulli rumzulaufen. „Man bin ich dumm.", entfährt es mir. Die Jungs neben mir drehen sich zu mir um. Ja, wirklich dumm. Einfach ignorieren. Zu viel zum Thema nicht auffallen. Schnell setze ich meinen Rucksack ab und ziehe den Hoddie aus. Zusammen geknüllt liegt er über meinem Arm und ich gucke auf die Uhr. Unruhig tripple ich auf der Stelle herum und die Typen neben mir gucken wieder. Noch ein Blick auf mein Handy sagt mir, dass mein Bus in zwei Minuten kommt.

Ich trete ein Stück nach vorne und bereue es im selben Moment. Erst von hinter mir und dann von der Seite kommt ein fröhliches Hey Wooyoung. Mit verzogenem Gesicht bereite ich mich auf den energiegeladenen San vor, der, viel zu schnell, neben mir steht, mich breit anlächelt und seine Haare viel zu verboten gutaussehend nach hinten streicht.

Keep me | WoosanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt