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Bis zum späten Nachmittag, an dem ich schon wieder bereit bin, schlafen zu gehen, erledige ich genau nichts Produktives. Und ich habe eigentlich auch damit angefreundet, bis mein Vater den Kopf durch die Wohnzimmertür streckt. „Wooyoung." Ich blicke auf. „Ja?" „Ich habe heute Abend ein wichtiges geschäftliches Treffen. Wir werden neue Partnerunternehmen treffen und zu Abend essen. Ich möchte das du auch mitkommst und mir und deiner Mutter Gesellschaft leistest. Sie hat sich dafür ihre Schicht verschoben. Deshalb erwarte ich, das du eventuelle Vorhaben heute absagst und uns begleitest." Mittlerweile steht er ganz im Zimmer und ich muss mir ein Zusammenzeihen meiner Augenbrauen verkneifen. „Okay.", antworte ich monoton. „Gut.", er streicht sein bereits angezogenen Anzug glatt. Dann dreht er sich um. „Deine Mutter hat dir bereits einen Anzug in dein Zimmer gehängt.", schließt er im Gehen. Ich setzte mich auf. „Wann müssen wir denn los?" „Spätestens in einer halben Stunde.", kommt aus dem Flur zurück.

Mit einem langgezogenen Fuck lasse ich mich wieder gegen die Lehne der Couch sinken und fahre mir übers Gesicht. Dann drücke ich mich hoch und nach verschwinde nach oben unter die Dusche.

Die vorhergesagte gute halbe Stunde später sitze ich auf der Rückbank des Autos meines Vaters und blicke durch die mit Regentropfen übersäte Fensterscheibe nach draußen. Straßen und Lichter der Stadt verschwimmen leicht. Ich lege den Kopf in den Nacken und öffne einen Kopf meines weißen Hemdes. Mein Vater guckt im Rückspiegel nach hinten und merkt es direkt an. „Den machst du aber nachher wieder zu Wooyoung." „Ja natürlich.", unterdrücke ich ein Stöhnen und ein Augenrollen.



Eine weitere halbe Stunde später parkt mein Dad das Auto vor dem Eingang eines silbernen Gebäudes. Es ist so groß und elegant, dass man, wenn man nach oben guckt, nur Fassade sieht. Hätte ich mein Hemd samt Jackett bis jetzt noch nicht gerichtet, dann wäre das dann der Moment dafür gewesen. Sobald ich neben dem Auto stehe, das nahtlos von einem wartenden Angestellten übernommen und in eine Tiefgarage gefahren wird, straffe ich automatisch meine Schultern und spanne mich an. Mein Vater tritt neben mich, wartet einen Moment und geht direkt weiter auf den Eingang zu. Das macht er in einem Schritt, der nichts duldet außer, dass meine Mom und ich ihm geschlossen folgen. Ich atme durch und während meine Schultern sinken und ich einen Fuß nach vorne setze, legt meine Mom mir ermutigend eine Hand auf die Schulter.

Nach nicht einmal zwei Metern trifft mein Dad auf irgendeinen Geschäftspartner, stellt uns vor, begleitet ihn ein Stück und wendet sich dem Nächsten zu. So geht es einen ganze Weile. Bis wir in einem riesigen Vorraum stehen bleiben, in dem Kellner mit Getränketabletts alle zehn Sekunden vor einem auftauchen, teure Kleider und teurer Schmuck sich häufen und in dem kaum Menschen in meinem Alter anwesend sind. Es braucht mich nur drei Gespräche mit zu verfolgen, bis mir klar wird, was hier meine Rolle ist. Ich bin bloß das Schmuckstück, das mein Dad sonst nicht hat. Wofür waren wir überhaupt nochmal da? Ach ja richtig. Familie repräsentieren. Wenn die nur alle wüssten.

Mittlerweile bewegen wir uns auf das Ende des Raumes zu, an dem zwei riesige Flügeltüren offen stehen. Zwischen den ganzen anderen Anwesenden gelangen wir ebenfalls durch die Tür und ich habe schon fast erwartet was jetzt kommt. Etliche gedeckte Tische stehen ordentlich angeordnet, dekoriert und gedeckt bereit.

Ich lasse mich einfach von meinem Dad mitziehen, der genau zu wissen scheint, wo er lang muss. Und siehe da, wir stehen vor drei Plätzen, die unsere Namen tragen. Während ich mich nach Absicherung setze, frage ich mich, wann mein Vater dieses Event wohl geplant hat. Das meine Mom mitkommt. Das ich mitkomme. Was hätte er gemacht wenn ich nein gesagt hätte? Allein dafür hätte ich absagen sollen. Und selbst jetzt würde ich doch einiges geben um auf Hyunjins Hausparty zu sein. Nicht, dass es hier unausstehlich wäre, nur etwas langatmig, elitär und nach verdammt teurem Parfum duftend.

Einen weiteren Seufzer unterdrückend registriere ich, wie nun alle sitzen und ein Mann sich aus den Gesellschaften löst und auf ein Rednerpult zutritt. Das Pult, auf einer Bühne mit Hintergrund für eine Präsentation, ist so ausgerichtet, dass es von allen Tischen gut einsehbar liegt.

Applaus brandet auf und legt sich wieder. Ich fange unauffällig an, Muster auf meine Servierte zu malen. Es sind ungefähr zwei Minuten vergangen als ich alle möglichen Kombinationen an Kreiseln ausprobiert habe und da mich sowieso nicht interessiert, was der, ich nehme an Geschäftsführer, vorne zu sagen hat, lasse ich meinen Blick unauffällig durch die Menge streifen.
Die meisten Anwesenden sind im Alter meiner Eltern, tendenziell älter. Ein paar wenige jünger. Wie ich vorhin bereits schon festgestellt habe, wenige in meiner Altersgruppe. Also konzentriere ich mich darauf.
An den knapp 25 Tischen sitzen jeweils zehn Leute und interessanterweise sehe ich bis jetzt keinen Tisch, an dem das nicht aufgeht. Ich bin gerade dazu übergegangen, zu analysieren, wie viele Frauen an diesem Abend rot tragen, da bleibt mein Blick an einem Tisch schräg gegenüber hängen. Mir fällt es nur auf, weil ich ein Stück nach vorne gebeugt sitze. Säße ich gerade hätte ich nur sehr schlechte Sicht.

Neben einer Frau in rotem Kleid sitzt ein junger Erwachsener. Mit dem Rücken zu mir. Was mich jedoch so interessiert sind seine Haare. Schwarz und vereinzelnd weiße Strähnen. So, dass man sie eigentlich fast übersieht. Aber mir kommen sie ungemein bekannt vor.

Als ob er meinen Blick auf sich spürt dreht sich der Junge um.
Und mir bleibt fast der Atem stehen. Die jetzt deutlich weißen Strähnen im Pony, das hübsche Gesicht, der gute Körperbau.
Es ist kein anderer als Choi San, der mich quer durch einen Saal voller Geschäftsleute anlächelt und spielerisch eine Augenbraue hochzieht.

Keep me | WoosanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt