Ich werde rot.
Aber das sieht San zum Glück nicht, weil er immer noch hinter mir geht. Da das aber nicht mehr lange so bleiben wird und es extrem peinlich ist, dass ich deswegen rot geworden bin, muss ich mich möglichst schnell abreagieren. Fast vergesse ich zu antworten. „Eigentlich ja."Meine Augen kleben praktisch am Boden, deshalb sehe ich aber auch, wie sich schwarze Schuhe und ein Schatten in mein Sichtfeld schieben. Automatisch zuckt mein Blick zur Seite. Gleichzeitig fängt San an zu reden.
„Eigentlich? Also würde es nicht mal was bringen wenn man dir was erklärt oder bist du in desperate need of help in Chemie?"
„Vermutlich würde es mir tatsächlich helfen. Aber ich hab nicht wirklich Zeit."
Wir durchqueren immer noch die Eingangshalle und sie erscheint mir plötzlich viel zu groß. „Hm."
Ich traue mich nicht zu ihm hochzugucken, weil ich mir genau vorstellen kann, dass er wieder enttäuscht aussieht, obwohl er genau weiß, wie meine Antwort ausfallen musste.
„Naja, falls du demnächst doch am endgültigen Verzweifeln bist weißt du jetzt wen du fragen kannst.", fügt er noch hinzu bevor er sich wieder vor mich schiebt um mir die nächste Tür aufzuhalten.
Ich bilde mir ein, dass er lächelt, will ihn aber nicht länger anstarren, um es genau ausmachen zu können.„Danke.", äußere ich mich zum ersten Mal zu der Türsache, sobald wir wieder nebeneinander gehen. „Auch für das eben."
Ich meine San dezent ausatmen zu hören. „Ich hab das auch für mich gemacht. Aber kein Ding."
Ein Lachen entkommt mir. „Klar."
Jetzt gucke ich ihn doch an, zumal das wir vor der letzten Tür stehen, die uns wieder in den großen Veranstaltungsraum führt, den perfekten Anlass dafür darstellt.
„Aber auch für mich. Lass mich einfach danke sagen."
Er hebt abwehrend die Hände. „Okay Boss.", grinst er dann. Ich schüttle nur den Kopf bevor wir beide wieder ernst werden und ich ihm mit einem Nicken signalisiere, dass er auch die letzte Tür aufmachen kann, an dessen Griff bereits seine Hand liegt.Diesmal lasse ich ihm den Vortritt und bringe auch zur Seite hin reichlich Abstand zwischen uns. Ein paar der Gäste an den Tischen, an denen wir vorbeikommen blicken uns entgegen, sonst gelangen wir ohne großes Aufsehen zurück an unseren Tisch.
Ohne etwas zu sagen setzen wir uns wieder auf unsere Plätze und werden aus von keinem angesprochen, denn fast der gesamte Tisch ist in eine angeregte Diskussion über Exportbilanzen eingebunden. Sogar unsere Mütter scheinen ernsthaft interessiert, was meine jedoch nicht davon abhält, mir trotzdem einen Blick zuzuwerfen während ich mich setze.
Da ich ihn aber nicht deuten kann lächle ich sie nur kurz an und rutsche dann auf meinem Stuhl leicht nach unten um bequemer zu sitzen.Zusätzlich versuche ich irgendwie beschäftigt oder nachdenklich zu wirken, damit ich nicht schon wieder in eine Unterhaltung miteinbezogen werde, von dessen Inhalt ich keine Ahnung habe. Dabei wandert mein Blick von meinen Finger auf die Tischdecke, zum Deko in der Mitte des Tisches und zur Person die schräg dahinter sitzt.
Das wäre dann San.
Gedankenverloren wandern meine Augen über seinen Oberkörper nach oben zu seinem Gesicht. Über seine ausdrucksstarken Augen mit dem blauen Schimmer, von denen das Eine leicht anders geformt ist und meinen Blick etwas zu lange an sich festhält und die wirklich dazu passenden Augenbrauen.
Über seine Nase, die seiner Kopfform und seinem Gesicht mit ihrer Form noch mehr Perfektion verschafft. Seine Lippen, die mich ebenfalls dazu einladen, sie genau zu mustern, dieses Mal in Ruhe und unter besseren Lichtverhältnissen als eben draußen. Ich bin bestimmt zwei Minuten nur dabei seine Lippen zu bewundern und erwische mich irgendwann selbst dabei wie ich mir vorstelle, sie zu berühren.Aus Reflex schüttle ich den Kopf um den Gedanken loszuwerden, nur damit mein Blick auf seine Jawline fällt, die ihn, wenn möglich, noch schöner macht.
Irgendwann bin ich bei seinen Haaren angekommen und mir fällt zum ersten Mal richtig auf, dass wir jetzt fast denselben Style tragen.
Natürlich hat er nur wenige, genau zentrierte weiße Strähnen und auch der Fakt, dass seine wirklich weiß und meine eigentlich blond sind passt nicht ganz. Auch sind meine Haare insgesamt länger, während seine eine klare Struktur haben und sein Pony ihm nur über die Stirn, aber nicht in die Augen fällt. Trotzdem ist es weitestgehend gleich.Ich gucke ihn so lange an, dass ich gar nicht bemerke, wie das Gespräch am Tisch fast gänzlich verstummt ist. Erst als San mich dabei erwischt, wie ich ihn immer noch anstarre, in dem er mir unglücklicherweise direkt in die Augen schaut und wie vorhin wissend lächelt, löse ich meinen Blick unglücklich von ihm. Ich bin mir zwar sicher, dass er die ganze Zeit über gewusst hat, wie ich ihn angeguckt habe, aber so von ihm entdeckt zu werden ist unangenehm.
Ich kann mich gerade noch davon abhalten, erneut den Kopf zu schütteln, um meine Gedanken an ihn loszuwerden und lassen meinen Blick stattdessen einmal durch die Runde schweifen.Als ich bei meinem Dad angekommen bin kann ich fast schon hören, wie er sich verabschiedet. Ein weiterer Blick zu meiner Mom sagtmir, dass sie exakt dasselbe denkt. Aber auch alle anderen sehen sehraufbruchsbereit aus und ich drehe mich kurzerhand in meinem Stuhl um, um dieanderen Tische zu beobachten.
Anscheinend habe ich während meiner San-anstarr-Phasetatsächlich ganz schön viel verpasst, denn teilweise sind die anderen Gästeschon aufgestanden oder schütteln sich gegenseitig die Hand zur Verabschiedung.
Abrupt drehe ich mich zurück und lande direkt wieder bei San. Erst zieht ereine Augenbraue hoch, dann hebt sich sein Mundwinkel nach oben. Dann nickt erin einer unscheinbaren Bewegung seinen Kopf nach oben und dann leicht zurSeite.
Ich merke förmlich wie ich rot werde und gucke beschämt nach unten. Denn San weiß genau, dass alles am Tisch besprochene einfach an mir vorbei gerauscht ist, weil ich so von seinem Anblick gefesselt war.
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Keep me | Woosan
FanfictionAbgesehen davon, dass wir aus derselben Flasche trinken. Ich gebe sie ihm zurück und er guckt mich an. „Fandest du mich gut?" „Ja. Sehr gut.", er hebt eine Hand und streicht mir eine Strähne aus der Stirn, „Und du? Fandest du dich auch gut?" ...