feeling good

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Nach geraumer Zeit Stille und glücklichem Dahinskaten werde ich langsamer und halte an.
Mein Board kicke ich an die Seite vom Wegesrand und es rollt in den Grasstreifen, der eins der Felder begrenzt, zwischen denen wir uns bewegen. Ich setze meinen Rucksack ab und hole meine Kamera raus.
„Leute wär das okay wenn Jongho kurz ein paar Bilder von mir macht, ich brauch noch welche für Insta."
Ich gebe ihm die Kamera und gucke die anderen abwartend an, die nach und nach lächelnd nicken.
So stelle ich mich also an den Wegesrand vor ein Feld, mein Board neben mir und fange schüchtern an zu posen.
Mir ist es nur ganz dezent unangenehm, dass mir zwei Leute zu schauen die ich nicht richtig kenne und bestimmt denken, ich bin ein eingebildeter Typ, der perfekte Fotos braucht.
Als ich eigentlich ganz zufrieden bin, kommt mir San ins Bild gesprungen und legt einen Arm um meine Schulter.

Dann werden es doch noch ein paar mehr.

Jongho macht noch Fotos von San,
Seonghwa und Yeosang, ich eins von ihm (also eigentlich mehrere) und heimlich auch von Seongsang.

Das was ich aber von San mache, ist das Beste von allen.
Die Sonne scheint ihm seitlich ins Auge und lässt seine Iris glänzen. Er steht schräg zum Sonnenuntergang und so wird es ein perfektes Bild, mit dem besten Licht das man haben kann.
Er streicht sich genau in dem Moment, in dem ich abgedrückt habe, mit der Hand durch die Haare, so, dass einzelne seiner schwarz-weißen Strähnen in seine Stirn fallen und seine Hand eine perfekte Position hat.
Alles an diesem Bild fesselt mich. Einen Moment zu lange.

Irgendwann als wir beschließen wirklich weiter zu fahren, holt Yeosang sein Handy raus und stellt den Selbstauslöser ein.
Ein Foto von uns allen, wie wir in unterschiedlichen Posen verteilt auf der Straße stehen, den Sonnenuntergang im Rücken.

Langsam wird es dunkler und die Sonne verschwindet hinter den endlosen Feldern. Ich fahre wieder vor, diesmal einen anderen Weg zurück, als auf dem, den wir gekommen sind und diesmal mal mit Jongho neben und San und Yeosang direkt hinter mir, Seonghwa ist das Schlusslicht.
Wir müssen ein kleines Stück durch einen Wald fahren, wo ich merke, dass Jongho sich auffällig oft über seine Arme streicht.
Ich verringere das Tempo, ziehe mein Jacke aus und gebe sie ihm.
Er lächelt mich dankbar an und streift sie über.
Immer wieder kommen jetzt kältere Luft Züge auf und in der Ferne sieht man schon wieder beleuchtete Häuser.
Ich versuche mit zusammen gebissenen Zähnen, mir nichts anmerken zu lassen, dass mir kalt ist und am liebsten meine Jacke wieder hätte.

Ein ganzes Stück fahren wir so, bis San irgendwann stoppt und mich ansieht. „Wooyoung, dir ist doch kalt, warum sagst du nichts?", schaut er mich besorgt und genervt an. „Ich dachte we... wenn wir lieber n... nach Hause fahren dann...", bringe ich zitternd hervor.
„Ts...", machte San und zieht sich seinen Pullover aus. „Hier, zieh den an."
„D..Danke"
Ich streife ihn über und werde in Wärme gehüllt.
Ich merke, wie ich leicht rot werde und versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass ich mich sehr wohl fühle.
Der Pulli riecht leicht süßlich und nach einem Parfum, das ich seit Ewigkeiten nicht mehr um mich hatte. Es erinnert mich an meinen Vater, der es benutzt, wenn er früher mit meiner Mutter ausgegangen ist.

Und das ist schon so lange her, dass mir Tränen in die Augen steigen. Die ganzen Probleme zu Hause für ein paar Stunden vergessen und sich einfach so fühlen als ob nichts wäre, ist viel einfacher, als die ganze Zeit so tun zu müssen, als hätte man keinen Vater, der ein Alkoholproblem hat und keine Mutter, die schon seit Monaten immer wieder mit anderen fremdgeht. Ich atme noch einmal tief ein und höre ein leicht besorgtes „Wooyoung?", von Yeosang.
Ich lächle schnell. „Alles gut, mir ist schon viel wärmer."

Keep me | WoosanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt