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Auch wenn ich heute wieder mehr Energie habe als gestern und Hwanwoong und ich ein ganzes Stück weiterkommen mit der Choreo sind meine Gedanken immer noch nicht nur vollkommen beim Tanzen. Sie fliegen zu meinem Friseurtermin, den ich im Anschluss an das Training noch habe. Und ich überlege hin und her, ob ich hier duschen sollte, oder ob ich es lassen sollte, weil mir eh meine Haare gewaschen werden.

Diese Entscheidung nehme ich mir mal wieder selbst ab, weil ich noch von meinem Trainer aufgehalten werde und dann so spät dran bin, dass ich es auf jeden Fall nicht schaffe, noch zu duschen.
Auch wenn der Friseursalon nicht weit vom Studio entfernt liegt, braucht der Bus trotzdem gefühlte Ewigkeiten. Meine Sporttasche fliegt über meine Schulter als ich aussteige und den Blick auf mein Handy gerichtet der Wegbeschreibung folge. Ich finde den Salon relativ schnell und bevor ich eintrete fahren meine Augen das leuchtende Schild über der Eingangstür entlang.
You Matter.
Ich atme ein letztes Mal tief durch, drücke die Tür auf und setzte einen Schritt in den Laden. Mit einem Lächeln trete ich an den Empfangstresen und schenke es der jungen Frau dahinter. Ich nenne meinen Namen und den Inhalt meines Termins. Sie lässt mich ein paar Meter weiter auf dafür vorgesehenen Stühlen platznehmen. Ich stelle meine Tasche neben einen der Stühle, hänge meine Jacke in die kleine Garderobe und fahre mir beim Hinsetzten durch die Haare. Sie sind zum Glück kaum noch verschwitzt.

Ich sitze nicht einmal fünf Minuten, da kommt eine etwas ältere Frau mit blondierten, schulterlangen Haaren auf mich zu.
„Jung Wooyoung?"
Ich stehe auf und setze zu einer Verbeugung an. „Ja." Sie lächelt. „Du kannst schon mal mit mir mitkommen, deine Sachen kannst du auch mitnehmen."
In einer halben Drehung bücke ich mich um meine Tasche aufzuheben. Die Frau wartet, bis ich wieder aufrecht stehe und bewegt sich dann durch den großen Raum bis fast nach hinten. Währenddessen redet sie weiter.
„Ich habe heute das Vergnügen dir die Haare zu schneiden und sogar zu färben wie ich gehört habe?" Sie stoppt vor einen Stuhl, zeigt mir wo ich meine Tasche hinstellen kann und lässt mich mich dann hinsetzten.
„Ja, das stimmt. Vorne den Pony ein bisschen kürzer, naja eigentlich alles, aber nur ein bisschen und ab der Mitte nach unten einen leicht angedeuteten Undercut und da dann blonde Strähnen rein. Ist das verständlich? Möglich? Oder hab ich da Unsinn geredet?" Verunsichert gucke ich meine Friseurin an, nicht, dass sie denkt ich würde ihre Fähigkeiten in Frage stellen, aber sie lächelt nur und nickt. „Aber ja, ich kann mir schon vorstellen wie du es gerne hättest, es wird vielleicht nicht hundert Prozent wie in deiner Vorstellung aber ich gebe mein Bestes und frage dich zwischendurch ob das in Ordnung ist was ich da mache." Jetzt nicke ich.

Die nächste halbe Stunde verbringt sie damit, meine Haare zu waschen und sie zu schneiden, nachdem ich noch ergänzt habe, dass ich den Übergang zum Undercut gerne so wie leichte Stufen hätte. Obwohl sie wirklich nicht viel abschneidet, kommt es mir mit jedem Schnitt mehr vor und ich zwinge mich dazu, den Mund zu halten und nichts dazu zu sagen. Nach dem Schnitt fängt sie an Strähnen zu färben und fragt wie versprochen nach, wo ich sie gerne hätte.
Der Geruch des Bleachings steigt mir unangenehm in die Nase und als sie es mir endlich rauswäscht atme ich tief durch und realisiere, dass ich die ganze Zeit über nur ziemlich flach geatmet habe. Teils wegen des Geruchs, teils wegen der Anspannung das Färben endlich hinter mir zu haben.
Als sie mir zum Abschluss noch erklärt, wie ich mir die Haare föhnen kann, um Volumen zu erzeugen, sitze ich schon weit mehr als eine Stunde auf meinem Stuhl.
Dann ist sie fertig und ich kann mich zum ersten Mal richtig im Spiegel mustern. Sofort habe ich ein fettes Grinsen im Gesicht.
„Es sieht genauso aus wie ich es mir vorgestellt habe, wenn nicht sogar noch besser!", strahle ich meine Friseurin an und streiche mir verzückt durch die Haare.
Während sie mir noch Produkt holt, das dafür sorgt, dass die Farbe meine Haarstruktur nicht zu sehr angreift, mache ich im Spiegel vor mir schnell ein paar Bilder von meiner neuen Frisur.
Sie kommt zurück, erklärt mir schnell, aber präzise, wie ich das Produkt anwenden muss und gibt es mir dann mit, damit ich es zusammen mit Schnitt und färben vorne bezahlen kann.
Ich bedanke mich nochmals, tue wie mir geheißen, bezahle vorne, schnappe mir noch meine Jacke, die ich fast in der Garderobe vergessen hätte und mache mich auf den Weg nach Hause.

Keep me | WoosanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt