Auf dem Weg von der Bushaltestelle bis zu meiner Haustür überlege ich sehr angestrengt, wie ich meiner Mom von meinem Friseurtermin erzählen sollte. Von meinem Plan, mir die Haare blond-schwarz zu färben. Es wär ja auch viel einfacher gegangen hätte ich nicht meine Attacke gehabt. Egal. Ich schaffe das schon.
Zuhause stelle ich mich als erstes unter die Dusche und betrachte einmal mehr in Joggingklamotten vor dem Spiegel meine Haare. Ich muss definitiv etwas ändern.
Ich atme tief ein und aus und mache mich dann auf den Weg nach unten.
„Mama?" Ich bleibe im Flur stehen. „In der Küche!", kommt ihre Antwort.
Mit einem Lächeln betrete ich die Küche und stelle mich neben sie an einen der Schränke in den sie gerade Gläser einräumt. „Brauchst du Hilfe?" Ich merke natürlich wie sie die Augenbraue hochzieht. „Du kannst das Besteck wegräumen." Nickend drehe ich mich um und nehme das auf dem Tisch liegenden Besteck und fange an es in die richtigen Schubladen zu sortieren.Ich lasse mir Zeit beim Einräumen und gehe immer wieder hinter meiner Mom vorbei, weil ich mich nicht entscheiden kann, wann der richtige Moment ist. Sie merkt es natürlich. „Was ist denn los Wooyoung? Erst fragst du ob du helfen kannst und dann schleichst du hier rum als ob du etwas verbergen würdest."
Mit den Händen in die Hüfte gestemmt hat sie sich zu mir umgedreht. Schuldbewusst lege ich das letzte Besteck in die Schublade und schließe sie vorsichtig, als ob mir das ein letztes Durchatmen ermöglicht. Ich gucke hoch.
„Ich gehe morgen zum Friseur. Spitzen schneiden. Und ich will Haare färben." Sie zieht die Augenbrauen hoch. Ich warte. Sie nimmt das Glas, das sie gerade in der Hand hält von der einen in die Andere. Ich warte. Sie mustert mein Gesicht, meine Haare. Ich senke den Blick.
„Okay." „Was? Danke."
Ich will mir die Hand vor den Mund schlagen, so überrascht mich ihre Zusage und ärgert mich meine Reaktion. „Welche Farbe? Du weißt das ist eigentlich sehr schädlich."
Ich weiß.
„Blonde Strähnen, aber nicht auffällig."
Für den Bruchteil einer Sekunde zuckt sie zusammen. Kaum merklich. Sie bleibt lange still bis sie antwortet. „Hm okay."Die hochgezogene Augenbraue bleibt, bis ich die Küche verlasse. Sie ist auch noch da, als ich am Abend ins Wohnzimmer komme, um meiner Mom ein Dokument zum Unterschreiben hinhalte. Und auch noch als ich am nächsten Morgen aus dem Haus gehe.
Ich atme tief durch als ich neben Yeosang auf den Bus warte und es fühlt sich an, als ob ich so viel mehr durch diesen Atemzug loswerde als nur Luft. Dann boxe ich ihn vor Freude in die Seite. Er beschwert sich, aber mir ist das egal, ich freue mich einfach nur auf meinen neuen Haarschnitt.
Ich setze kaum einen Fuß auf das Schulgelände, da werde ich auch schon wieder wegen der Party angequatscht.
„Yoo Wooyoung, ich wusste gar nicht das du so tanzen kannst!" „Ey das war ja mal mega krass am Wochenende." „Du tanzt richtig gut!" „Komm mal öfters wieder auf Partys!" „Wo hast du so tanzen gelernt? Das ist mega gut."
Und sogar die aus den jüngeren Stufen werfen mir Blicke zu. Abwehrend schüttle ich den Kopf oder starre nur verlegen auf den Boden. Ich laufe durch den Oberstufenbereich zu meinem Spind um mein Biologiebuch zu holen und mich zu den Nawi Räumen zu verkrümeln. Yeosang ist schon lange von meiner Seite gewichen. Changbin und Felix begrüßen mich. Hyunjin und Eric kommen auf mich zu und Lee Minho nickt mir zu. Ich will mich hinter meiner Spind Tür verstecken. Schnell ziehe ich das Buch aus den anderen hervor und ordne sie wieder so, dass sie nicht umfallen.
Als ich die Tür zuschlage und in den Flur dahinter gucke falle ich fast nach hinten um. San steht zwei Spinde weiter an die geschlossene Tür gelehnt und beobachtet mich interessiert. Ich schaffe es mir den Laut der Überraschung zu verkneifen. Dann muss ich fast lachen. Und diesmal bin ich derjenige, der als erstes spricht.
„Hi San."
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Keep me | Woosan
FanfictionAbgesehen davon, dass wir aus derselben Flasche trinken. Ich gebe sie ihm zurück und er guckt mich an. „Fandest du mich gut?" „Ja. Sehr gut.", er hebt eine Hand und streicht mir eine Strähne aus der Stirn, „Und du? Fandest du dich auch gut?" ...