Die Stimme meiner Mutter hallt im Auto nach. Obwohl sie es nicht sehen kann senke ich betreten den Kopf nach unten. Ich bin mir zwar ziemlich sicher, dass mein Vater die Schuld unserem Wortgefecht trägt, aber selbst nur gedanklich gegen meine Mutter zu argumentieren wäre falsch. Ein bisschen ist es ja auch meine Schuld. Aber definitiv nicht wegen meiner Verabschiedung.
Unsicher knete ich meine Hände im Schoß bis ich mich traue ein Stück aufzusehen. Von der Seite kann ich meinen Vater beobachten und sehe wie er die Kiefer fest aufeinander gepresst hat. Er guckt stur geradeaus und obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass er am liebsten das Tempolimit ignorieren und noch schneller als 80 fahren wollen würde, hält er sich zurück. Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel und habe natürlich das Glück, dass mein Vater genau in dem Moment ebenfalls hineinschaut.
Peinlich berührt drehe ich meinen Kopf fast ruckartig zum Fenster neben mir. Draußen taucht die untergehende Sonne den Himmel in beneidenswerte Farben. Nach dem Regen von gestern schien heute hauptsächlich wieder die Sonne und der Himmel blieb klar. Auch jetzt ist keine Wolke zu sehen, nur das Licht der Dämmerung färbt das Blau einen Ton dunkler. Die Sonne ist ungefähr noch zu einem Viertel zu sehen und scheint über den Feldern, die rechts die Landstraße säumen, wie flüssiges Gold auszulaufen. Sie ist von einem tiefen Orange umhüllt und verschiedene Nuancen von lila verbinden eben dieses mit dem Blau.
Ich lasse mich eine ganze Weile von der untergehenden Sonne ablenken, bis sie irgendwann kaum noch zu sehen ist und wir von der Landstraße abfahren. Erst dann gucke ich wieder nach vorne und auf der Rückseite des schwarzen Sitzes meiner Mutter tanzen kleine helle Halbkreise.
Erschlagen fällt mein Kopf nach hinten gegen die Kopfstütze und nach einem sehr leisen, tiefen durchatmen ziehe ich vorsichtig mein Handy aus meiner Hosentasche. Ich öffne die Karten App und gebe unsere Adresse in die Suchleiste ein. Die mir vorgeschlagene blaue Route kommt mir sehr kurz vor und nach einem ordentlichen Blick auf alle Details wird mir bewusst, dass wir wirklich schon fast zuhause sind. Ich sperre mein Handy wieder und stecke es zurück.
Knapp fünf Minuten später biegt mein Vater in unsere Straße ab und hält schließlich in unserer Einfahrt. Meine Mutter bedankt dich bei ihm fürs fahren und ich murmle anstandshalber auch ein leises Danke. Dann schnalle ich mich ab und steige sehr zügig aus. Da ich aber keinen Schlüssel habe bleibt mir erstmal nichts übrig, als vor der zugeschlagenen Tür des Autos stehen zu bleiben und peinlich berührt auf meine Mutter zu warten, die sich nach dem aussteigen erst sammelt und dann den Weg zur Haustür antritt. Ich gehe ihr mit schnellem Schritt hinterher, ziehe direkt meine Schuhe im Eingang aus und will direkt die Treppe nach oben.
„Wooyoung.", ertönt es hinter mir und ich bin fast froh, dass es meine Mom ist. Ich drehe mich zu ihr um. „Ja?" „Möchtest du noch etwas essen?", fragt sie während sie sich ihren Blazer auszieht und über den Arm legt. Dann schaut sie zu mir hoch. Ich schüttle den Kopf noch bevor ich antworte. „Nein danke. Ich bin satt. Wirklich." Ich schenke ihr noch ein schmales Lächeln bevor ich mich nach oben in mein Zimmer rette. Schon spätestens die Auseinandersetzung mit meinem Vater hätte mir den restlichen Appetit verdorben, wäre ich überhaupt noch hungrig gewesen.
Oben befreie ich mich so schnell wie möglich aus dem Anzug und schlüpfe in Jogginghose und Hoddie. Die Hose hänge ich zurück auf ihren Bügel, das Hemd kommt in die Wäsche. Das Jackett mustere ich einen Moment kritisch, bevor ich es ebenfalls zurück auf den Bügel hänge. Ich müsste meine Mom beurteilen lassen, ob es gereinigt werden muss, aber will jetzt nicht noch einmal nach unten gehen.
Als alle Spuren vom heutigen Abend beseitigt sind lasse ich mich seufzend auf mein Bett sinken. Ich weiß gar nicht richtig was jetzt mit mir anzufangen und liege bestimmt zehn Minuten einfach nur da und starre aus meinem Fenster den Himmel an. Mittlerweile ist es noch etwas dunkler geworden und die ersten Sterne formen ihre Bilder.
Irgendwann fühle ich mich aber wieder sehr unproduktiv und taste neben mir nach meinem Handy. Mir fällt auf, dass es sich schon in den Nachtmodus geschaltet hat und ich nicke zustimmend. Schlafen wäre durchaus eine Option.
Oder Insta checken. Eine sehr ansprechende Option.Noch während sich die Seite aktualisiert fällt mir ein, dass jetzt gerade Hyunjins Party läuft. Ich blicke hoch und gucke durch mein Zimmer.
Schaffe ich's da noch hin? Wenn ich Yunho jetzt nach der Adresse fragen würde...Ich verwerfe den Gedanken als mir einfällt, dass immer noch die Chance besteht, dass San doch hingegangen ist. Und nach unseren holprigen Konversationen heute Abend habe ich fast ein bisschen Angst vor einem erneuten Aufeinandertreffen.
Außerdem würden meine Eltern mich sicher nicht lassen. Aber man müsste ja auch nicht reden. Angucken reicht ja vielleicht auch.
Es würde bestimmt eh hauptsächlich getanzt werden und meine anfänglichen Befürchtungen könnten wahr werden. Aber es würde bestimmt Rücksicht auf mich genommen werden und ich könnte San zusehen wie er tanzt. Den anderen natürlich auch.
Oder er würde sich wieder neben mich setzten...Ich stöhne verzweifelt auf und bin fast erleichtert als es an meiner Tür klopft, sie kurz darauf aufgeht und meine Mutter ihren Kopf durch den Spalt steckt.
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what do y'all think about a Sans pov chap?
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Keep me | Woosan
Fiksi PenggemarAbgesehen davon, dass wir aus derselben Flasche trinken. Ich gebe sie ihm zurück und er guckt mich an. „Fandest du mich gut?" „Ja. Sehr gut.", er hebt eine Hand und streicht mir eine Strähne aus der Stirn, „Und du? Fandest du dich auch gut?" ...