Ein Besuch von Bill und Olivia änderte alles.
Der junge Engländer war der Meinung, Alex sollte sich langsam an den Gedanken gewöhnen, Vater zu werden.
Manchmal ärgerte ihn die Vogel-Strauß-Mentalität der beiden auch ein wenig.
Er tat gerne, was er tat, aber, dass alles nur an ihm zu hängen schien, was die Ex von Alex und seine Tochter betraf, musste ja auch nicht sein.„Hast du schon eine Wohnung für Evi besorgt?" fragte er unvermittelt, als sie bei einem Glas Wein zusammensaßen.
Lena fiel die Schale mit Knabbersachen, die sie aus der Küche geholt hatte, aus den Händen.
Die Blase war geplatzt!Es war alles wirklich und kein böser Traum! Sie hatte das Gefühl gehabt, so lange sie nicht darüber sprachen, würde sich das Problem von selbst lösen, oder besser noch: auflösen!
Irgendeine Frau würde zwar irgendein Kind bekommen, aber das hatte nichts mit ihnen und ihrem Leben zu tun!
Aber Bill hatte alles wieder in die Wirklichkeit gezerrt! Im Moment hasste sie ihn.Alex sprang auf, lief zu Lena, die den Saustall zu beheben versuchte, aber eigentlich nur alles schlimmer machte.
„Lass das jetzt, Süße! Das machen wir nachher weg!" bat er mit belegter Stimme.Dann begann Bill weiter zu reden. „Evi will nichts von der Tochter wissen, wenn sie Alex nicht zurück bekommt. Könntet ihr euch vorstellen, die Kleine zu euch zu nehmen? Sonst muss sie in eine Pflegefamilie!"
Er war dafür, alles offen auszusprechen. Es ging um das Leben eines Kindes, eines unschuldigen Kindes! „Geburtstermin ist Ende Januar, bis dahin solltest du wenigstens ein Zuhause für die Beiden haben, falls Evi entlassen wird, und falls sie sich doch noch für das Kind entscheidet. Wenn nicht, muss sie auch irgendwo wohnen. Ich weiß, dass das nicht deine Pflicht ist, aber irgendwie scheinst du es ihr ja versprochen zu haben!"
Alex wischte sich mit der einen Hand übers Gesicht, mit der anderen hielt er Lena im Arm. Olivia ließ den Blick nicht von ihrem Bruder. Er tat ihr so unendlich leid! Jetzt hatte er gerade eine paar Wochen an unbeschwertem Glück kennenlernen dürfen!
„Ich mache das mit der Wohnung nächste Woche!" antwortete er.
„Wir machen das nächste Woche!" verbesserte Lena.
„Gut!" Bill zeigte sie zufrieden mit der einen Sache. „Und das Kind? Wenn sie es weiterablehnt?"Lena atmete tief ein. „Nun! Es wird schwierig! Mein Studium, Alex' Arbeit, aber wie heißt dieses blöde Sprichwort? Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!"
Alex sah sie bewundernd an. Das würde sie wirklich tun? Sie würde sich um seine Tochter von einer anderen Frau kümmern?
Und er wusste auch die Antwort. Ja! Seine Lena würde das tun! Damit nicht wieder ein kleines Mädchen ungeliebt aufwachsen musste!Er nahm seine Süße einfach nur in den Arm. Sprechen konnte er im Augenblick nicht.
Bill war zufrieden. Irgendwie hatte er mit Lenas Reaktion gerechnet! Das Mädel war okay! Über Alex' Reaktion war er sich nicht so sicher gewesen. Gut, der Bruder seiner großen Liebe war ein prima Kerl, hatte aber mit Kindern wohl nicht so viel am Hut. Sein Vorschlag hatte ihn wohl kalt erwischt.
Alex stand auf, zog den jungen Mann hoch und legte den Arm um ihn. „Danke!" sagte er leise.
Bill grinste ein wenig. „Nichts zu danken! Du kannst es wieder gut machen, wenn du Olivia den Kopf zurecht rückst, wenn sie mal sauer auf mich sein sollte!"„Versprochen!" ging Alex auf den lockeren Ton ein. Olivia holte einstweilen den Staubsauger, beseitigte das Chaos, das Lena angerichtet hatte.
„Wir werden euch unterstützen, so viel wir können!" sagte sie leise zu ihrem Bruder. „Und Mama wird auch helfen!"Als Bill und Olivia gegangen waren, riss Alex Lena in seine Arme. „Ich habe mich getäuscht! Ich liebe dich nicht!" Kurz versteifte sie sich. „Es ist viel mehr! Ich bete dich an? Ich verehre dich? Ja, das trifft es vielleicht annähernd!"
Er bedeckte ihr süßes Gesicht mit tausend Küssen. „Was habe ich da für einen Jackpot gewonnen? Womit habe ich dich verdient?" Er sah sie an, und in seinem Blick lag grenzenlose Liebe. „Bist du dir auch ganz sicher, dass du diesen Weg mit mir gehen willst? Du bist so jung, Lena! Du hast ein unbeschwertes Leben verdient!" Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus.
Sie lächelte ihn an, dieses verdammt gefährliche Lächeln! Aber heute lag noch ein sehr erwachsener Ernst in ihren Augen. „Meine Mutter war so alt, als ich geboren wurde, wie ich dann sein werde. Und ich werde nicht um alles in der Welt zulassen, dass noch ein Kind so aufwachsen muss wie ich!"
Da ließ er seine Tränen einfach laufen, schämte sich für keine einzige. Er wusste, würde er in die Sterne schauen, würde der seines Vaters blinken wie verrückt!
Ja! würde sein Vater sagen, wäre er noch am Leben. Du hast die Beste bekommen! Halte sie fest!In dieser Nacht liebte er sie wie eine Königin. Zart, voll Zärtlichkeit, voll unendlicher Zärtlichkeit! Doch dann spürte er, dass sie mehr wollte! Dass sie wilde Leidenschaft einforderte, vielleicht auch, um das, was geschehen würde, einen Moment lang auszuschalten.
Ein paar Tage später hatten sie einige Besichtigungstermine mit einem Makler. Birgit hatte verschiedene Anbieter kontaktiert, Angebote angefordert, den Termin ausgemacht.
Alex hatte ihr in groben Zügen seine Geschichte erzählt, er vertraute ihr mittlerweile blind.Er hatte einen Tag frei genommen, Lena schwänzte eine eher unwichtige Vorlesung.
Der Makler begrüßte sie überfreundlich, beinahe schleimig. Er hatte sich die Geschichte des Pärchens schon zurecht gelegt.Dr. Alexander Borchert, leitender Direktor eines Großunternehmens, wahrscheinlich schwer verheiratet, Vater von ein paar entzückenden Kindern, wollte wohl seiner derzeitigen Gespielin eine Wohnung kaufen, um sie bei Laune zu halten.
Sie trafen sich bei einer Anlage im nicht gerade besten Viertel der Stadt. Aber die Wohnung war günstig, der Käufer sollte sich ja nicht in zu große Unkosten stürzen für sein Liebchen!
Lena sah sich mehr als kritisch um. „Das ist aber jetzt nicht ihr Ernst!" wies sie den Makler zurecht. „Da brauchen wir gar nicht weiter zu schauen!"Aha! dachte Herr König. Die Kleine ist anspruchsvoll! Und verdammt hübsch! Er konnte seinen Kunden sehr gut verstehen! Die würde er auch nicht von der Bettkante stoßen!
Die sechste Wohnung fand dann endlich Lenas Zustimmung. Der Kaufpreis mit 350.000 Euro ließ die Dollarzeichen in den Augen des Maklers leuchten.
Alex war vollkommen einverstanden mit Lenas Wahl. „Gut! Dann nehmen wir die!" stellte er nur fest.
Bei der Vertragsunterzeichnung im Büro Herrn Königs gingen dem die Worte durch. „Und Sie werden dann dort einziehen?" fragte er Lena.
Sie lachte laut los. „Ach, so schätzen Sie die Situation ein? Nett! Eine Wohnung für die Gespielin?"Alex grinste sie an. „Aber im Grund kann es Ihnen ja auch egal sein!" stellte er fest und gab keine weiteren Informationen preis.
Nach den anstrengenden Besichtigungen gingen sie zu ihrem Italiener, der sie herzlich begrüßte.
„Habe ich dir eigentlich schon gesagt, was für eine umwerfende Frau du bist?" fragte er, als sie mit einem Glas Rotwein anstießen.
„Kann mich nicht erinnern!" antwortete sie keck.Er lächelte sie an. „Weißt du, Lena, wenn ich einen Film ansehen würde, in dem eine Frau so reagiert wie du, würde ich umschalten und sagen: Vollkommen realitätsfern!"
„Ich bin eben immer für Überraschungen gut!" erwiderte sie aufgedreht.„O ja! Und die größte Überraschung ist, dass du mich liebst!" sagte er leise.
„Ich liebe dich?" forderte sie ihn heraus.
„Wenn ich eines sicher weiß, dann, dass du mich liebst!" antwortete er und küsste jeden Finger ihrer Hand, die er schon eine Weile sanft gestreichelt hatte.„Na gut! Wenn du das weißt, dann brauche ich es dir ja nicht mehr zu sagen!"
„Nein, Lena! Das brauchst du nicht! Sollte ich je daran zweifeln, dann denke ich an heute!" Seine Augen waren schon wieder einmal feucht. Verdammt! So viel wie in den letzten Wochen hatte er auch noch nie geheult!
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Stark
RomanceStark musste Lena ihr ganzes Leben lang sein. Als ungewolltes Kind wuchs sie bei einer bigotten Mutter und ebensolchen Großeltern auf. Doch das hat sie ihren Lebensmut nicht verlieren lassen. Stark musste auch Alex sein, als sein Vater tödlich verun...