Kapitel 91

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Die Zukunft – Fortsetzung

Drei Monate später war Lena klar, dass sie schwanger war. Alle Anzeichen sprachen dafür. Zum Glück hatte es nicht gleich beim ersten Versuch geklappt, denn dann hätte sie ihr Examen wohl in ihrem Badezimmer machen müssen, da sie nicht weiter als einen Meter von der Toilettenschüssel kam.

Alessia bekam schnell mit, dass etwas mit der Mama ganz und gar nicht stimmte. Doch sie verfiel nicht in Panik, tat, was der Papa ihr sooft erklärt hatte. Sie rief die nette Birgit an, erklärte seelenruhig, dass die Mama immer brechen musste, dass der Papa nach Hause kommen musste.

Der verließ panisch das Meeting, raste die paar Schritte zum neuen Haus. Er stürzte ins Badezimmer, fand Lena erschöpft auf dem Fußboden, ließ sich neben ihr auf die Knie fallen.
Okay! Sie war wohl schwanger, aber dass das so für sie werden würde, hätte er nie gedacht! Das hätte er ihr doch nie angetan!
„Lena! Verzeih mir!" schluchzte er in ihre Locken.

Sie brachte tatsächlich ein schiefes Grinsen zustande. „Halt die Klappe, Borchert! Mach das Fenster auf, gib mir Mundwasser zum Gurgeln!" Seit er da war, ging es ihr schon viel besser.
Alessia streckte das Köpfchen zur Türe herein. „Was ist mit Mami?" fragte sie.
„Nichts Schlimmes!" Alex nahm sein tapferes Töchterchen auf den Arm, nachdem er Lenas Kommandos gefolgt war. „Du bekommst ein Brüderchen oder Schwesterchen!" In seiner Gefühlswelt war dieses Wissen noch nicht angekommen, zu sehr litt er mit seiner Süßen.
„Aha!" sagte die Kleine nur und verzog sich. Verwundert sah Alex ihr nach. Viel später, als Lena im Bett lag und schlief, fand er Alessia in ihrem Zimmer. Sie spielte nicht, malte nicht, sah kein Bilderbuch an. Sie stierte nur vor sich hin. Er drückte sie an sich. „Was ist los, Sonnenschein?"

Sie versuchte, sich aus der Umarmung zu befreien, wich seinem Blick aus.
„Ihr habt mich gar nicht gefragt!" maulte sie leise.
In Alex keimte ein Verdacht. „Was gefragt?"
„Ob ich eine Schwester oder einen Bruder will!" Sie sah ihn wütend mit ihren großen blauen Augen an. „Dann habt ihr mich nur noch halb so lieb!"
Alex verbiss sich ein Lächeln. Was die Kleine sich für Gedanken machte! Er griff nach einem Blatt Papier und einem roten Stift. Auf dem kleinen Kindertischen begann er zu malen: Ein großes rotes Herz.

„Schau, das ist meine Liebe zu Mama!" Ein zweites, genauso großes Herz entstand daneben. „Dann bist du gekommen. Und das ist meine Liebe zu dir!" Er sah sie an. „Siehst du? Die Liebe zu Mama ist nicht kleiner geworden, es ist eine genauso große dazugekommen!"

Er malte ein drittes Herz. „Und das ist die Liebe zu dem Baby!"
Alessia verstand sofort. Liebe wurde nicht kleiner, es kam nur immer mehr dazu.
Aber sie musste sich schon noch absichern. „Und das ist immer so? Bei Mama auch?"
„Natürlich!" antwortete etwas heiser. In den Adern dieses wunderschönen Mädchens floss kein Tropfen seines Blutes, er hatte nicht ein einziges Gen mit ihr gemeinsam, doch mehr lieben als sie konnte er kein Kind!

„Das zeig ich jetzt Mami!" erklärte Alessia zufrieden und öffnete vorsichtig die Schlafzimmertüre. Lena öffnete müde die Augen. Sie hatte tief und fest geschlafen, war gerade aufgewacht, fühlte ein unheimliches Glück in sich. Sie strahlte ihre kleine Tochter an, die eigentlich ja ihre Halbschwester war.

„Danke, Süße, das du so toll reagiert hast und den Papa angerufen hast, meine Große!"
„Passt schon!" Alessia grinste wie sie selbst, wenn ihr ein Lob etwas peinlich war. Dann erklärte sie der Mami das mit den drei Herzen. „Und das stimmt!" Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Denn das hatte der Papa gesagt!
„Aber so was von!" erklärte Lena und war ähnlich heiser wie Alex vor ein paar Minuten.

Alex kam zu seinen beiden Mädchen. „Geht es dir besser? Willst du etwas essen?" fragte er vorsichtig.

Allein das Wort Essen brachte die Übelkeit zurück, und sie raste ins Bad.
Sein Herz blieb stehen! Was hatte ihn denn da geritten, sie um ein Kind zu bitten? Das mit einem eigenen war natürlich Quatsch und als dummer Scherz gedacht gewesen, aber sie hatte das ja auch so verstanden gehabt!
Sie hatten sich nach der etwas beschwipsten Nacht schon noch ernsthaft und ausführlich über das Thema unterhalten.

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