Evi – nach der Geburt
Evi lag teilnahmslos in ihrem Krankenzimmer. Endlich war sie das Ding los! Die Geburt war Hölle und Fegefeuer gewesen, so hatte sie sich das nicht im Mindesten vorgestellt. Niemand war bei ihr gewesen, Alex, der Bastard nicht – und nicht einmal Bill, sogar er war zu spät gekommen, um ihr beizustehen. Sie hatten zwar alle gesagt, es sei eine schnelle Geburt gewesen, aber ihr hatte es voll und ganz gereicht!
Dann hatten sie das schmutzige, glitschige Mädchen auf ihren Bauch gelegt, hatten ihr erzählt, wie wunderschön es sei.
„Nehmt das Ding weg!" hatte sie gebrüllt. „Bringt sie zu ihrem Vater!"Immer wieder wollten die Schwestern und Ärzte sie dazu überreden, ihr Kind anzusehen, zu stillen, zu lieben. Am Ende hatte sie sich die Ohren zugehalten. „Wenn Alex nicht wiederkommt, will ich von diesem Kind nichts wissen!" erklärte sie kategorisch.
Sie wartete Tag für Tag auf Bill, den einzigen Menschen, den sie auf dieser Welt noch hatte. Aber er tauchte nicht mehr auf.Hatte Alex ihn auch auf seine Seite gezogen! dachte sie verbittert und hatte nicht die geringste Ahnung, dass der junge Engländer immer nur auf der Seite des ungeborenen Kindes und seines Vaters gestanden hatte.
Immer mehr driftete sie aus der Realität weg in ihre Traumwelt.
Die Welt, in der Alex sie liebte, sie berührte, sie küsste, ihr zärtliche Worte zuflüsterte.
So war es früher, bevor diese Bitch ihn ihr weg genommen hatte! log sie sich selber vor.Die Therapeutin redete sich den Mund fusselig, dass sie sich etwas vormachte, aber sie lebte nur in ihrer Welt, zusammen mit Alex.
Sie sprach mit ihm, er erzählte ihr von seiner Arbeit, sie gingen Tanzen, fuhren in Urlaub, liebten sich sehnsüchtig und wild.Das alles hatte ihr dieses Mädchen weggenommen. Dieser blonde Vamp, diese Lena.
Aber er würde bald merken, dass er einen Fehler gemacht hatte, er würde zu ihr zurückkommen.
Fünf Jahre warf man doch nicht so einfach weg!
Sie musste nur daran glauben!
Sie musste nur auf ihn warten!Die Ärzte verzweifelten. Sie hatten gehofft, dass sich die Neurose der Patientin durch die Hormonumstellung nach der Geburt geben würde.
Die Aggression hatte sich zwar gelegt, aber sie versank in dumpfes Brüten.
Das einzige, worüber sie sprach, war der Vater des Kindes, dass er zurückkommen würde, dass er sie hier herausholen würde.Bis dahin musste sie nur warten und geduldig sein.
Sie beteiligte sich an keiner der angebotenen Therapien, sprach im Speisesaal oder im Park mit niemandem, führte nur unentwegt Selbstgespräche.
Nach ihrem Kind fragte sie nicht ein einziges Mal.In ihrer Hilflosigkeit wandten sich die Mediziner an den jungen Mann, der sie bis zur Geburt hin und wieder besucht hatte.
Doch Bill Graham wies jede weitere Verantwortung weit von sich. Von ihm erfuhren sie auch, dass Alex längst in einer festen Beziehung war.Sie versuchten diese Tatsache schonend ihrer Patientin beizubringen, was allerdings einen Wutanfall zur Folge hatte, so dass sie sie ruhig stellen mussten.
Drei Monate ging es mit der Behandlung nicht den kleinsten Schritt vorwärts. Dann, urplötzlich, gelang einem der jungen Assistenzärzte eine Art von Durchbruch.Keiner verstand, dass es an der Ähnlichkeit von Dr. Lars Berg mit Alex lag. Evi begann ihre Sehnsucht auf den jungen Mann zu projizieren.
Sie wachte aus ihrer Traumwelt auf, als sie wahrnahm, dass es auch noch andere Männer gab.Sie war ja früher keine Kostverächterin gewesen. Es war ihr auch nie sonderlich schwer gefallen, einen Mann für eine Nacht zu finden. In den Bars waren immer wieder welche auf der Suche, auch als sie nicht mehr rank und schlank war, ging sie selten alleine nach Hause.
Und dieser Dr. Berg würde sie Alex vergessen lassen. Sie duschte wieder regelmäßig, ließ sich die Haare schneiden, kleidete sich einigermaßen ordentlich. Sie aß wieder mit Appetit, freute sich am Morgen auf den Tag.
DU LIEST GERADE
Stark
RomanceStark musste Lena ihr ganzes Leben lang sein. Als ungewolltes Kind wuchs sie bei einer bigotten Mutter und ebensolchen Großeltern auf. Doch das hat sie ihren Lebensmut nicht verlieren lassen. Stark musste auch Alex sein, als sein Vater tödlich verun...