Lena und Alex – Oktober
Die Tage vergingen im Flug, das Leben der kleinen Familie war schöner als je zuvor. Alex arbeitete ein paar Tage, dann nahm er sich wieder frei.
Lena paukte sicherheitshalber ihre Sprachen durch.Der Herbst zeigte sich beinahe sommerlich. Sie unternahmen Ausflüge mit den Rädern, die sie sich besorgt hatten. Alessia sollte im Anhänger mitfahren, was ihr aber gar nicht passte. So kaufte Alex einen Kindersitz, nachdem er stundenlang recherchiert hatte, welcher auch wirklich sicher war. Hinter ihrem Papa genoss die Kleine dann die Fahrten, hielt ihr Näschen in den Fahrtwind, gluckste glücklich.
In allen Gasthöfen, in denen sie einkehrten, stand die kleine Familie sofort im Mittelpunkt. Die Liebe der drei zueinander war fast zu greifen.
Sie besuchten Freunde, feierten zu Hause das Glück, gingen auch mal ins Kino oder in einen Club, wenn Olivia und Bill Zeit hatten, auf Alessia aufzupassen.
Hin und wieder durfte die Kleine auch bei Sabine und Roman übernachten, was alle drei sehr genossen.
Ebenso wie Alex und Lena, die an diesen Tagen das Bett immer nur kurzzeitig verließen.
Sie machten Pläne für das Haus, nahmen Kontakt zu einem Architekten auf, den Alex seit dem Gymnasium kannte, und der sich gerade selbstständig gemacht hatte.Ihre frivolen Chats versüßten Alex des Öfteren langweilige Sitzungen. Die Kollegen wunderten sich nicht selten, warum der Chef so oft vor sich hin grinste.
Wenn die Sehnsucht zu groß wurde, verließ er auch schon mal ein Meeting und murmelte etwas von „dringenden Familienangelegenheiten".
Alessia entwickelte sich prächtig, babbelte schon einige Worte, versuchte aufzustehen. Sie kauften Unmengen an Lernspielzeug, sie beschäftigte sich sehr konzentriert damit.Das Leben, das Glück war mehr als perfekt.
Anfang Oktober kam ein Schreiben von einem Anwalt, adressiert an sie beide. Nichtsahnend öffnete Lena das Kuvert, las, verstand nicht, las noch einmal und sank entsetzt auf einen Stuhl.
Nein! Nein, das konnte doch nicht sein! Ein dreiviertel Jahr hatten sie von Evi keinen Mucks gehört.
Der Anwalt, der Alex in dieser Angelegenheit vertrat, hatte berichtet, dass sie aus der Klinik entlassen worden war, die Wohnung bezogen und eingerichtet hatte.Und jetzt das!
Tränen liefen über ihr Gesicht, als sie wieder und wieder versuchte, die trockenen Zeilen zu verstehen, die da schwarz auf weiß standen.
Sehr geehrte Frau Borchert, sehr geehrter Herr Dr. Borchert,in der Angelegenheit Alessia Borchert werden wir im Sinne unsere Mandantin Frau Eva Meier eine Rückübertragung des Sorgerechts auf die leibliche Mutter beantragen. Sie, das Ehepaar Borchert, haben sich unserer Meinung nach grob sittenwidrig verhalten und die Krankheitssituation unserer Mandantin ausgenutzt. Des Weiteren werden wir Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von drei Millionen Euro erheben.
Es folgten ein Aktenzeichen und die Bitte um Kontaktaufnahme.Erst als sich die Kleine lauthals bemerkbar machte, tauchte Lena aus ihrem Albtraum auf.
Sie lief zu der Tochter ihres Herzens, drückte sie an sich. „Nie und nimmer wird diese Furie dich bekommen! Nur über unsere Leichen!"Alessia sah sie an, als würde sie sie verstehen. „Mamama!" sagte sie leise und strich über Lenas Wangen.
Nach dem Wickeln und Baden nahm sie das Mädchen auf den Schoß und wählte Alex' Nummer im Büro.
„Herr Dr. Borchert ist in einem wichtigen Meeting!" erklärte Birgit bedauernd.
„Danke! Richten Sie ihm bitte aus, er soll mich sofort zurückrufen!" erklärte Lena und legte auf.Die Sekretärin war etwas verwundert. Sonst war die Frau des Chefs immer zu einem Schwatz aufgelegt, aber heute hatte sie sehr bedrückt geklungen. Aber Herr Dr. Borchert hatte ausdrücklich erklärt, dass er auf keinen Fall gestört werden dürfte.
Hoffentlich war nichts mit der Kleinen!
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Stark
RomanceStark musste Lena ihr ganzes Leben lang sein. Als ungewolltes Kind wuchs sie bei einer bigotten Mutter und ebensolchen Großeltern auf. Doch das hat sie ihren Lebensmut nicht verlieren lassen. Stark musste auch Alex sein, als sein Vater tödlich verun...