Alex
Alex saß im Vernehmungszimmer, sein Anwalt saß stumm neben ihm. Man ließ sie warten. Gunnar hatte versucht, mit dem Maschinenbauer zu sprechen, eine Strategie auszuarbeiten, aber der hatte ihn nur angefahren: „Wollen Sie mich jetzt ernsthaft fragen, ob ich meine Tochter missbraucht habe? Kümmern Sie sich lieber um Lena und Alessia! Ich komme schon klar!"
Doch der Anwalt wollte wenigstens bei der ersten Vernehmung dabei sein, ließ sich von einem seiner Chefs auch nicht verbeißen.
Alex sah sich um. Lena und er waren Krimifans, sie hatten oft zusammen Filme gesehen, in denen Verdächtige verhört worden waren. Sie als ehemalige Jurastudentin hatte sich immer wieder mokiert über realitätsfremde Szenarien. Wie sie die Situation hier wohl einschätzen würde?Ein angesehener Maschinenbauer, Leistungsträger eines DAX-Unternehmens, gutaussehend und wohlhabend, wurde eines unglaublichen Verbrechens beschuldigt, saß schweigend seit Ewigkeiten neben seinem Anwalt in einem seltsam gemütlich möblierten Raum. Auf einem Sideboard standen Getränke wie in einem Konferenzraum, kleine Snacks waren daneben aufgebaut.
Die Stühle waren bequem, das Licht nicht grell sondern warm, die Wände in einem angenehmen Creme-Ton gestrichen.Dann endlich öffnete sich die Türe, und mit dem Beamten kam ein eisiger Luftzug herein, der nichts mit der herrschenden Temperatur zu tun hatte, sondern mit dem Blick aus seinen Augen.
„Sind Sie einverstanden, dass unser Gespräch per Video aufgezeichnet wird?" fragte er, und seine Stimme war noch kälter als seine Augen.
„Natürlich!" antwortete Alex, um Ruhe bemüht.
Der Beamte sprach in Richtung der Kamera. „Erstes Verhör Dr. Alexander Borchert. Anwesend: Hauptkommissar Gernot Bachmeier, der Anwalt des Beschuldigten, Dr. Gunnar Siebenbrock."
Dann ließ er die Finger knacken.
„Gut! Sie sind hier, weil eine Person aus Ihrem persönlichen Umfeld Sie beschuldigt, seit Jahren kinderpornografisches Material zu besitzen und zu teilen. Außerdem sollen Sie besagte Person in die Psychiatrie eingewiesen haben, um sich Zugriff zu der gemeinsamen Tochter zu verschaffen mit dem Plan, sich an ihr zu vergreifen und Material darüber zu verbreiten!"In Alex stieg die Galle hoch. Evi! Dass sie so weit gehen würde, hätte er niemals gedacht! Ihm wurde auch speiübel bei dem Gedanken an das, was ihm vorgeworfen wurde. Es gab nichts auf der Welt, was er so verabscheuungswürdig fand, als einem Kind so etwas anzutun! Sich damit gedanklich befassen zu müssen und auch noch diese Anschuldigungen abstreiten zu müssen, verursachte ihm körperliche Schmerzen.
Der Beamte sah ihn fragend an. Er hasste diese Typen, die alles im Leben zu haben schienen und doch solche Verbrechen an unschuldigen Kindern begangen. Er musste sehr an sich halten, um dem Kerl nicht in die Fresse zu hauen.
Alex hob die Hände. „Erwarten Sie allen Ernstes eine Antwort von mir?"
„Wenn Sie sich selbst belasten, können Sie natürlich die Antwort verweigern."Der Anwalt sah entnervt zur Zimmerdecke. Dr. Borchert sollte kooperativer sein! Sich nicht um Kopf und Kragen reden!
„Also, ich weise diese Vorwürfe natürlich vehement zurück. Ich habe nicht die geringsten pädophilen Neigungen, all das liegt mir ferner als fern!" Alex riss sich zusammen.Dann schoss der Hauptkommissar Gernot Bachmeier seine Fragen los.
„Sie haben fünf Jahre lang in einer eheähnlichen Gemeinschaft mit Frau Eva Meier gelebt?"
„Nein!" Die Beziehung mit Evi eheähnlich zu nennen, hätte die Ehe mit Lena in den Schmutz gezogen.
„Sie hat bei mir gewohnt, fünf Jahre lang, das ist richtig!"Der Kommissar hob wieder eine Augenbraue, eine Angewohnheit, die Alex zunehmend nervte.
„Frau Meier sagte aus, dass sie in dieser Zeit wenig Sex zusammen hatten. Sie sind ein junger Mann!"
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Stark
RomanceStark musste Lena ihr ganzes Leben lang sein. Als ungewolltes Kind wuchs sie bei einer bigotten Mutter und ebensolchen Großeltern auf. Doch das hat sie ihren Lebensmut nicht verlieren lassen. Stark musste auch Alex sein, als sein Vater tödlich verun...