Kapitel 44

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Lena und Alex - Serbien

Lena lag in ihrem Bett, ließ die Ereignisse des Tages an sich vorüberziehen.
Aus ihren Gedanken heraus rief sie bei Sabine an
Die war überglücklich, dass Lena sich meldete.

Sie musste sich entschuldigen, erklären, nach Alex fragen, an dessen Unfall sie sich alle drei mitschuldig fühlten.
Doch Lena würgte ihre Selbstzerfleischungs-Tiraden schnell ab. Sie berichtete darüber, wie es Alex ging, berichtete dann über das, was ihr an seinem Bett durch den Kopf gegangen war.

„Sabine, bitte! Gebt Bill keine Schuld! Er hat instinktiv genau das Richtige getan! Sia und ich, wir mussten einen Weg zueinander finden! Und das haben wir geschafft, weil wir alleine miteinander waren, weil wir aufeinander angewiesen gewesen waren! Weißt du, das sagt sich leicht, wenn man über beide Ohren verknallt ist: Wir stehen das gemeinsam durch! Aber der Alltag sieht ganz anders aus. Und den Alltag haben Sia und ich schließlich gemeistert. Wir sind zu Mutter und Tochter geworden, weil niemand anderes da war, der dazwischen gefunkt hat! Weil wir es werden mussten!"

Sabine hörte atemlos den Worten dieses jungen Mädchens zu, das erwachsener geworden war in den letzten Wochen als sie alle zusammen.
„Und du bist uns nicht böse? Und Alex ist es auch nicht?" fragte sie sicherheitshalber nach.
„Nein, ich sicher nicht, und Alex ist meiner Meinung! Ihm bleibt schon nichts anderes übrig!" fügte sie scherzhaft hinzu.
Sabine fiel ein Stein vom Herzen. „Ich danke dir so sehr, Lena! So sehr!"

Die beiden beendeten das Gespräch. Eine halbe Stunde später klingelte ihr Handy. Sie sah auf dem Display Bills Namen.
„Hallo, Bill!" begrüßte sie ihn.
„Hallo, Lena!" Er brauchte eine Weile, bevor er weitersprechen konnte.
„Danke!" brachte er schließlich heraus. „Ich habe mir die schwersten Vorwürfe gemacht! Aber du hast mir sehr geholfen!"

„Du hast uns auch sehr geholfen, Bill! Instinktiv,intuitiv! Du wirst ein sehr guter Psychiater werden!"
Sie hörte den jungen Engländer doch tatsächlich schniefen!
Dann war Olivia am Handy. „Danke, Lena, dass du so erwachsen auf alles reagierst, was geschehen ist!" sagte sie leise.

„Ich musste sehr erwachsen werden in den letzten Wochen!" antwortete Lena.
„Das glaube ich! Und es tut mir unendlich leid, dass wir dir nicht dabei helfen konnten!" Livy kämpfte mit den Tränen.
„Ihr habt mir mehr geholfen, als ihr wisst! Ich habe es gerade Bill erklärt!"erläuterte Lena.

Olivia schniefte. „Und, was werdet ihr jetzt machen? Bleibt ihr in München oder kommt ihr wieder nach Hause?"
„Ich habe so meine Pläne!" meinte Lena nur. Das stimmte, sie hatte Pläne, aber sie würde es erst mit Alex besprechen müssen. „Aber das eilt alles nicht! Jetzt muss erst einmal Alex vollkommen gesund werden!"

Die beiden Freundinnen, zu denen sie wieder geworden waren, verabschiedeten sich.
Lena schlief zum ersten Mal seit Wochen wieder einmal ein Nacht lang durch.
Das Blatt, das Alex aus seinem Block gerissen und ihr zugesteckt hatte, das Blatt auf dem „Ich liebe dich" in verschiedenen Schriften geschrieben stand, mit den vielen Herzen darum herum, hielt sie fest an sich gepresst.

Morgen würde es zerknittert und kaputt sein, aber heute erfüllte es seinenZweck. Und dafür hatte er es ja auch geschrieben, da war sie sich sehr sicher. Das Frühstück nahmen sie zusammen ein. Agathe hatte sie geweckt und mit dem Versprechen auf einen extra guten slowenischen Kaffee in Alex' Zimmer gelockt.

Nicht, dass es das gebraucht hätte, das Locken, aber der Nebeneffekt war nicht zu verschmähen. Alex lächelte sie an, als sie durch die Türe kam, zog sie zu einem langen Kuss an sich.
Auf seinem Block stand schon: „Guten Morgen, Sonnenschein!"
Er bekam Joghurt mit Früchten, sie Rührei mit Speck.

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