Kapitel 61

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Juli

Der Tag, an dem sich ihr Kennenlernen zum ersten Mal jährte, rückte näher – und somit auch der Hochzeitstag.
Alex hatte Birgit eine Liste mit Adressen geschickt, sie hatte es gerne übernommen, die Einladungen zu versenden, die Zusagen zu koordinieren, den Bus zu bestellen.

Doch dann hatte Max einen Vorschlag gemacht, den sie nicht ablehnen konnte. Er stellte den Firmenjet zur Verfügung, der würde die Gesellschaft nach Pula bringen, von dort war es nur ein Katzensprung bis Buje, hierher würde ein Bus sie alle befördern.
Er machte das nicht ganz uneigennützig, da er zu den geladenen Gästen gehörte.

Also telefonierte Birgit wieder stundenlang, bestellte einen Bus, der alle zum Flughafen in München bringen würde und einen anderen, der sie in Istrien abholen und zum Ort des Geschehens bringen würde, informierte die Gäste. Sie war ordentlich beschäftigt, tat aber alles gern für den verehrten Chef, mit dem sie nur ein paar Wochen hatte zusammenarbeiten können.
Dirk unterstützte sie so weit wie möglich.

Lena wunderte sich ein wenig, dass Alex so viel telefonierte.
„Große Ereignisse werfen große Schatten voraus!" zog er sie auf, und sie ahnte, dass seine Geschäftigkeit mehr der Hochzeit geschuldet war als dem Job.
Als er die endgültige Zahl der Gäste hatte – sie war fast identisch mit der der Eingeladenen, es hatte nur eine Absage gegeben - bat er Slavko vertraulich, Hotelzimmer zu bestellen. Er hatte zu ihr zwar von einem Riesenfest gesprochen, wollte aber die Anzahl der Gäste doch lieber für sich behalten.

„Habe ich bei dieser Hochzeit eigentlich auch etwas zu sagen?" maulte sie eines Tages, als er wieder eine Stunde lang telefoniert hatte.
„Ja!" antwortete er nur und grinste sie an.
„Und was?" fragte sie.
„Ja! Du darfst ja sagen!" erklärte er lachend.
„Oh, wie gnädig!" knallte sie ihm hin, aber er sah das Blitzen in ihren Augen.
Er zog sie in seine Arme. „Außerdem darfst du die Kirche aussuchen!"

Sie bekam einen Lachanfall. „Das ist gut!" japste sie. „Es gibt genau eine im Umkreis von 100 Kilometern!"
„Aber die darfst du aussuchen!" gestand er ihr zu, und sein Dackelblick machte weiteren Widerspruch ihrerseits unmöglich.

Dann musste er auch schon los, um mit Mirko und Slavko die letzten Details zu besprechen. Außerdem brauchte er noch einen Anzug.

Alessia runzelte die Stirne. „Babababa! Iiiiiiii!" meinte sie todernst.
Alex musste schmunzeln. „Heißt das jetzt: Der Papa ist iiii? Oder du hast den Papa lieb?" Der Patscher ihrer Hand, der ihn unmittelbar darauf mitten im Gesicht traf, beantwortete sein Frage.
„Aua!" beschwerte er sich, und sie hüpfte begeistert auf Lenas Arm auf und ab.
„Aua! Aua! Aua!" rief sie glückstrahlend.

Doch Lena sah sie streng an. „Nein!" sagte sie ziemlich scharf. „Den Papa darf man nicht hauen!"
Tränen sammelten sich in den riesigen Augen der Kleinen. So ernst wurde sie selten angesprochen. Lena ließ sich nicht erweichen. „Nein! Nein! Du kannst jetzt ruhig heulen! Aber das ist nicht lieb!"

Alessia legte den Kopf schief und lächelte.
Alex musste sich umdrehen, damit seine Tochter sein Grinsen nicht sah. Aber er wunderte sich auch, wie sehr das Mädchen Lenas Angewohnheiten angenommen hatte. Denn damit kriegte ihn sein großes Mädchen immer rum. Wenn sie den Kopf schief legte und lächelte, war es um ihn geschehen. So wie damals im Bus!

Er küsste Lena ehrfürchtig und machte sich lieber davon, bevor sein Freund allzu sehr zu mucken begann.
Er besprach mit Mirko die Menüfolge, suchte lauter Sachen aus, die seine Süße gerne aß. Die Band hatte der Freund schon engagiert. Slavko berichtete, dass die Hotelzimmer im Städtchen nicht ausreichten, dass er aber bei Freunden gute Unterkünfte organisiert hatte.

Manche zogen extra zu Verwandten, damit die Gäste die Häuser für sich alleine hatten. Alex war wieder einmal beeindruckt von der Gastfreundschaft der Kroaten.
„Wie mache ich das dann mit dem Bezahlen?" fragte er Slavko.
Der grinste den Deutschen an. „Gar nix! Aber Kindergarten braucht Heizung!"

Am nächsten Tag zog Lena mit Annegret los, um ein Brautkleid zu kaufen. Die deutsche Freundin fuhr mit ihr in die nächstgrößere Stadt, führte sie in einen sehr eleganten Laden. Sie wurden schnell fündig. Ein Traum aus Tüll und Spitze, brav - aber doch auch sehr sexy mit der ärmellosen Korsage und dem Jäckchen darüber.

Einen Schleier wollte Lena nicht, lieber einen Blütenkranz ins Haar geflochten.
Annegret liefen die Augen über, als sie die Schönheit ansah. „Wow, Mädchen! Den Tag überlebt dein Alex nicht! Der schleppt dich gleich nach der Kirche zur Hochzeitsnacht ab!"

Dann musste sie Lena noch zu etwas überreden, um das Alex sie gebeten hatte. „Komm! Jetzt suchen wir noch ein besonders hübsches Kleidchen für Alessia."
Lena wunderte sich zwar, die Kleine hatte unendlich viele Klamotten, weil sie beide immer wieder für sie einkauften, und auch die Besucher ständig etwas mitbrachten.
Aber gut! Der Hochzeitstag des Papas war schon ein besonderer Anlass.

Auch hier fanden sie schnell, was Annegret vorgeschwebt war.
„Da sieht das Teufelchen bestimmt wie ein kleiner Engel aus! Hoffentlich benimmt sie sich auch mal ausnahmsweise so!" meinte Lena.

Das Hochzeitskleid und das Zubehör ließ sie bei Annegret, ohne zu wissen, dass es bis zu dem großen Tag neben Alex' Anzug hängen würde.

Beschwingt kam sie zu Hause in dem Schlösschen über dem Meer an und flog in seine Arme, als hätte sie ihn tagelang nicht gesehen. Er fühlte wie sie.
„Was ziehst du eigentlich an?" fragte sie nach einem langen sehnsüchtigen Kuss, den Alessia stirnrunzelnd beobachtete.

„Mamama! Iiii!" maulte die Kleine, worauf ihr Lena die Zunge herausstreckte.
Alex lachte wieder einmal, bis er Bauschmerzen hatte.
„Ich werde schon was bei meinen Sachen finden!" stieß er schließlich atemlos heraus. Die Machtkämpfe seiner beiden Damen gefielen ihm schon gar zu gut.
„Aha! Mein Traumprinz heiratet in Shorts und Shirt!" stellte Lena trocken fest.
„Nicht?" zog er sie auf.

„Doch, doch! Da sieht man wenigstens was von deinen wohlgeformten Waden und deinen nicht minder wohlgeformten Oberarmen!" meinte sie todernst. „Da werden zwar dann einige Damen wuschig, aber was soll's!"
Er musste sich vor Lachen auf den Gartenstuhl fallen lassen. „Wuschig? Was heißt das denn?" Er zog sie auf seinen Schoß.

„Das brauchst du gar nicht so genau zu wissen!" murmelte sie an seinen Lippen, die sich sanft streichelnd an ihren bewegten.
Alessia kam angerobbt, zog an seinen Hosenbeinen. Sie nahm sie hoch, legte sie auf ihre Decke zurück. „Einen Kuss nur, Süße!" versprach sie, setzte sich wieder zu ihm. „Aber einen ganz langen!"

Die Gäste trafen ein, Fragen von Lena ging Alex gekonnt aus dem Weg. „Ein paar von der Familie kommen halt! Ist ja ein ziemlich weiter Weg!" Dann lenkte er sie immer mit einem zärtlichen Kuss ab. „Hauptsache, wir beide sind da, oder? Und Alessia!"
Was sollte sie da noch weiter bohren?
Ein wenig wunderte sie sich nur, dass er von einer Riesenfeier gesprochen hatte.
Aber er hatte wohl die Bewohner des Städtchens gemeint. Auch gut!
Er würde ihr Mann werden, sie seine Frau!
Das war das Einzige, das zählte.


StarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt