Kapitel 35

58 8 4
                                    

Drei Tage vor Silvester fuhren sie los. Als sie vor dem Prachtbau des Hotels angekommen waren, verschlug es Lena erst einmal die Sprache, und es dauerte eine Weile, bis sie sie wieder fand.
Ein livrierter Page begrüßte sie, räumte das Gepäck aus, nahm die Wagenschlüssel entgegen. Sie hatte so etwas schon oft in Filmen gesehen, aber noch nie live erlebt.
An der Rezeption wurde Alex mit Namen begrüßt, neugierige Blicke lagen auf ihr, als wollte man sie taxieren.

Er bekam die Schlüsselkarte ausgehändigt, ein weiterer Page führte sie nach oben in die Kings-Suite. Dann wurde das Gepäck gebracht, alle Angestellten erhielten ein großzügiges Trinkgeld.
In den Räumen herrscht Luxus pur. Ein Wohnraum mit mehreren Sitzgruppen, Heimkinoanlage, Fensterfront mit Blick auf die verschneiten Berge.

Das Schlafzimmer mit einem riesigen Himmelbett und einem Ankleidezimmer.
Das Bad mit Wanne und begehbarer Regendusche war so groß wie ihre eigene Wohnung gewesen war.
Auf der Dachterrasse dampfte ein Whirlpool.
Alex merkte, dass sie vollkommen verstummt war, und er fürchtete, einen schweren Fehler gemacht zu haben. Er wollte ihr seine Welt, in der Luxus herrschen konnte, in der Geld keine Rolle spielte zeigen – aber warum hatte er das gewollt?

Er zog sie an sich, sah sie prüfend an. „Too much?" fragte er kleinlaut.
Sie war für Ehrlichkeit. „Das Häuschen in Kroatien gefällt mir besser!" antwortete sie.
Wortlos hielt er sie in den Armen. „Es tut mir leid! Ich weiß nicht mehr, was mich geritten hat, das hier zu buchen!" gestand er. „Irgendwie wollte ich...." Er suchte nach Worten.
Sie unterbrach ihn. „Egal, was du wolltest! Ich brauche das nicht!" Ihr Lächeln nahm ihren Worten die Schärfe.

„Ich weiß!" flüsterte er. „Aber ich wollte mit dir angeben! Mit der Schönheit an meiner Seite prahlen!"
Ihr Lächeln vertiefte sich. Sie hatte wirklich keine Erfahrungen mit Männern wie ihm! Aber sie hatte nichts dagegen, eine zu sammeln.

„Du bist ein Angeber, Dr. Borchert? Ein Prahlhans?" fragte sie.
„Ja! Und was für einer! Aber nur mit dir!" Er war froh, dass sie ihm sein Vergehen nachsah. „Und ich plädiere auf Freispruch!"
„Stattgegeben!" erwiderte sie. „Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Der Angeklagte wird zu fünf Tagen Glücklichsein verdonnert!"
„Ich nehme den Richterspruch an!" erklärte er. „Ich werde meine Strafe auch gleich antreten!"

Nachdem sie das Bett getestet hatten, die Dusche und danach noch einmal das Bett, weil sie plötzlich nicht mehr sicher waren, ob es wirklich etwas getaugt hatte, warfen sie sich in Schale und besuchten das exklusive Restaurant.
Auch hier schien er bestens bekannt zu sein.

Etwas wie ein ganz klein wenig Eifersucht regte sie in Lena. Mit wie vielen Frauen er wohl schon hier gewesen war?
Der Chef des Salles zerstreute ihre Bedenken, als er nach der verehrten Frau Mama und dem reizenden Fräulein Schwester fragte.

Alex hatte ihre Stimmung bemerkt, griff nach ihrer Hand. „Du glaubst aber jetzt nicht wirklich, dass ich dich dahin bringe, wo ich mit anderen Frauen war?"
Sie wich seinem Blick aus. „Nur kurz!" antwortete sie und sah ihm wieder in die Augen.

Ihre Ehrlichkeit nahm ihm den Wind aus den Segeln. Wie konnte man denn einem so zauberhaften Wesen auch nur ein wenig böse sein, wenn es mit einem offenen Blick aus diesen riesengroßen Augen die Wahrheit sagte?

Er lächelte sie an. „Du hast halt keine Erfahrung mit Männern wie mir!" zog er sie auf, in dem er sie zitierte.
„Stimmt! Und ich habe auch nicht vor, noch eine andere zu sammeln!" antwortete sie und hatte ihn wieder voll und ganz in ihren Bann gezogen.
Das Essen war so wundervoll, die Bedienung so aufmerksam und liebenswürdig, dass Lena immer lockerer wurde.

Alex freute sich, dass sie das alles hier zu genießen begann. Das alles gehörte auch zu seinem Leben. Er musste eben auch auf dem gesellschaftlichen Parkett präsent sein, er nahm schon eine gewisse Position im öffentlichen Leben ein. Immer wieder wurde auch in der Presse über den Shooting-Star des Maschinenbaus berichtet, und nicht selten war er in diesen Artikel auch entweder der Lieblingsschwiegersohn deutscher Mütter oder der Aufreißer der Nation.

StarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt