Kapitel 33

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Am nächsten Tag bestellte er  einen kleinen SUV. „Ich möchte nicht, dass du mit einem Auto unterwegs bist, das kleiner als ein LKW-Reifen ist!" erklärte er, und auch diesem Argument musste sie zustimmen.

Dann stand Weihnachten und somit ihr Geburtstag vorder Türe. Dieses Mal hatten sie die Party gemeinsam geplant. Wer von den Freunden nicht aus familiären Gründen Weihnachten feiern musste, hatte zugesagt, dazu ein paar Kommilitonen und Kommilitoninnen von der Uni, die auch nicht nach Hause wollten oder konnten. Steffen hatte angefragt, ob er eventuell seinen Vater mitbringen könnte, den er ungern an Heiligabend alleine lassen würde. SeineSchwester musste in der Drogen-Klinik bleiben.

Nichts ahnend stimmten die Gastgeber zu. Sie hatten in den Briefkästen der Wohnanlage Briefchen hinterlassen, dass es etwas laut werden könnte und alle, die alleine waren an diesem Tag, eingeladen.

Lena hatte aufwändige Perlensterne gebastelt und in jedes Kuvert einen gesteckt.
Noch ein Talent, von dem ich keine Ahnung hatte! dachte Alex. Am Morgen brachte er ihr Frühstück ans Bett, ganz klassisch romantisch mit einer roten Rose in einer kleinen Vase. Sie sollte einen richtigen Geburtstag erleben, mit allem Drum und Dran.

Auf dem Tablett mit leckeren Schnittchen – dafür reichten seine Kenntnisse aus – lag ein kleines Päckchen.
Darin fand sie eine Neuauflage der Kette, die er in Kroatien gekauft hatte. Das Lederband, das sie ständig trug, begann sich aufzulösen. Dieses Mal bestand sie aus geflochtenen Weißgoldkettchen, der Namenszug war mit kleinen Saphiren bestückt.

Er hatte das Schmuckstück selbst entworfen, Birgit hatte die dreidimensionale Zeichnung zu einem kleinen Juwelier gebracht. Seine Assistentin war mittlerweile unentbehrlich für ihn geworden, führte auch oft private Aufträge für ihn aus. Leidenschaftlich gerne, wenn es um Überraschungen für Lena ging!

Lena legte die Kette mit feuchten Augen um, das lädierte Lederband verstaute sie in der Schublade des Nachttisches.
„Danke!" flüsterte sie.
„Ich habe zu danken, dass du sie tragen wirst! Es ist schließlich meine Name, zu dem du dich bekennst!" antwortete er. „Und auch ich bekenne mich zu deinem Namen! Und ich tue es von Herzen gerne!"

Er fischte das Pendant zu ihremSchmuckstück aus seiner Hosentasche und legte es sich selbst um. Seines war kräftiger gearbeitet und ohne Edelsteine. Es war alles andere als unauffällig.
Lena bekam nun endgültig feuchte Augen. Die Kette war ein Statement, und dass ein Mann in seiner Position so selbstverständlich und für alle sichtbar ihren Namen trug, war beinahe mehr wert als sein Geschenk für sie. Unvorsichtiger Weise begannen sie sich zu küssen, sodass sie sich etwas hetzen mussten, um den nächsten Programmpunkt auf seiner Überraschungsliste abzuarbeiten.

Er hatte den Mitarbeitern des Autohauses die Hölle heiß gemacht und auch ein paar Scheine über den Tisch geschoben, damit ihr Auto zugelassen auf den Platz außerhalb des abgeschlossenen Terrains gestellt wurde. Den Schlüssel hatte Birgit abgeholt. Er lag als zweites Päckchen auf dem Küchentresen. Sie juchzte, sprang vor Freude in die Luft, fiel ihm um den Hals.

„Das Auto ist schon da?" fragte sie, atemlos vor Freude.
„Yep!" antwortete er. „Aber wir holen es erst morgen!"
Sie stemmte die Hände in die Taille. „Du bist wohl gaga? Los jetzt!"
Und er musste sich sehr zusammenreißen, damit er sie nicht doch jetzt einfach auffraß!

Lachend liefen sie nach unten und fuhren zum Autohaus.
Da stand der knallrote SUV und schien sie anzulächeln. „Das ist aber nicht das Auto, das wir ausgesucht haben!" war sie sicher.

Autsch! Sie hatte ihn erwischt! Ein bisschen hatte er gehofft, sie verstünde nicht allzu viel von Autos und würde nicht merken, dass er das größere Modell bestellt hatte.
„Weißt du, Süße, ich habe bemerkt, dass es verdammt große LKW-Reifen gibt!" versuchte er, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Wie konnte sie diesem großen Jungen denn böse sein, der einen solchen Spaß daran hatte, sie zu überraschen?
Sie sah das Kennzeichen und lächelte noch breiter. R-LA 197! Ihre Vornamen und das Datum der Party an der Uni, der 19. Juli!

Das hatte ihn noch ein wenig Geld gekostet, aber wozu verdiente er es denn? „Komm, drehen wir eine Runde!" meinte er lächelnd. Sie war eine forsche, aber sichere Fahrerin, er genoss jeden Kilometer an der Seite  einer strahlenden jungen Dame, die sich zumindest für heute jede Zickerei verbot.
 

Er lenkte sie subtil zu einer ganz bestimmten Stelle, ohne dass sie Verdacht schöpfte.
„Park mal da!" bat er, als sie nahe am Donauufer etwas außerhalb der Stadt angekommen waren.
„Gehen wir ein paar Schritte!" Er tippte seltsamer Weise etwas in sein Handy  und schickte die Nachricht ab.
„Jetzt? Hier?" fragte sie.
„Wann denn sonst, wenn nicht jetzt? Wo denn sonst, wenn nicht hier?" antwortete er kryptisch.
„Oh! Du bist zum Dichter geworden!" zog sie ihn auf.
Dann sah sie ihn schelmisch an. „Hast du gerade deiner Geliebten abgesagt?"

„Nein, meiner Geliebten werde ich nie absagen!" erklärte er ernst und küsste sie zärtlich. Als sie ein paar Meter gegangen waren, stieg ihr derGeruch von Bratwürsten in die Nase und ein leiser Verdacht regte sich in ihr.
Der bestätigte sich, als sie eine Rauchsäule hochsteigen sah und Töne an ihr Ohr drangen, die sich verdächtig nach „Happy Birthday to you!" anhörten.

Sie erinnerte sich, dass sie auf einem Spaziergang einmal hier an einer Feuerstelle vorbeigekommen waren. Sie hatte gesagt: „Hier machen wir mal Lagerfeuer und grillen Würstchen!"
Da sah sie auch schon Olivia und Bill, die ihr entgegen liefen und sie umarmten. Livy sah danach ihren Bruder vorwurfsvoll an. „Wo bleibt ihr denn! Es ist saukalt!"
Bill nahm sie in die Arme. „Ich habe gedacht, ich hätte dir genug eingeheizt!" sagte er gutgelaunt.„Das mit dem Auto hat länger gedauert!" schwindelte Alex.

„Papperlapapp!" antwortete seine Schwester. „Aus dem Bett bist du nicht gekommen!"
„Oder so!" räumte er grinsend ein.
Lena stand vollkommen überwältigt da. Auf einem Grillrost über ein paar Holzscheiten brutzelten leckere Würstchen. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen.

Seit sie Alex kannte, schien sie einen sehr schnellen Stoffwechsel zu haben. Sie konnte Berge verdrücken, ohne zuzunehmen. Bill drehte die Würste um, schnitt Semmeln auf, strich Senf darauf, holte die Hauptakteure vom Rost und reichte Lena das erste Brötchen.

Sie war sicher, nie in ihrem Leben etwas Besseres gegessen zu haben.
Es war alles der reine Wahnsinn. Die Sonne schien, der in der Nacht frisch gefallene Schnee glitzerte, Schwäne saßen am Ufer und turtelten.
Die Tränen begannen zu laufen, Alex küsste sie weg.

„Wenn es Glückstränen sind, sind sie erlaubt!" flüsterte er. „Happy Birthday, Sweetheart!" Er drückte sie fest an sich. Ja, er hatte alles richtig gemacht! Sie hatte einen schönen Geburtstag, den 23.! Sie sollteihn nie vergessen! Olivia brachte eine Riesenportion Eis und einen Becher starken Kaffee aus einer Thermoskanne.

„Mein Gott! Da wart ihr ganz schön beschäftigt mit der Vorbereitung!" stellte Lena fest.
„Was tut man nicht alles für seinen Bruder und seine Liebste!" wehrte Livy ab. Wieder zuhause lächelte er sie liebevoll an. „Jetzt legst du dich eine Sunde hin, Süße! Damit du für die Feier fit bist!"
„Alleine?" rief sie erschrocken aus.
Alex lachte. „Ja, ausnahmsweise alleine! Und nein, du wirst mich nicht so anlächeln, dass alles an mir schmilzt! Und nein, du wirst mich nicht anfassen, dass genau das Gegenteil passiert! Du! Wirst! Dich! Ausruhen!"
Er verließ fluchtartig das Schlafzimmer.
Lena legte sich tatsächlich ins Bett, träumte noch ein wenig vor sich hin.
Sie würde es locker schaffen, ihn rumzukriegen! Sie wusste es genau!
Aber sie war wirklich ziemlich müde!


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