Lajetan vom ewigen Quell hatte Ignatus zurück zu seiner Ordensburg geschickt und ihn damit beauftragt, in der verborgenen Bibliothek nach Hinweisen auf den unscharfen Mann zu suchen.
Der Bucklige hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er mit der Entscheidung des Großmeisters, die Druidin und ihn zu rehabilitieren, nicht einverstanden war. Nicht nur sah er die Glaubwürdigkeit des Ordens in Gefahr, sondern er wandte auch ein, dass sie keine Hexenmagie mehr weben konnte, ohne ihr eigenes Leben zu gefährden. Ihr Nutzen war somit fraglich.
Doch Lajetans Entscheidung war unumstößlich.
Dairos' Auftrag war damit klar umrissen. Er musste Cyriana finden und nach Perlhafen zum Großmeister bringen. Dabei vermochte niemand abzuschätzen, wie viel Zeit ihnen für die Suche blieb, bis die Situation in der Kaiserfeste außer Kontrolle geriet.
Lajetan hatte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl gemacht. »Ihr habt doch nicht die leiseste Ahnung, wo sie sich verborgen hält, Dairos.«
»Nein. Aber ich werde sie finden. Ich muss nur in die Gegend kommen, in der sie lebt. Wenn sie von meiner Anwesenheit erfährt, wird sie sich zeigen.«»Ihr sucht die Nadel im Heuhaufen.«
»Mag sein, aber ihr habt nur mich, Lajetan.«
»Dann möge Raden-Sur eure Schritte leiten.«Er hatte sich vor einem Jahr in Granitfurt von Cyriana und der Assassine getrennt. Während die schwerverletzte Druidin zurückblieb, war er mit Raden-Surs Sonnenscheibe und Kaspians Stein zum Hohen Meister aufgebrochen. Es war mehr ein Lebewohl, denn ein kurzer Abschied.
In Granitfurt hatten sie sich aus den Augen verloren und an diesem Ort musste er mit der Suche beginnen.
Als er Torcaan, den Bürgermeister aufsuchte, zuckte dieser nur die Schultern. »Nachdem ihr uns verlassen habt, verblieb Cyriana einige Wochen hier, bis sie kräftig genug war, zu gehen. Auch wenn Ignatus davon absah, sie zu verhaften, so fiel es ihr schwer, dem Orden zu vertrauen. Daher bat sie um einen Karren und ein Pferd und ist mit Lady Aratica Richtung Norden aufgebrochen.«
Dairos glaubte nicht daran, dass Cyriana sich in den dunklen Forst zurückgezogen hatte. Trotz ihrer unbestrittenen Fähigkeiten war der Schattenwald auch nach Halikarnosas Niederlage für sie ein zu unberechenbarer Ort. Immer noch bot der vom Hexenmyzel durchsetzte Waldboden finsteren Kreaturen ein Zuhause.
Nun gut, wer bereit war, mit Aratica auf Reisen zu gehen, nahm ohnehin unkalkulierbare Risiken auf sich. Er musterte den Bürgermeister Granitfurts aufmerksam. Der frühere Söldner mit der markanten Narbe war direkt und ehrlich. Dennoch war es möglich, dass er mehr wusste, es ihm, dem einstigen Ordensritter aber nicht verraten wollte.
»Wie ging es ihr?«, erkundigte er sich.
Torcaan zog die Stirn kraus. »Sie war noch nicht wirklich genesen, vermochte aber am Stock kurze Wegstrecken zurückzulegen.«
»Und sie wollte nicht bleiben? Jeder Granitfurter hätte sie mit Klauen und Zähnen verteidigt.«
»Ich bot ihr einige abgelegene und leerstehende Hütten an. Doch sie lehnte ab. Man kann es ihr auch nicht verdenken. Hierzubleiben hätte nur bedeutet, sein Schicksal herauszufordern. Der Orden ist in dieser Gegend viel zu präsent.«
»Ich muss sie finden, Torcaan. Es ist wichtig. Wisst ihr, wohin sie sich wandte?«
Der Bürgermeister zögerte lange, nickte dann, als er sich entschieden hatte, verhalten. Jedem anderen als ihm hätte er nichts gesagt, so aber deutete er hinaus Richtung Wald.
»Sie bat um Karten, auf denen die Kupferstraßen verzeichnet sind, und um einen Karren. Sie sind aufgebrochen, als die Monde sich vereinten. Also vor fast einem Jahr. Bei den Göttern, sie ist möglicherweise schon jenseits der Steppenwüsten.«
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Nocturnenzorn - Die Legende der Bluthexe (Band 2)
FantasiBand 2 Nach den Ereignissen im Schattenwald hat sich Cyriana, verborgen vor den Augen des Ordens, im Norden Dryadengrüns niedergelassen. Doch auch hier kommt sie nicht zur Ruhe. Mysteriöse Träume suchen die Hexen heim und als Aratica entführt wir...